Herlind GundelachCDU/CSU - Kraft-Wärme-Kopplung
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Um es gleich vorweg klar zu sagen: Auch für uns ist die KWK ein elementarer Baustein „unserer“ Energiewende. Schon heute liegt der Anteil der Kraft-Wärme- Kopplung an der Stromerzeugung bei rund 16,2 Prozent. Das sind immerhin 96 Terawattstunden Strom. Der Anteil am Wärmemarkt liegt mit rund 200 Terawattstunden bei immerhin 20 Prozent. Damit ist die KWK eine tragende Säule unserer Energieversorgung.
KWK-Anlagen in allen Größenordnungen liefern klimaschonend – da stimme ich Ihnen absolut zu, Frau Verlinden – und effizient Wärme für Strom für industrielle und auch für private Verbraucher. KWK ist für uns ein intelligenter Weg, effizient mit Energiequellen umzugehen. KWK hat nämlich einen sehr hohen Wirkungsgrad. Während in konventionellen Kraftwerken zwischen 45 und 70 Prozent der Energie, die für die Stromerzeugung eingesetzt werden, als Abwärme verloren gehen, haben moderne KWK-Technologien immerhin Wirkungsgrade von bis zu 90 Prozent. Deswegen trägt KWK auch entscheidend zur Einsparung von CO 2 und zur Erreichung unserer ehrgeizigen Klimaziele auf nationaler und europäischer Ebene bei. Gegenüber der ungekoppelten Strom- und Wärmeerzeugung werden rund 56 Millionen Tonnen CO 2 eingespart. Das zeigt auch der Evaluierungsbericht im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums ganz deutlich.
Die Betrachtung der CO 2 -Vermeidungskosten von KWK zeigt, dass diese deutlich unter denen anderer Erzeugungsformen, zum Teil auch manch erneuerbarer Energieträger, liegen. Das ist gerade vor dem Hintergrund einer effizienten und wirtschaftlichen CO 2 -Einsparung, die im Sinne des Verbrauchers übrigens immer hohe Priorität haben muss, von großer Bedeutung.
Auch bieten KWK-Anlagen in verschiedenen Größen interessante Ansätze, einen Beitrag zur Netz- und Systemstabilität zu leisten. So kann durch dezentrale KWK dort Energie bereitgestellt werden, wo sie benötigt wird. Durch den Eigenverbrauch des KWK-Stroms wird das bestehende Stromversorgungssystem entlastet. Ausbaubedarf und Leistungsverluste können so verringert werden.
Meine Damen und Herren, eine Novelle des Kraft- Wärme-Kopplungsgesetzes muss jedoch gut durchdacht sein
(Lachen der Abg. Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
und im Einklang mit dem Strommarkt erfolgen,
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach! Gab es bei Ihnen denn auch schon mal durchdachte Gesetze?)
kurz: Sie muss in das künftige Strommarktdesign passen. Denn es gibt Effekte und Entwicklungen – das ist auch bei Ihnen gerade schon angeklungen –, die für den künftigen Betrieb der KWK im Energie- und Strommarkt von großer Bedeutung sind.
Wir haben uns im Koalitionsvertrag auf das Ziel verständigt, bis 2020 einen KWK-Anteil von 25 Prozent zu erreichen. Das bedeutet aber, dass bis dahin erhebliche neue Erzeugungskapazitäten entstehen würden, die zusätzlich etwa 50 Terawattstunden Strom erzeugen. Dabei ist bei allen Beteiligten – von der Energiewirtschaft bis hin zur Wissenschaft – unbestritten, dass wir im Strommarkt eigentlich erst einmal dringend Überkapazitäten abbauen müssten, damit der Strommarkt wieder in ein Gleichgewicht kommt.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ja, bitte sehr! – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr gerne! Wir sind dabei! Wir sind aber leider nicht die Bundesregierung!)
