Florian PostSPD - Kraft-Wärme-Kopplung
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, Sie haben in Ihrem Antrag sehr viel Richtiges geschrieben. Die KWK ist hocheffizient. Sie ist klima- und ressourcenschonend. Hier herrscht also Übereinstimmung. Sie passt wegen der Ungleichzeitigkeit der Einspeisemaxima von Photovoltaik und Wind auf der einen Seite und dem Wärmebedarf auf der anderen Seite perfekt zur Energiewende. Wenn zusätzlich Speicher zum Einsatz kommen, ist sie perfekt einsetzbar. Man kann sich das hier in Berlin anschauen. Kollege Fritz Felgentreu – er ist leider nicht mehr hier im Saal – hat mir gesagt, dass in Neukölln Berlins größter Speicher steht. Die KWK ist also eine sehr interessante und hocheffiziente Technologie.
Natürlich ist es so – auch das haben Sie richtig erkannt –, dass viele KWK-Anlagen in Not sind. Gerade in der öffentlichen Versorgung und bei gasbefeuerten Anlagen haben wir in der Tat ein großes Problem. Auch sind wir momentan mit 16 Prozent erzeugtem Strom aus KWK-Anlagen weit vom Ausbauziel von 25 Prozent entfernt, das im Koalitionsvertrag verankert ist; das gebe ich hier gerne zu. Aber wir arbeiten daran, dieses Problem zu lösen. Wir sind uns jedoch darin einig, dass es volkswirtschaftlich kompletter Unsinn wäre, das künftige Förderregime von KWK-Anlagen dahin gehend zu gestalten, dass bereits geförderte Anlagen vom Netz gehen. Daher möchte ich dafür plädieren, dass wir als einen Schwerpunkt zunächst etwas im Bestand tun und den Fokus auf die öffentliche Versorgung legen.
Natürlich wäre es zu schön, wenn wir uns nur einig wären. Es gibt in Ihrem Antrag in der Tat ein paar Punkte, denen ich hier nicht uneingeschränkt zustimmen kann. Natürlich können wir die Novellierung des KWKG nicht losgelöst von der Diskussion über das Strommarktdesign betrachten. Hier sind eine ganzheitliche Betrachtung und auch eine Analyse notwendig, woher die Probleme bei der KWK eigentlich kommen. Momentan haben Gaskraftwerke kaum eine Chance, nicht zuletzt wegen des daniederliegenden CO 2 -Zertifikatehandels. Durch die kohlebefeuerten KWK-Anlagen werden diese Kraftwerke natürlich noch unwirtschaftlicher. In der Folge laufen die gasbetriebenen Anlagen zu wenig, um wirtschaftlich zu sein.
Die Bundesregierung arbeitet gerade – das ist bekannt – im Rahmen des Grün- und Weißbuchprozesses an der Novellierung des Strommarktdesigns. Dabei gilt für uns, ganzheitlich betrachtet, natürlich das Ziel, auf dem Energiemarkt Versorgungssicherheit herzustellen, die Energie bezahlbar zu halten und die klimaschonende Erzeugung von Energie zu sichern.
(Zuruf der Abg. Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE])
Wir fordern eine Einhaltung des Zeitplans und ganz entschieden die Vorlage eines entsprechenden Gesetzentwurfs. Hier machen wir als AG Wirtschaft und Energie der SPD-Fraktion Druck, noch vor der Sommerpause einen Entwurf vorzulegen. Hier geht es uns um die konkrete Reihenfolge. Wir warten also zunächst die Grundsatzentscheidung ab und klären die Fragen betreffend die Kapazitätsmärkte, Stichwort „Energy-only-Markt 2.0“, oder wie auch immer das Kind heißen mag. Dann werden wir uns sofort an die Novellierung des KWK-Gesetzes machen.
Kollege Post, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Krischer?
(Zurufe von der CDU/CSU: Nein! Nein! – Dr. Matthias Heider [CDU/CSU]: Nichts, was wir schon wissen!)
Selbstverständlich.
Liebe Kollegen von der Union, Sie kommen gleich zu Ihrem Feierabendbier, keine Sorge. – Herr Kollege Post, herzlichen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen.
Sie haben gerade sehr deutlich dafür plädiert, dass wir eine KWK-Novelle brauchen. Sie haben auch klar die Bundesregierung aufgefordert, hier zu handeln. Angesichts der Papiere und der Aussagen der Bundesregierung scheint mir nicht richtig klar zu sein, ob es überhaupt eine KWK-Novelle geben soll, erst recht nicht, wann genau diese kommen soll. Ich habe die anderen Redner so verstanden, dass es hier fraktionsübergreifend eine große Bereitschaft gibt, sich schnell des Themas KWK anzunehmen. Meine Frage an Sie: Wäre die SPD- Bundestagsfraktion bereit, wenn aus dem Bundeswirtschaftsministerium in Sachen KWK kurzfristig nichts käme, aus dem Parlament heraus eine KWK-Novelle anzupacken?
