Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Bartol, ich muss sagen: Es hätte heute ein guter Tag für die Mieterinnen und Mieter werden können.
(Thomas Oppermann [SPD]: Wenn Sie jetzt nicht geredet hätten! – Weitere Zurufe von der SPD)
Stattdessen erleben wir heute wieder einen Tag der verpassten Chancen. Das ist doch die Wahrheit.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Eine Mietpreisbremse ist eine gute Idee, die wir als Linke natürlich unterstützen. Aber dieser Gesetzentwurf ist nun einmal ausgehöhlt wie ein Schweizer Käse und wird am Ende kaum eine Wirkung entfalten.
(Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: So ein Quatsch!)
Es wimmelt in diesem Gesetzentwurf von Bedingungen und Ausnahmen, sodass von einer wirkungsvollen Mietpreisbremse leider keine Rede mehr sein kann.
Beispielsweise ist sie begrenzt auf Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt.
(Sören Bartol [SPD]: Ja logo!)
Ich fürchte, dass die meisten Mieterinnen und Mieter außerhalb dieser Gebiete wohnen.
(Sören Bartol [SPD]: Wieso? – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Dann haben wir das Problem auch nicht!)
Deswegen sagen wir Linke: Die Mietpreisbremse wirkt nur dann, wenn sie auch flächendeckend gilt.
(Beifall bei der LINKEN – Ulli Nissen [SPD]: Auf dem Acker, oder was!)
Ich finde es schlimm genug, dass wir über die Mietpreisbremse nun schon seit mehreren Jahren diskutieren. Aber warum räumen wir jetzt, wo die Mietpreisbremse endlich kommt, den Ländern zumindest theoretisch so viele Jahre für deren Umsetzung ein? Fünf Jahre lang haben die Länder prinzipiell Zeit, diesen Gesetzentwurf umzusetzen. Das heißt übersetzt, liebe Mieterinnen und Mieter: Freuen Sie sich nicht zu früh auf die schnelle Wirkung dieser Mietpreisbremse! Die Koalition räumt Ihrem Vermieter noch fünf Jahre ein, die Mieten so weit zu erhöhen, wie es nur irgendwie geht. – Wir sagen: Es ist doch völlig absurd und kontraproduktiv, so viel Zeit für die Umsetzung zu lassen.
(Beifall bei der LINKEN)
Ist die Mietpreisbremse dann endlich eingeführt, dann soll sie nach fünf Jahren auch schon wieder außer Kraft treten. Damit rühmt sich ja die CDU/CSU; das ist einer der Punkte, den sie durchgesetzt hat.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das heißt für die Mieter im Klartext: Kaum setzt die Wirkung der Mietpreisbremse ein, wird sie auch schon wieder abgeschafft.
(Sören Bartol [SPD]: So ein Quatsch!)
Da hatten Sie ja wohl Angst vor der eigenen Courage, genau nach dem Motto: Wir hatten vier, fünf gute Jahre in zukünftig bester Lage.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Lesen Sie mal etwas über Privatautonomie!)
Eine Mietpreisbremse, die ihren Namen verdient, muss auch dauerhaft gelten.
(Beifall bei der LINKEN)
Das Schlimmste ist, dass die Vermieter, die jetzt noch schnell die Miete erhöhen, am Ende vom Gesetzgeber dafür auch noch belohnt werden; denn wenn die Vormiete schon höher war, wenn das Gesetz in dem jeweiligen Bundesland endlich in Kraft tritt, dann darf sie auch so hoch bleiben.
(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Das nennt sich Bestandsschutz, Frau Kollegin!)
Das ist doch wirklich völlig absurd.
(Beifall bei der LINKEN)
Meine Damen und Herren, einen Deckel von 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete sehen wir darüber hinaus als nicht wirkungsvoll an. Im Gegenteil: Damit werden überdurchschnittliche Mieten auch noch gesetzlich festgelegt. Ein wirkungsvoller Mietpreisdeckel muss anders aussehen.
(Beifall bei der LINKEN)
Es gibt viele weitere Ausnahmen, die die Wirkung der Mietpreisbremse deutlich minimieren. Nehmen wir beispielsweise den Vorschlag, der heute auf dem Tisch liegt, dass die Mietpreisbremse dann nicht zur Wirkung kommen soll, wenn die Wohnung modernisiert wird. Ich meine, Luxusmodernisierungen sind doch schon jetzt eine der Hauptursachen dafür, dass die Mieterinnen und Mieter aus ihren Wohnungen, aus ihren Stadtteilen vertrieben werden.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Es gibt doch nicht nur Luxusmodernisierungen! – Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Es gibt auch energetische Modernisierung!)
Deswegen müssen wir schnellstmöglich an die Modernisierungsumlage heran, wenn wir hier von einer wirkungsvollen Mietpreisbremse reden wollen.
(Beifall bei der LINKEN)
Die nächste Ausnahme betrifft die Neubauten.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Sehr gut!)
Die Mietpreisbremse setzt hier nicht nur einen Anreiz für den Neubau von teuren Wohnungen, sondern führt nach der jetzigen Berechnung im Ergebnis auch dazu, dass die Mieten im Umfeld ansteigen werden, was sich wiederum auf den Mietspiegel auswirkt. Das ist keine Mietpreisbremse, sondern eine Einladung zur Luxusmodernisierung und zum Bau von neuen Lofthouses.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Sie verstehen Marktwirtschaft einfach nicht! – Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Das ist das Problem! Genau!)
Das lehnen wir in dieser Konsequenz ab. Das können wir so nicht unterstützen.
(Beifall bei der LINKEN)
Liebe Mieterinnen und Mieter, Sie hören richtig: Die Wahrscheinlichkeit, dass Sie von dieser Mietpreisbremse profitieren, ist ziemlich gering. Der Deutsche Mieterbund schätzt, dass gerade einmal 2,5 Prozent aller Mieterinnen und Mieter überhaupt von dieser Mietpreisbremse profitieren würden.
(Dr. Johannes Fechner [SPD]: 400 000 pro Jahr!)
Deswegen sagen wir: Mietpreisbremse ist eine irreführende Bezeichnung für diesen Gesetzentwurf; denn herausgekommen ist gerade einmal eine kleine Handbremse.
(Beifall bei der LINKEN)
Ich komme zum Schluss. Die SPD kann einem heute wirklich leidtun. Sie haben es ja gut gemeint, aber leider hat Ihr Koalitionspartner alles darangesetzt, diesen Gesetzentwurf im Interesse der Vermieter und der Immobilienlobby auszuhöhlen.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Ja! Ja!)
Mietpreisbremschen, Frauenquötchen: Jede noch so kleine Pflanze des sozialen Fortschritts wird von dieser Union auf ein Bonsaiformat zurückgestutzt. Das finden wir ganz schön schade.
(Beifall bei der LINKEN)
Das Wort erhält nun der Kollege Jan-Marco Luczak für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4698110 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 91 |
Tagesordnungspunkt | Dämpfung des Mietanstiegs |