06.03.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 92 / Tagesordnungspunkt 19

Nadine SchönCDU/CSU - Gleichberechtigte Teilhabe an Führungspositionen

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Liebe Besucher der Debatte, die Sie heute sehr zahlreich anwesend sind! Ich sehe auf der Tribüne auch Kämpferinnen für mehr Frauen in Führungspositionen: Frau Schulz-Strelow, Frau Süssmuth, Rita Pawelski, die dieses Thema in den letzten Jahren sehr engagiert vorangebracht haben. Herzlich willkommen auch von unserer Seite! Ich freue mich sehr, dass Sie heute hier sind.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Die Ministerin hat gesagt, dass heute ein guter Tag für Frauen ist. Ich sage: Der Tag, an dem wir dieses Gesetz wieder abschaffen, wird der beste Tag für Frauen sein.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das wird der Tag sein, an dem wir keine gesetzlichen Maßnahmen mehr brauchen, um sowohl im öffentlichen Dienst als auch in den Unternehmen zu mehr Frauen in Führungspositionen zu kommen. Das wird der Tag sein, an dem wir keinen Gleichstellungsplan mehr brauchen, um mehr Familienfreundlichkeit zu ermöglichen und die Karrierewege von Frauen im öffentlichen Dienst besser zu gestalten. Der Tag, an dem wir dieses Gesetz wieder abschaffen, wird der wahre gute Tag für die Frauen in unserem Land sein. Deshalb freue ich mich heute auf den Tag, an dem wir dieses Gesetz wieder abschaffen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist sehr schade, dass wir überhaupt gesetzliche Regelungen brauchen, um für mehr Frauen in Führungspositionen zu sorgen. Klar ist: Die Zeit der freiwilligen Selbstverpflichtungen ist vorbei. Man hat sich 2001 unter Rot-Grün zusammengesetzt und gesagt: Wir wollen mehr Frauen in Führungspositionen. Die Frauen sind heute gut ausgebildet und kommen jetzt von alleine nach oben. – 14 Jahre später müssen wir feststellen, dass das leider nicht der Fall ist. In den 200 größten Unternehmen sind 18 Prozent Frauen in Aufsichtsräten und – noch viel erschreckender – gerade einmal 5 Prozent in Vorständen. Mir kann wirklich niemand sagen, dass es nur eine Handvoll Frauen in ganz Deutschland gibt, die fähig und willig sind, in den Vorstandsetagen, in den Führungsetagen der deutschen Unternehmen ihre Arbeit zu verrichten. 5 Prozent in den Vorständen der 200 größten deutschen Unternehmen, das ist wirklich sehr schade. Deshalb ist es gut, dass wir uns jetzt mit mehr Engagement zusammen mit der Wirtschaft auf den Weg machen, diese erschreckende Zahl zu verbessern, zu höheren Prozentzahlen zu kommen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Im Gegensatz zu manch anderen glaube ich noch nicht einmal, dass es böser Wille der Männer ist, Frauen nicht nach oben zu lassen. Nein, es sind die Strukturen in den Unternehmen, die dazu führen, dass es für Frauen offensichtlich schwierig ist, nach oben zu kommen, obwohl wir sehr viele gut ausgebildete Frauen haben, obwohl wir sehr viele gute Ökonominnen und Juristinnen haben, die auch in den Aufsichtsräten sitzen könnten. Wir haben eine gläserne Decke. Deshalb ist es Zeit, dass wir uns zusammen mit der Wirtschaft fragen: Was kann man konkret tun, um das besser zu machen?

Deshalb führen wir heute eine Quote ein, eine Quote mit Augenmaß, und zwar eine feste Quote für die Aufsichtsräte der großen Unternehmen, die Vorbildcharakter haben, auch weil sie börsennotiert sind, und eine flexible Quote für viele andere Unternehmen. Es ist eben so, dass ein Stahlunternehmen anders zu betrachten ist als eine Bank, weil hier einfach andere Voraussetzungen herrschen. Ich weiß, dass sich der Koalitionspartner für die breite Mehrheit der Unternehmen eine Quote von 40 Prozent gewünscht hätte. Aber wir sagen: Man kann hier nicht mit der Brechstrange vorgehen. Wir brauchen konkrete Zielvorgaben. Es ist entscheidend, dass sich etwas in den Unternehmen ändert. Aber ein Stahlunternehmen ist anders zu betrachten als eine Bank. Deshalb ist die Mischung aus Flexiquote für eine Vielzahl von Unternehmen und deren Führungsetagen und fester Quote für die Aufsichtsräte der Unternehmen, die einen besonderen Vorbildcharakter haben, genau richtig. Deswegen bringen wir heute ein Gesetz auf den Weg, das ausgewogen ist, die Quote mit Augenmaß einführt, für die Unternehmen in unserem Land absolut machbar ist und sie nicht, entgegen vielen Befürchtungen, mit zu viel Bürokratie überfordern wird.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Es geht im öffentlichen Dienst darum, Strukturen aufzubrechen. Auch hier ist nicht derjenige am fleißigsten, der am längsten im Büro sitzt. Auch hier stellen wir leider fest, dass es heute immer noch so ist, dass diejenigen – Männer und Frauen –, die familiären Verpflichtungen nachgehen, die ihre Kinder erziehen, die wegen der Kinder eine Zeit lang aus dem Berufsleben aussteigen, es danach schwerer haben, bei ihrer Karriere im öffentlichen Dienst nach oben zu kommen. Deshalb sagen wir: Was wir von den Unternehmen in Deutschland verlangen, verlangen wir auch im öffentlichen Dienst. Deswegen ändern wir das Bundesgleichstellungsgesetz und das Bundesgremienbesetzungsgesetz mit dem Ziel, auch bei den Unternehmen, in denen der Bund besetzt, mehr Frauen in die Gremien zu entsenden, und mit dem Ziel, auch in der öffentlichen Verwaltung Strukturen zu ändern.

