Karin MaagCDU/CSU - Gesundheitsversorgung
Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es wurde jetzt schon viel Richtiges zu diesem Gesetz gesagt. Vor allem geht es uns darum, den Versorgungsalltag der Patientinnen und Patienten zu verbessern. Kollegin Mattheis hat exemplarisch auf das Entlassmanagement im Krankenhaus hingewiesen. Selbstverständlich soll niemand mehr freitagmittags ohne seine Medikamente nach Hause gehen. Das werden wir ebenso in Angriff nehmen wie zum Beispiel – das liegt mir persönlich sehr am Herzen – die Verbesserungen für pflegebedürftige Menschen sowie Menschen mit Behinderungen und eingeschränkter Alltagskompetenz. Kinder und Jugendliche werden bereits heute in den sozialpädiatrischen Zentren behandelt. Wir gewähren jetzt den Erwachsenen einen vernünftigen Anschluss.
(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist mehr als überfällig!)
Da gibt es eine Vielzahl an vernünftigen, guten Maßnahmen. Es wurde schon gesagt: Es ist ein Paket; nur die eine zentrale Maßnahme zu ergreifen, wäre sicher zu kurz gesprungen.
Ich will mich an dieser Stelle auf die ärztliche Versorgung konzentrieren. Wir haben eine zunehmende Behandlungsintensität in einer alternden Gesellschaft, den medizinischen Fortschritt – das wissen Sie –, eine zunehmende Spezialisierung, aber auch eine Besinnung der Ärztinnen und Ärzte auf die eigene Work-Life-Balance. Den Mediziner, der 16 Stunden am Tag behandelt, den Landarzt wird es künftig nicht mehr geben. Deswegen sind wir auf den Nachwuchs angewiesen. Es wurde vorhin schon davon gesprochen: Gute Versorgung darf keine Frage des Wohnorts sein; wir müssen sie überall in Deutschland gewährleisten.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Sabine Dittmar [SPD])
Beim Versorgungsstärkungsgesetz geht es uns jetzt vor allem auch darum, an das anzuknüpfen, was wir bereits 2012 geregelt haben, also die Rahmenbedingungen für die Ärzte weiter zu flexibilisieren und dafür zu sorgen, dass eine flächendeckende Versorgung möglich ist. Wenn wir die Situation der Patientinnen und Patienten tatsächlich verbessern wollen – das ist mir ganz wichtig –, dann brauchen wir vor allem motivierte Ärzte. Ich bin mir sicher – das ist jetzt die Conclusio –, dass wir mit unserem Paket die Lebenswirklichkeit der Ärzte, insbesondere der jüngeren Ärztinnen und Ärzte und der nicht verfassten Ärzteschaft, deutlich besser widerspiegeln als bisher.
Wir fördern zum Beispiel die Allgemeinmedizin. Die jungen Ärztinnen und Ärzte sollen sich in der Praxis vor Ort ein Bild machen können. Deswegen erhöhen wir nicht nur die Zahl der geförderten Stellen von 5 000 auf 7 500 – das sind 50 Prozent mehr –, sondern wir streben auch eine höhere Vergütung für den Praxisassistenten an. Er muss sich also nicht überlegen: Wenn ich meine Weiterbildung im Krankenhaus mache, dann werde ich besser bezahlt und habe somit mehr Geld zur Verfügung, um meine Miete zu zahlen. – Wir setzen auf die Praxis.
Mit dem Strukturfonds erhalten die KVen zusätzliche Mittel, um den Ärzten die Niederlassung auf dem Land durch eine höhere Vergütung schmackhaft zu machen.
Die Angst vor Regressen – das Thema hat uns in den letzten Jahren heftig beschäftigt – hält sich hartnäckig, obwohl zum Beispiel bei mir in Baden-Württemberg in den letzten Jahren lediglich 0,2 Prozent der Ärzte in Regress genommen worden sind. Eine solche unbegründete Angst verhindert, dass junge Menschen den Beruf des niedergelassenen Arztes wählen. Deswegen heben wir die bundeseinheitlichen Vorgaben für die Wirtschaftlichkeitsprüfung von ärztlich verordneten Leistungen auf und ersetzen diese durch regionale Vereinbarungen. Das ist ein ganz zentraler Punkt.