Genau deshalb muss im Rahmen der KWK-Novelle die Frage geklärt werden, welchen Bedarf an neuen KWK- Anlagen der Strommarkt hat.
Eine weitere Herausforderung ist der steigende Anteil der fluktuierenden erneuerbaren Energien. Deren Anteil ist in den letzten fünf Jahren um 10 Prozent auf heute immerhin 27 Prozent gestiegen. Das ist ein Erfolg der Energiewende,
(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Nein, der Grünen! – Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)
hat aber teils erhebliche Auswirkungen auf den Strommarkt. Die Solarenergie hat die ertragreiche Mittagsspitze geglättet. Der Börsenstrompreis hat sich in den vergangenen vier Jahren fast halbiert. Auch der CO 2 - Preis hat leider nicht die gewünschte Wirkung zugunsten der KWK entfaltet.
(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, warum denn? – Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und was machen wir jetzt?)
– Darauf komme ich noch. – Unter diesen Rahmenbedingungen ist die KWK zunehmend unwirtschaftlicher geworden.
Hinzu kommt, dass durch den steigenden Anteil der erneuerbaren Energien künftig vor allem flexible konventionelle Anlagen gebraucht werden, die die fluktuierenden Anlagen ergänzen. Dabei stehen wärmegeführte KWK-Anlagen ohne Speicher ebenfalls vor einer großen Herausforderung.
Auch der Rückgang des Wärmebedarfs ist für die KWK eine Herausforderung, die gerade auch auf lange Sicht Auswirkungen haben wird; denn durch ein Mehr an energetischer Gebäudesanierung wird die Nachfrage nach Wärme sinken. Gerade für den Fernwärmebereich wird der Rückgang des Wärmebedarfs langfristig auch eine große Herausforderung darstellen.
Allerdings – und dabei gibt es eine Einschränkung – wird aus meiner Sicht in den Großstädten mit einem hohen Anteil an Altbauten und einem hohen Anteil an Mietwohnungen der Wärmebedarf nur langsam sinken. Deswegen bleibt die KWK in Ballungsräumen auch in Zukunft eine effiziente und klimaschonende Form der Energieversorgung.
Meine Damen und Herren, all diese Herausforderungen sind teilweise nicht neu, aber sie haben die wirtschaftliche Situation der KWK ganz erheblich verschärft. Unter den zuvor beschriebenen Marktbedingungen und einem unveränderten Förderregime läuft die KWK-Stromerzeugung Gefahr, zu stagnieren. Auch das haben Sie schon erwähnt, Frau Verlinden. Die Branche, unterfüttert von wissenschaftlichen Gutachten, befürchtet sogar einen deutlichen Rückgang.
Oft reichen bei KWK-Anlagen die Wärmeerlöse nicht mehr aus, um das Defizit bei der Stromerzeugung zu decken. Wir müssen also über eine Kompensation für die gefallenen Spotmarktpreise wie auch für die zusätzlichen Belastungen der Eigenerzeugung reden.
Derzeit wird die KWK, wie bekannt, mit einem Fördervolumen von 500 Millionen Euro gefördert. Der KWK-Deckel liegt bei 750 Millionen Euro. Um den Neubau und die Modernisierung zu ermöglichen, müssten die Fördersätze um den Faktor 2 und 3 erhöht werden. Das wären Mehrkosten von 2 Milliarden bis 2,5 Milliarden Euro, die jeder Verbraucher über die KWK-Umlage mitbezahlen müsste. Hier müssen wir intensiv beraten, wie der Fördermechanismus weiterentwickelt werden soll und ob der Deckel von 750 Millionen Euro erhöht werden muss.
Es geht also nicht darum, dass wir, wie Sie behaupten, die KWKG-Novelle hintanstellen, sondern wir wollen die KWK sinnvoll in den Strommarkt der Zukunft integrieren; denn alles andere ist teuer und ineffizient.
