05.03.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 91 / Tagesordnungspunkt 10

Matthias BartkeSPD - Förderung und Integration von Arbeitslosen

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Zimmermann, es ist gerade eine Woche her, dass die Bundesagentur für Arbeit die geringste Arbeitslosigkeit in einem Februar seit 1991 meldete.

(Sabine Zimmermann [Zwickau] [DIE LINKE]: Es geht um die Langzeitarbeitslosigkeit!)

Ich finde, das muss man sich auch einmal vergegenwärtigen. Normalerweise steigen die Arbeitslosenzahlen im Februar an. In diesem Jahr gab es sogar einen Rückgang im Vergleich zum Vormonat Januar.

Zeitgleich wächst die Zahl der Beschäftigten deutlich. Fast 600 000 Menschen mehr als im vergangenen Jahr hatten einen sozialversicherungspflichtigen Job – und das vor dem Hintergrund der Unkenrufe, dass der Mindestlohn eine Massenarbeitslosigkeit produzieren würde.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Sabine Zimmermann [Zwickau] [DIE LINKE])

Ich sage Ihnen: Der Arbeitsmarkt entwickelt sich derzeit hervorragend.

Es ist aber natürlich auch richtig, dass wir bei aller Freude darüber unsere eigentlichen Hausaufgaben als Arbeitsmarktpolitiker nicht vergessen dürfen. Wir müssen auch an diejenigen denken, die von den positiven Arbeitsmarktentwicklungen bislang noch nicht profitieren, und das sind natürlich vor allem die Langzeitarbeitslosen. Sie stehen ganz oben auf unserer Agenda. Dazu hätte es des Antrags der Grünen wahrlich nicht bedurft.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh nein!)

Arbeitsministerin Andrea Nahles hat bereits im letzten Jahr ihr Konzept zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit vorgestellt, und das war keine Eintagsfliege. Vorgestern hat es zu diesem Konzept eine Fachtagung im Bundesarbeitsministerium gegeben.

(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, Sie waren nicht da!)

Mit dabei waren Vertreter der Bundesländer, der Wohlfahrts- und Sozialverbände, der Sozialpartner und anderer Einrichtungen. Man sieht: Es sind all diejenigen beteiligt, die einen täglichen Einblick in die Materie haben. Gemeinsam werden wir so einen effektiveren Ansatz entwickeln, um Langzeitarbeitslose in den Arbeitsmarkt und in die Gesellschaft zu integrieren.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren von den Grünen, ich sage es Ihnen ganz offen: Ihr Antrag liest sich in vielen Teilen durchaus gut.

(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er ist gut!)

Das liegt natürlich vor allem daran, dass er sich von unserem Konzept nicht wesentlich unterscheidet.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schön wäre es!)

Sie fordern in mancher Hinsicht „ein bisschen mehr“, „ein bisschen länger“, „ein bisschen umfangreicher“. Das gehört sich als Opposition auch so.

(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn bei Ihnen mit dem Passiv- Aktiv-Transfer?)

Dazu, dass Sie schreiben, unser arbeitsmarktpolitisches Konzept sei eine Fortsetzung der gescheiterten Politik der Vorgängerregierung, kann ich aber nur sagen: Unfug!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Die Politik von Schwarz-Gelb war gekennzeichnet von Kürzungen im Bereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik. Nichts anderes war nach dem damaligen Koalitionsvertrag auch zu erwarten. Ich zitiere die sehr kurze Passage zur Langzeitarbeitslosigkeit im damaligen Koalitionsvertrag:

Kostenneutral! Das war die Handschrift der verblichenen FDP.

(Beifall bei der SPD)

Die Passage zur Langzeitarbeitslosigkeit in unserem aktuellen Koalitionsvertrag kann ich Ihnen nicht vortragen, da das meine Redezeit sprengen würde. Allein das ist doch schon ein Zeichen, und Sie wissen: Der Koalitionsvertrag wird umgesetzt. Ich zitiere hier nur den zentralen Satz:

(Beifall bei der SPD)

Genau das tun wir, und genau das spiegelt sich auch im vorgelegten Konzept zum Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit wider.

Was wir tatsächlich nicht realisieren werden, Sie aber fordern, ist der Passiv-Aktiv-Transfer. Ich finde, hier ist Ihre Kritik wirklich berechtigt. Wenn Sie das SPD-Wahlprogramm gelesen haben,

(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist meine Bettlektüre!)

dann wissen Sie auch, dass wir das ebenfalls wollten.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Aber so ist das nun einmal in Koalitionen: Man muss Abstriche machen. Wenn der Finanzminister Nein sagt, dann gilt das – zumindest bis auf Weiteres.

(Daniela Kolbe [SPD]: Aber vielleicht sagt er ja noch Ja!)

Eines ist klar: Wir werden das Thema wieder auf die Agenda setzen, wenn sich die Möglichkeit dafür bietet.

(Beifall bei der SPD)

Bei allem Ärger darüber ist die öffentlich geförderte Beschäftigung dennoch Teil unseres Konzepts.

(Beifall der Abg. Ulli Nissen [SPD])

Dazu tragen sowohl das ESF-Programm als auch das Bundesprogramm zur sozialen Teilhabe am Arbeitsmarkt bei. Weiter wird es eine bessere Betreuung in den Aktivierungszentren geben. Das Stichwort ist hier: ganzheitliche, maßgeschneiderte Herangehensweise. Das gilt beschäftigungsvorbereitend und beschäftigungsbegleitend. Es ist also auch an eine Nachbetreuung gedacht.

Sie thematisieren die zum Teil wenig nachhaltige Vermittlung. Ich stimme zu: Auch ich kann es nur befürworten, wenn Vermittlung keinen zwingenden Vorrang vor Weiterbildung hat. Aber ich sage Ihnen: Das ist auch jetzt schon nicht der Fall. In § 4 SGB III ist ausdrücklich geregelt, dass der Vermittlungsvorrang dann nicht gilt, wenn aktive Arbeitsförderungsmaßnahmen für eine dauerhafte Eingliederung notwendig sind.

(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wird aber nicht angewandt!)

Eine konsequente Umsetzung dieses Grundsatzes ist daher viel sinnvoller, als eine Rechtsänderung zu fabrizieren, die es ohnehin schon gibt. Ähnlich ist es übrigens auch im SGB II geregelt.

Richtig ist auch, dass Bildungsprämien und Teilzeitqualifizierung in unserem Konzept nicht explizit genannt sind. Aber im Koalitionsvertrag haben wir festgeschrieben, dass das Programm „Die 2. Chance“ weitergeführt wird und die entsprechenden finanziellen Rahmenbedingungen für die Teilnehmer verbessert werden. Das werden wir auch machen.

(Beifall bei der SPD – Ulli Nissen [SPD]: Das ist ganz wichtig!)

– Genau. – Ich rate Ihnen: Unterstützen Sie das Konzept unserer Arbeitsministerin Andrea Nahles. Konzentrieren Sie sich nicht darauf, es nur schlechtzureden; das hilft nicht. Tragen Sie es mit. Ich sage Ihnen: Es lohnt sich.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Nächster Redner ist der Kollege Kai Whittaker, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4699587
Wahlperiode 18
Sitzung 91
Tagesordnungspunkt Förderung und Integration von Arbeitslosen
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