Ursula Groden-KranichCDU/CSU - Aktuelle Stunde zur Beschäftigungssituation von Frauen
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Eben habe ich mich kurz gefragt, ob die Überschrift eine andere ist als „Aktuelle Stunde zur Beschäftigungssituation von Frauen“. Ich denke, dem Thema Equal Pay werden wir uns in aller Ausführlichkeit noch in den nächsten Wochen nähern.
(Zuruf von der LINKEN: Bezahlung hat nichts mit Beschäftigung zu tun!)
Der Hintergrund dieser Aktuellen Stunde und zahlreicher Gesetze und Initiativen der letzten Jahre ist der Wunsch, mehr Frauen in Beschäftigungsverhältnisse zu bringen, und zwar möglichst in qualitativ hochwertige Beschäftigung, keine Minijobs, und möglichst oft in Vollzeitbeschäftigung. Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen, dass die Entwicklung genau in diese Richtung voranschreitet. Ich selbst kann diese Anstrengungen nur begrüßen und unterstütze sie in mehrfacher Hinsicht: als Frau, die seit mehr als 30 Jahren berufstätig ist und immer großen Wert darauf gelegt hat, finanziell auf eigenen Beinen stehen zu können; als Mutter einer Tochter, die später ihren Wunschberuf erlernen und auch ausüben können soll; als CDU-Politikerin, die immer auch die Wirtschaft im Blick hat und das nicht nur unter dem Stichwort Fachkräftemangel; und als Berichterstatterin meiner AG für das Thema Entgeltgleichheit. Wir müssen über die Zahlen heute nicht noch einmal diskutieren; ich glaube, Frau Dr. Freudenstein hat sehr klar zum Ausdruck gebracht, wie dieser Gap entsteht und wie er sich differenziert.
Wenn mehr Frauen in größerem Umfang und vor allem zu höheren Gehältern arbeiten, ist das ein Gewinn für alle. „ Arbeiten für gleichen Lohn“ ist nicht mehr allein die Diskussion – für Frauen, die ihre Familien ernähren möchten, die in der Wirtschaft klar ihre Position zum Ausdruck bringen wollen, aber sehr wohl. Wenn sie fair bezahlt werden, ist das ein Gewinn für die Gesellschaft insgesamt. Um diese positive Entwicklung weiter voranzutreiben, müssen aber, neben anderen, zwei wichtige Voraussetzungen erfüllt sein:
Erstens müssen wir alle noch stärker daran arbeiten, dass alle jungen Frauen einen Schulabschluss machen und eine Ausbildung oder ein Studium beenden, damit ihnen überhaupt die Wege in die Berufswelt und die finanzielle Eigenständigkeit offenstehen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Zweitens muss jungen Frauen klar sein, und zwar bevor sie Familien- und Erziehungsauszeiten planen, was diese Auszeiten für sie finanziell und karrieretechnisch bedeuten – nicht nur während der Elternzeit, sondern insbesondere danach –, damit sie eben nicht in die Falle von Altersarmut tappen. Die finanziellen Nachteile aus bewusst geplanten Familienauszeiten verschärfen sich im schlechtesten Fall noch, wenn das dem eigenen Wunsch entsprechende Familienmodell scheitert; auch darauf muss man hinweisen. Die Wichtigkeit einer eigenständigen finanziellen Absicherung durch Erwerbstätigkeit kann also nicht oft und nicht nachdrücklich genug betont werden. Überall, von Kindesbeinen an, in der Familie und in der Schule, müssen wir unsere Töchter auf diesem Weg fördern und ermutigen.
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Männer müssen dies ebenfalls tun!)
Wenn sich – wenn alle diese Voraussetzungen erfüllt sind – dennoch Frauen freiwillig für eine Teilzeitbeschäftigung oder längere Berufspausen entscheiden, müssen wir dies als Politiker und als Gesellschaft akzeptieren. Ich selbst akzeptiere das gerne. Die Wahlfreiheit der Einzelnen muss auch beim Berufs- und Familienleben weiterhin gewährleistet sein. Ich selbst bin nicht nur vollzeitberufstätige Mutter, sondern auch Arbeitgeberin von zwei Müttern: Beide Frauen arbeiten in Teilzeit. Beide haben einen Hochschulabschluss, hatten schon vor der Mutterschaft Berufserfahrung und wollten auch danach unbedingt am Ball bleiben. Beide wollen dies aber im Moment nicht in Vollzeit tun – obwohl ich sie immer wieder dazu ermutige –, in ein paar Jahren wahrscheinlich schon. Ich finde es grundfalsch und, ehrlich gesagt, auch anmaßend, diesen und vielen anderen Frauen pauschal ein Leben in der Teilzeitfalle zu unterstellen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist Verdrehung der Tatsachen!)
Auch Teilzeitmodelle wurden von Frauen erkämpft und juristisch durchgefochten.
(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Darum geht es doch nicht!)
Ich verweise nur auf die Lex Peschel. Selbstverständlich müssen wir auch weiterhin alles dafür tun, um Frauen den Weg in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu ebnen und den Wiedereinstieg nach den Pausen zu erleichtern. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie bleibt hier Dreh- und Angelpunkt der Diskussion.
Die Erhöhung der Erwerbstätigkeit von Frauen kann auf Dauer aber nur dann gelingen, wenn die Familienarbeitszeit in den Familien anders verteilt wird. Dies ist nicht nur Sache von Frauen, sondern eine Aufgabe, die nur gemeinsam von Frauen und Männern bewältigt werden kann.
Danke schön.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Die Kollegin Cornelia Möhring spricht jetzt für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4698939 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 91 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde zur Beschäftigungssituation von Frauen |