Uns als Unionsfraktion ist wichtig, dass das Thema Familienfreundlichkeit zukünftig eines der Leitbilder im öffentlichen Dienst sein wird. Das stand immer schon im Gesetz, aber sowohl Männer als auch Frauen, die wegen der Erziehung ihrer Kinder eine Zeit lang aus dem Berufsleben aussteigen, haben es schwer. Deshalb ist ein moderner Ansatz von Gleichstellungspolitik, dass sich für beide Geschlechter etwas ändert, wenn sie denn Familienaufgaben wahrnehmen wollen. Deshalb haben wir den Gesichtspunkt der Familienfreundlichkeit in das Gesetz hineinverhandelt. Ich bin meinen Kolleginnen und Kollegen auch aus dem Innenbereich sehr dankbar, denen dies ebenfalls ein großes Anliegen war.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Frau Lay, Sie haben angesprochen, dass verschiedene Sachverständige gesagt hätten, das Gesetz sei verfassungswidrig. Sie haben aber außer Acht gelassen, dass wir im Ausschuss zahlreiche Änderungsanträge eingebracht haben, die die Union in den letzten Tagen ausgehandelt hat.

(Caren Lay [DIE LINKE]: Die aber in der Praxis untauglich sind!)

Sie führen dazu, dass das Gesetz verfassungsgemäß ist, dass es wesentlich weniger bürokratisch ist als noch vor zwei Wochen und dass wir uns auf das Wesentliche konzentrieren, auch im öffentlichen Dienst. Gleichmacherei auf allen Ebenen macht gar keinen Sinn. Wir wollen, dass sich in den Führungspositionen etwas ändert. Wir wollen, dass die Behörden Spielraum haben, um ihre Frauenförderung vorzunehmen. Wir wollen aber nicht mit der Brechstange auf allen Ebenen 50 Prozent Männer und 50 Prozent Frauen durchsetzen. Das würde die Verwaltungen überfordern.

(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Och!)

– Ja, das führt dazu, dass man keine Zeit mehr hat, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Deshalb haben wir diesen Punkt im Gesetz geändert. Dadurch wird das Gesetz weniger bürokratisch. Dadurch wird das Gesetz verfassungsgemäß. Ich bin sehr dankbar, dass wir das in den letzten Tagen noch mit dem Koalitionspartner aushandeln konnten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Insgesamt ist es ein gutes Gesetz, das die Strukturen in den Unternehmen und im öffentlichen Dienst verändern wird. Es wird dazu führen, dass wir mehr Frauen in Führungspositionen bekommen. Es wird dazu führen, dass sich die Mentalität in den Unternehmen und im öffentlichen Dienst ändert. Deshalb ist heute ein guter Tag für Frauen. Ich freue mich ganz besonders auf den Tag, an dem wir diese Gesetze nicht mehr brauchen, weil wir dann die Gleichberechtigung erreicht haben und ebenso viele Frauen in Führungspositionen sind wie Männer.

Herzlichen Dank für die guten Beratungen! Herzlichen Dank an alle, die sich für mehr Frauen in Führungspositionen engagiert haben! Ihre Arbeit ist noch nicht vorbei – da bin ich mir sicher. Wir werden gemeinsam daran arbeiten, dass wir in Deutschland mehr Gleichberechtigung, mehr Frauen in Führungspositionen und ein gutes Miteinander der Geschlechter haben; denn nur so können wir wirtschaftlich international erfolgreich sein.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Das Wort hat die Kollegin Katrin Göring-Eckardt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4701881
Wahlperiode 18
Sitzung 92
Tagesordnungspunkt Gleichberechtigte Teilhabe an Führungspositionen
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