(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bis dahin sind die Unternehmen pleite!)
– Das denke ich nicht.
Weil die KWK großes Potenzial hat, ist klar, dass wir zeitnah eine KWKG-Novelle auf den Weg bringen werden.
(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was heißt „zeitnah“? – Dr. André Hahn [DIE LINKE]: 2018!)
Ziel wird sein, verlässliche Rahmenbedingungen für Bestand und Neubau zu schaffen und die Flexibilisierung der Anlagen weiter voranzutreiben. Gerne möchte ich kurz einige wenige Handlungspunkte erläutern.
Erstens. Die Grünen schlagen in ihrem Antrag vor, dass zukünftig kohlebefeuerte KWK-Anlagen keine Förderung mehr erhalten sollen.
(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)
Dazu muss ich Ihnen sagen: Das lehne ich ab. Man kann nicht, wie es die Grünen tun, immer mehr KWK fordern, zeitgleich aber die kostengünstigste KWK aus dem Markt drängen.
(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist mit Ihren Klimazielen?)
Auch die Kohle-KWK trägt entscheidend zu einer effizienten und klimaschonenden Strom- und Wärmeversorgung bei; denn die Effizienz erwächst aus dem gekoppelten Prozess, nicht so sehr aus dem Einsatz des Brennstoffs.
Zweitens. Im Rahmen der EEG-Novelle 2014 haben wir erstmals eigenverbrauchten Strom mit der EEG-Umlage belastet. Neue Anlagen müssen schrittweise 40 Prozent der EEG-Umlage auf eigenverbrauchten Strom zahlen. Um den Ausbau der industriellen KWK nicht zu verhindern, war Bestandteil der EEG-Novelle auch eine Verordnungsermächtigung zur Anpassung der KWK-Zuschläge als Kompensation der Eigenverbrauchsbelastungen. Aus meiner Sicht ist es elementar, dass wir von dieser Verordnungsermächtigung im Rahmen der KWKG- Novelle tatsächlich Gebrauch machen. Ein Drittel der KWK-Nettostromerzeugung stammt aus industriellen KWK-Anlagen. Es ist im Interesse des Klimaschutzes und des Industriestandortes Deutschland, dass sich die Industrie auch zukünftig effizient mit Prozesswärme und Strom versorgen kann.
Drittens. Die Flexibilisierung der KWK-Anlagen macht die KWK energiewendetauglich. Deshalb haben wir schon vor drei Jahren, damals noch mit einer schwarz-gelben Regierung, die Flexibilisierung der Anlagen und der Förderung vorangetrieben. Diesen Weg werden wir auch künftig konsequent weitergehen und den Ausbau der Wärmespeicher und anderer Flexibilisierungsinstrumente weiter fördern. Anlagen sollten dann eine erhöhte Förderung bekommen, wenn sie Flexibilität erbringen können. Nur so können KWK-Anlagen künftig besser die fluktuierenden erneuerbaren Energien ergänzen.
(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das steht ja hier drin!)
– Ich zeige Ihnen auf, in welchen Bereichen wir darüber nachdenken.
Meine Damen und Herren, KWK wird sich aber auch – das sage ich ganz deutlich – wie alle anderen Energieerzeugungstechnologien dem Transformationsprozess des Energiesystems stellen müssen. Unser Ziel ist es, dass die KWK dabei auch künftig einen wesentlichen Beitrag zu einer effizienten Strom- und Wärmeversorgung leistet.
Wir dürfen jedoch das Gesamtsystem nicht aus den Augen verlieren. Deshalb ist es gut, wenn erst eine Grundsatzentscheidung zum Strommarkt getroffen und dann die KWK-Novelle zügig auf den Weg gebracht wird.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Nächste Rednerin ist für die Fraktion Die Linke die Kollegin Eva Bulling-Schröter.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4700278 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 91 |
Tagesordnungspunkt | Kraft-Wärme-Kopplung |