Zunächst einmal wird es eine KWKG-Novelle geben. Das ist also nicht fraglich. Sie wird kommen. Unsere Forderung ist – ich habe das gerade schon in meiner Rede klargemacht –, den Gesetzentwurf noch vor der Sommerpause vorzulegen. Sollte das, wie Sie es vermuten, aus irgendwelchen Gründen eventuell nicht erfolgen können, behalten wir uns als SPD-AG Wirtschaft und Energie selbstverständlich das Recht vor – dann auch gerne mit Ihnen zusammen; in Ihrem Antrag sind sehr viele Punkte enthalten, die ich gut finde –, im Parlament einen eigenen Gesetzentwurf einzubringen, um im Sinne der Kraft-Wärme-Kopplung sinnvoll fortzufahren und diese zu erhalten.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Was sagt denn da die CDU/CSU?)
Sie haben Ihre Zwischenfrage vor der nächsten Passage meiner Rede gestellt. Ich hatte mir nämlich auch vorgenommen, zu sagen: Wir werden es als SPD-Bundestagsfraktion bzw. als AG Wirtschaft und Energie der SPD nicht zulassen, dass durch zeitliche Verzögerung die Kraft-Wärme-Kopplung torpediert wird. Aber wir sagen ganz klar: Der Schwerpunkt liegt in der öffentlichen Versorgung und in der Bestandssicherung sowie in der Modernisierung der Netze. Dabei ist für uns klar, dass der Deckel der KWK-Förderung von 750 Millionen Euro, wie er derzeit bemessen ist, diskutiert werden muss.
Ein weiterer Kritikpunkt in Ihrem Antrag ist die Forderung, dass KWK auf Basis von Braun- oder Steinkohle künftig nicht mehr gefördert werden soll. Das kann ich so nicht teilen. Denn wenn ich Ihren Antrag richtig verstehe, dann gilt dies sowohl für Neubau als auch für die von Ihnen geforderte Bestandssicherung. Darin erkenne ich einen gewissen Widerspruch. Eine Einschränkung der KWK-Kohleförderung wäre meines Erachtens mit der Gefahr verbunden, dass man dadurch die noch wirtschaftlichen oder gerade so mit positiven Deckungsbeiträgen arbeitenden Kohle-KWK-Anlagen in die Unwirtschaftlichkeit treibt, aber damit nicht zwingend erreicht, dass die bisher unwirtschaftlichen gasbefeuerten KWK-Anlagen wirtschaftlich werden. Hier wäre in der Tat der KWK in Gänze kein Dienst getan.
Ich plädiere nicht dafür, undifferenziert nach dem Gießkannenprinzip vorzugehen. Selbstverständlich können wir bei der Ausgestaltung des Gesetzentwurfs darüber sprechen, wie wir bei den unterschiedlichen Brennstoffarten mit der Förderhöhe vorgehen. Aber ich plädiere dafür, dass wir diskriminierungsfrei an diese Sache herangehen, statt a priori eine bestimmte Brennstoffart zu diskriminieren.
Das 25-Prozent-Ziel, das Sie gut finden und an dem Sie auch festhalten, nur mit Gas-, Biogas- und Biomasse-KWK zu erreichen, würde bedeuten, dass die Kraft-Wärme-Kopplung insgesamt teurer würde, was letztendlich über die KWK-Umlage der Stromverbraucher zu zahlen hätte. Das wollen wir nach Möglichkeit verhindern.
Ich möchte noch kurz die Eigenverbrauchsregelung ansprechen. Sie fordern, die Belastung von eigenverbrauchtem Strom mit Teilen der EEG-Umlage zurückzunehmen. In diesem Zusammenhang möchte ich für die AG Wirtschaft und Energie der SPD noch einmal betonen, dass für uns KWK nicht gleich KWK ist. Mein Schwerpunkt liegt, wie gesagt, in der öffentlichen Versorgung.
In der Tat muss man auch sogenannte Renditemodelle gerade im Bereich von Mini-BHKW-Anlagen betrachten, die teilweise in Gastronomie- und Hotelbetrieben eingesetzt werden und mit denen hohe zweistellige Renditen erzielt werden. Hier kann man die Axt anlegen, weil eine weitergehende Förderung nicht unbedingt im Sinne des Erfinders ist, noch dazu, wenn solche Anlagen in Gebieten errichtet werden, wo Fernwärmenetze bestehen und dadurch die öffentliche Versorgung kannibalisiert wird.
Ich denke, dass wir in der Summe nicht sehr weit auseinanderliegen. Wir sind uns einig, dass wir die Kraft- Wärme-Kopplung erhalten und weiter ausbauen wollen. Wenn der Gesetzentwurf vorliegt – ich bin sehr optimistisch, dass er noch vor der Sommerpause vorliegen wird –, freue ich mich auf weitere Diskussionen mit Ihnen im Ausschuss und im Plenum des Parlaments.
Danke für die Aufmerksamkeit.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4700283 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 91 |
Tagesordnungspunkt | Kraft-Wärme-Kopplung |