05.03.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 91 / Tagesordnungspunkt 10

Martin RosemannSPD - Förderung und Integration von Arbeitslosen

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Insgesamt überwiegen derzeit die guten Nachrichten auf dem Arbeitsmarkt. Die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt bleibt positiv. Mit 30,5 Millionen Menschen haben wir den höchsten Stand an sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung. Im Dezember 2014 hat diese um noch einmal knapp 600 000 gegenüber dem Vorjahr zugenommen. Auch Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung sind im Vergleich zum Vorjahr merklich gesunken.

Noch deutlicher wird das bei einem langfristigen Vergleich. Wir haben seit 2005 einen stetigen Anstieg der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung um über 4 Millionen. Die Arbeitslosenquote ist seit 2005 deutlich gesunken, und zwar von fast 12 Prozent auf knapp 7 Prozent. Auch die Langzeitarbeitslosigkeit ist von 4 Prozent im Jahr 2007 auf heute ungefähr 2,5 Prozent gesunken. Vor allem die Entwicklung, die wir früher hatten, nämlich dass von Konjunkturzyklus zu Konjunkturzyklus die Sockelarbeitslosigkeit in Deutschland immer zugenommen hat, haben wir durchbrochen. Das zeigt den Erfolg der Arbeitsmarktreformen, die Rot und Grün gemeinsam durchgesetzt haben. Dazu hätten Sie in Ihrem Antrag auch etwas schreiben können.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Herr Kollege Rosemann, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Pothmer?

Ja.

Bitte schön, Frau Kollegin Pothmer.

Herr Rosemann, Sie haben gerade darauf hingewiesen, dass die Langzeitarbeitslosigkeit zurückgegangen ist. Haben Sie in Ihre Berechnung auch einbezogen, dass die Gruppe der Älteren nach § 53 a SGB II dann, wenn sie ein Jahr kein Beschäftigungsangebot erhält, aus der Statistik ausgesteuert wird? Wenn Sie diese Gruppe einbeziehen, dann ist die Langzeitarbeitslosigkeit in den letzten Jahren um 0,6 Prozent zurückgegangen, während die Mittel für die Förderung der Arbeitslosen um 40 Prozent zurückgegangen sind.

Frau Kollegin Pothmer, ich will nicht verschweigen, dass es nicht in allen Gruppen so eine positive Entwicklung gibt. Aber Sie müssen dazusagen, dass wir gleichzeitig mit den Arbeitsmarktreformen auch an anderer Stelle Reformen durchgeführt haben, dass Frühverrentungsmöglichkeiten abgeschafft worden sind und dass damit sehr viel mehr ältere Menschen als vorher auf dem Arbeitsmarkt sind. Auch deswegen hat die Zahl der Beschäftigten zugenommen. Gleichzeitig sind damit natürlich – diesem Problem muss sich auch die Politik stellen – mehr Ältere von Arbeitslosigkeit betroffen. Das hat etwas damit zu tun, dass wir damals gemeinsam und, wie ich finde, gerechterweise Möglichkeiten der Frühverrentung beseitigt haben.

(Beifall bei der SPD)