Wir gehen sogar noch weiter. Wir müssen auch nichtärztliche Leistungen, also delegierte Leistungen, vergüten. Das betrifft nicht nur die unterversorgten Gebiete und nicht nur die häusliche Versorgung von Patienten. Wir ermöglichen es, dass die Fachassistentin, der Fachassistent in der niedergelassenen Praxis Leistungen erbringen kann, die der Arzt nachher abrechnen kann.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, einer fehlerhaften Ressourcenallokation kann man mit Anreizen begegnen. Wenn das nicht funktioniert, dann muss eine Regulierung erfolgen. Mit der Bedarfsplanungs-Richtlinie 2013 des G-BA wird der tatsächliche Bedarf bei der regionalen ärztlichen Versorgung zumindest deutlich besser als zuvor abgebildet, Frau Klein-Schmeink.
(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Völlig absurd!)
Jetzt haben die KVen tatsächlich Maßnahmen gegen die drohende Unterversorgung ergriffen; Maßnahmen gegen Überversorgung – und das ärgert mich – spielen bislang aber keine Rolle. Wir wollen eine Umsteuerung – ärztliche Ressourcen weg von Gebieten, die ohnehin überversorgt sind, hin zu Gebieten, die unterversorgt sind –, und das braucht Zeit. Da bisher nicht die nötigen Schritte eingeleitet wurden, sind wir als Gesetzgeber zum Eingreifen gezwungen. Das heißt, dort, wo tatsächlich Überversorgung herrscht und – ganz wichtig – wo Ärzte ihre Praxen aus eigenem Entschluss aufgeben wollen – wir nehmen niemandem irgendetwas weg –, soll nicht mehr nachbesetzt werden. In diesem Zusammenhang sind uns drei Dinge wichtig. Erstens. Keine bestehende Praxis wird vom Netz genommen. Zweitens. Bei besonderem Versorgungsbedarf wird nachbesetzt. Drittens. Das letzte Wort hat der Zulassungsausschuss, also auch die Ärzte.
Die Kritik an den von mir genannten Maßnahmen ist schrill. An die KBV gerichtet sage ich: Sie müssen aufpassen, dass Sie – ähnlich wie beim Thema Regress – nicht noch den letzten gutwilligen jungen Arzt, der überlegt, ob er in die Niederlassung geht, abschrecken.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Es ist die ureigene Aufgabe der KVen, die Versorgung sicherzustellen. Wenn sich nun der Vorsitzende der KBV, gefragt nach eigenen Ideen, die er vielleicht haben könnte,
(Zuruf von der SPD: Da kommt nichts!)
zitieren lässt mit den Worten: „Alle sollten sich ‚eingestehen, dass nicht mehr jedes Dorf seinen Hausarzt haben wird‘“, dann ist das eine standespolitische Geisterfahrt. Das ist eine persönliche Bankrotterklärung. Damit hat er sich als Ansprechpartner, für mich jedenfalls, völlig disqualifiziert.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Ich finde das deshalb schade, weil wir uns mit vielen Landes-KVen und vielen Verbänden in guten Gesprächen darüber befinden, wie wir den Versorgungsbedarf vielleicht noch sachgerechter abbilden können und wie wir eine zeitnahe Terminvergabe gemeinsam mit den Ärzten besser hinbekommen können. Es gibt hierzu auf regionaler Ebene viele gute Ideen.
Frau Kollegin.
Ich bin auch schon am Ende, Herr Präsident. – Ich freue mich auf die Anhörung. Wir haben heute vieles von Ihnen gehört. Wir können aus dem vorliegenden Gesetzentwurf sicher ein noch runderes Werk basteln.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4696254 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 91 |
Tagesordnungspunkt | Gesundheitsversorgung |