05.03.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 91 / Tagesordnungspunkt 9

Saskia EskenSPD - Bildung für nachhaltige Entwicklung

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Damen und Herren! Seit uns der Bericht des Club of Rome in den 70er-Jahren zu den Grenzen des Wachstums die Augen geöffnet hat und die Brundtland-Kommission der UN in den 80ern den Beginn einer internationalen Politik für Umwelt und Entwicklung definierte, hat der Begriff der Nachhaltigkeit eine ziemliche Konjunktur, aber auch eine stetige Weiterentwicklung erfahren.

In den Anfängen wurde Nachhaltigkeit hauptsächlich ökologisch definiert, im Sinne von Umweltschutz und Ressourcenschonung. Heute denken wir den Begriff der Nachhaltigkeit viel weiter, zum Beispiel im Sinne einer sozialen oder gesellschaftlichen Nachhaltigkeit. Dabei geht es um Entwicklungen wie den demografischen Wandel oder den sozialen Zusammenhalt einer Gesellschaft. Die nachhaltige Entwicklung als Grundprinzip unseres Handelns, auch unseres politischen Handelns, ist aber leider ein sehr flüchtiger Gedanke, flüchtig wie alles, was sich so sehr auf die Zukunft bezieht. Der richtige Weg, einen so flüchtigen Gedanken in den Köpfen heutiger und künftiger Generationen nachhaltig zu verankern, ist natürlich Bildung, Bildung für nachhaltige Entwicklung.

Wegen der internationalen Zielsetzung, durch Bildung weltweit für eine nachhaltige Entwicklung zu sorgen, haben die Vereinten Nationen im Jahr 2005 eine Weltdekade ausgerufen. Diese Dekade ist im Jahr 2014 zu Ende gegangen. Wir wollen mit unserem fraktionsübergreifenden Antrag die Bundesregierung in der Zielsetzung bestärken, das Konzept der nachhaltigen Entwicklung in allen Bildungsbereichen in Deutschland weiter zu verankern und die internationalen Bemühungen darum weiterhin zu unterstützen.

(Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])

In aller Welt sind in dieser Dekade Strukturen und Partnerschaften gewachsen. Die Initiative für Nachhaltigkeit in der Hochschulbildung beispielsweise, die von über 250 Hochschulen aus aller Welt getragen wird, wurde im Jahr 2012 bei der Konferenz von Rio verabschiedet. Ziel der Initiative ist es, weitere Hochschulen zu freiwilligen Zusagen zu einer nachhaltigen Ausrichtung von Management, Lehre und Forschung zu motivieren, sodass wir diesbezüglich Wachstum erwarten dürfen.

In Deutschland hat die Dekade bisher vor allem im Bereich der vorschulischen und der schulischen Bildung Früchte getragen. Eine große Vielfalt lokaler und überregionaler Projekte und Initiativen wurde umgesetzt, und insgesamt 2 000 herausragende Projekte wurden von der Deutschen UNESCO-Kommission ausgezeichnet. Es ist jetzt notwendig, dass wir diese großartige Arbeit verstärken und verstetigen, um damit auch nachhaltig zu wirken. Deshalb treten wir im Rahmen dieses Antrags mit der Forderung an die Bundesregierung heran, die Mittel für diese wichtige Zielsetzung zu erhöhen. Erste Signale aus dem Bundesministerium zeigen, dass man hier am gleichen Strang zieht.

(Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])

Die Erfolge des allgemeinbildenden Schulsystems in der Verankerung des Nachhaltigkeitsgedankens sollten jetzt auch im beruflichen Bildungswesen und an den Hochschulen in Deutschland ermöglicht werden. Gerade im Zusammenspiel zwischen beruflicher Schulbildung und praktischer Erfahrung im dualen System können Kompetenzen für nachhaltiges Arbeiten und Wirtschaften gefördert werden, um so ökonomische, soziale und ökologische Verantwortung in bestmöglichen Einklang zu bringen. Schülerinnen und Schüler werden vertraut mit der Idee eines nachhaltigen Leitgedankens und erhalten in der beruflichen Bildung wichtige theoretische und praktische Handlungs- und Gestaltungskompetenzen. Wir empfehlen deshalb, den Förderschwerpunkt „Berufliche Bildung für eine nachhaltige Entwicklung“ der UN-Dekade, der bisher als Modellversuch nur punktuelle Wirkung entfalten konnte, auf alle Bereiche der beruflichen Bildung auszuweiten.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Sehr richtig!)

Im Jahr 2010 haben die Deutsche UNESCO-Kommission und die Hochschulrektorenkonferenz außerdem eine Empfehlung für „Hochschulen für nachhaltige Entwicklung“ ausgesprochen. Hier geht es auch um nachhaltiges Management, um Lernen und Forschen, aber auch um die Verankerung des Nachhaltigkeitsgedankens in den Studienordnungen. An den Hochschulen soll Nachhaltigkeit ebenfalls zu einem selbstverständlichen Teilaspekt der Wissenschaft werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, als Bildungspolitikerin ist es mir wichtig, Sie noch einmal auf den Gedanken der nachhaltigen Bildung aufmerksam zu machen. Immer noch wird bei der Bildung zu sehr an die Vermittlung eines Wissenskanons gedacht und zu wenig an die Menschwerdung sowie an die Ermöglichung von souveräner gesellschaftlicher Teilhabe. Auch angesichts einer Wissensgesellschaft im Wandel ist es notwendig, dass junge Menschen zukunftsfähige Kompetenzen entwickeln und dazu befähigt und motiviert werden, ein Leben lang weiter zu lernen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Nachhaltige Bildung bedeutet aber auch, die Zahl der Schulabgänger ohne Abschluss und die der Ausbildungs- und Studienabbrüche so weit wie möglich zu reduzieren. Junge Menschen benötigen im Vorfeld der Ausbildungs- oder Studienwahl Information und Orientierung, die die Eltern wegen des Wandels bei Ausbildungsberufen und Studienfächern oft nicht leisten können.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Insbesondere Erststudierende, für deren Familien akademische Bildungsgänge Neuland sind, aber auch die vielen immer jüngeren Studienanfänger benötigen vor und auch während des Studiums eine gute Begleitung und Betreuung, damit bei auftretenden Schwierigkeiten nicht gleich die Flinte ins Korn geworfen wird. Mit der notwendigen Unterstützung kann das Misserfolgserleben und können die Umwege eines Ausbildungs- oder Studienabbruchs vermieden werden und kommen die jungen Menschen erfolgreich zu ihrem gewünschten Abschluss.

So machte schon im 4. Jahrhundert vor Beginn unserer Zeitrechnung der chinesische Philosoph Kuan Chung Tzu deutlich: Bildung und Nachhaltigkeit gehören untrennbar zusammen.

Mit Bildung für nachhaltige Entwicklung nehmen wir uns vor, für die Dauer eines ganzen Lebens und darüber hinaus zu planen. Wer Verantwortung für die Zukunft übernehmen will, muss Nachhaltigkeit zur obersten Maxime machen. Bildung für Nachhaltigkeit ist der Weg dazu.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich freue mich, dass wir hierzu einen interfraktionellen Antrag erarbeitet haben, der fast über alle Fraktionen Zustimmung findet.

(Zuruf von der CDU/CSU: Von allen wichtigen Fraktionen!)

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Nächste Rednerin ist die Kollegin Beate Walter- Rosenheimer, Bündnis 90/Die Grünen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4699433
Wahlperiode 18
Sitzung 91
Tagesordnungspunkt Bildung für nachhaltige Entwicklung
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