Ich will ausdrücklich feststellen, dass der Rückgang der Langzeitarbeitslosigkeit stagniert. Viele langzeitarbeitslose Menschen profitieren eben nicht von der guten wirtschaftlichen Entwicklung und finden den Weg in den Arbeitsmarkt eben nicht zurück. Die Vermittler und Fallmanager im Wirkungskreis des SGB II sehen sich einer Kundengruppe mit zunehmend komplexen und verfestigten Problemlagen gegenüber. Natürlich ist es unser Ziel, diesen Menschen wieder eine Perspektive auf dem Arbeitsmarkt zu geben. Dabei ist aber klar: Es gibt eben nicht den typischen Langzeitarbeitslosen. So werden wir eben auch nicht die eine Maßnahme finden, die allen Langzeitarbeitslosen gerecht wird und alle wieder in den Arbeitsmarkt bringt. Vielmehr brauchen wir individuelle und passgenaue Förderung.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Die alleinerziehende Mutter ohne Ausbildung, die Probleme mit der Kinderbetreuung hat, braucht eben andere Angebote als der ältere langzeitarbeitslose Bauarbeiter mit gesundheitlichen Einschränkungen. Gerade hier gilt es, unser Förderversprechen, das wir mit dem SGB II gegeben haben, umzusetzen. Hierfür brauchen wir bessere Rahmenbedingungen für Beratung und Betreuung in den Jobcentern und flexible, passgenaue Antworten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, wie Sie sehen, liegen Ihre Problemanalyse und meine Problemanalyse nicht so weit auseinander. Unsere Bundesarbeitsministerin, Andrea Nahles, hat im Gegensatz zu dem, was Sie hier darstellen, genau dieses Problem erkannt

(Beifall bei der SPD)

und setzt mit ihrem Konzept zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit genau dort an. Das vorgelegte Konzept unterstützt die Jobcenter dabei, auf die vielfältigen Problemlagen ihrer Kundinnen und Kunden individuell und passgenau zu reagieren. Wir verbessern die Rahmenbedingungen für die Arbeit in den Jobcentern durch bessere personelle Ausstattung. Ich erinnere nur an die 1 000 Stellen, die bisher beim auslaufenden Programm „Perspektive 50plus“ angesiedelt waren und die für die Aktivierungszentren, die eingerichtet werden, zur Verfügung stehen. Wir stabilisieren das Personal. Wir setzen auf Personalentwicklung und Qualifizierung. Wir werden das Vergaberecht weiterentwickeln, damit Qualität bei den Vergaben eine größere Rolle spielt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir statten die Jobcenter finanziell besser aus; das ist schon angesprochen worden. Unter Schwarz-Gelb wurden Eingliederungstitel und Verwaltungstitel immer weiter gekürzt. Das haben wir umgekehrt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Für 2015 stehen wie bereits für 2014 350 Millionen Euro Restmittel zur Verfügung. Die Pro-Kopf-Ausgaben für Eingliederung und Verwaltung erreichen im Jahr 2015, übrigens erstmals seit 2010, wieder mehr als 2 000 Euro.

Außerdem ermöglichen wir passgenaue Lösungen durch engere Verzahnungen von Arbeitsförderung und Gesundheitsförderung, durch gezielte Akquise von Stellen für Langzeitarbeitslose mit begleitendem Coaching und Nachbetreuung und durch das schon mehrfach angesprochene Programm zur sozialen Teilhabe von Menschen, die keine direkte Chance auf dem ersten Arbeitsmarkt haben.

Richtig ist, meine Damen und Herren: Mehr als die Hälfte der arbeitslosen SGB-II-Empfänger hat keine Ausbildung. Natürlich sind hier Weiterbildung und Qualifizierung wichtige Stellschrauben. Ich will aber darauf hinweisen, dass wir den Paradigmenwechsel schon eingeleitet haben. Das zeigen beispielsweise die Programminitiative „Spätstarter gesucht“ – da machen wir weiter –, und das zeigt auch, dass Themen, die Sie in Ihrem Antrag zu Recht angesprochen haben, wie die Weiterbildungsprämie, auf der Tagesordnung dieser Großen Koalition stehen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Liebe Frau Pothmer,

(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lieber Herr Rosemann!)

Sie ähneln wieder einmal dem Hasen in dem Märchen Der Hase und der Igel. Ich muss Ihnen sagen: Da, wo Sie hinlaufen, sind wir schon.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Für die CDU/CSU-Fraktion hat jetzt das Wort Dr. Astrid Freudenstein.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4699654
Wahlperiode 18
Sitzung 91
Tagesordnungspunkt Förderung und Integration von Arbeitslosen
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