06.03.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 92 / Tagesordnungspunkt 19

Birgit KömpelSPD - Gleichberechtigte Teilhabe an Führungspositionen

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin! Sehr geehrte Frau Ministerin Schwesig! Sehr geehrter Herr Minister Maas! Und Sie sind heute noch nicht genannt worden: Liebe Frau Scherb vom Deutschen LandFrauenverband! Meine Damen und Herren! Der norwegische Wirtschaftsminister Trond Giske sagte zur Einführung der gesetzlichen Frauenquote in seiner Heimat: Brechen wir diese Männerbastion nicht, schaffen wir nie die Gleichberechtigung. – Und es stimmt: Die freiwilligen Selbstverpflichtungen sind auf ganzer Linie gescheitert,

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

aber nicht daran, meine Damen und Herren, dass es nicht genügend qualifizierte Frauen gibt. Die gibt es mehr als genug: besser ausgebildet und besser qualifiziert als ihre männlichen Mitstreiter. In unseren Führungsetagen aber sitzen nur Männer – weil Männer immer noch Männer fördern, weil Netzwerke immer noch männlich dominiert sind. Das bedeutet, meine Damen und Herren: Nicht die Besten gelangen auf die Führungspositionen, sondern nur die am besten vernetzten.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Dr. Silke Launert [CDU/CSU])

Frauen stoßen auf ihrem Weg nach oben noch immer an die gläserne Decke. Die Quote schafft jetzt faire Wettbewerbsbedingungen.

Nun zum Bundesgleichstellungsgesetz. Warum kein reines Frauenförderungsgesetz? Zunächst einmal möchte ich betonen: Der SPD war die Frauenförderung schon immer wichtig und wird es weiterhin sein. Sie ist auch in diesem Gesetz klar verankert.

(Beifall bei der SPD)

Aber wir sind – unsere Ministerin Manuela Schwesig hat es gesagt – für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern. Was bedeutet das? Das heißt, wir wollen Rollendenken aufbrechen, wir wollen die sogenannten Männer- bzw. Frauenberufe neu bewerten, und wir möchten, dass Frauen und Männer sich Familienarbeit partnerschaftlich teilen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Denn bisher ist Frauenarbeit – auch gemäß unserem Rollendenken – fast immer weniger wert. Krankenschwestern und Erzieherinnen, die wahrlich Verantwortung tragen, werden oft viel schlechter bezahlt als die meisten männlichen Werksarbeiter. Das ist schwer zu verstehen, und hier müssen wir ansetzen; denn dann erst gewinnen wir männliche Erzieher und mehr Frauen für unsere Polizei. Das, meine Damen und Herren, ist gerechte Teilhabe im Berufsleben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Aber Gleichberechtigung fordert noch viel mehr: Kindererziehung, Pflege von Angehörigen, das muss gleichermaßen von Frauen und Männern übernommen werden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Bisher leisten diese Arbeit in der Regel eben die Frauen. Das neue Gesetz richtet die Vereinbarkeitsangebote daher ausdrücklich auch an Männer. Diese haben Vereinbarkeitsangebote in der Vergangenheit bisher meist ausgeschlagen, natürlich auch weil sie berufliche Nachteile befürchtet haben.

Und jetzt? Jetzt haben wir ein Benachteiligungsverbot. Wer eine Vereinbarkeitslösung wählt, darf zukünftig nicht mehr benachteiligt werden, nicht bei der Beförderung, nicht bei der Rückkehr in Vollzeit, nicht auf dem Karriereweg. So geht Gleichstellung, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD)

Wir müssen den Mädchen und den jungen Frauen aber auch sagen: Auf geht’s, ihr seid am Zug! Geht euren Weg! Macht Karriere! – Ich habe eine 17-jährige Tochter und bekomme Gänsehaut bei dem Gedanken, dass sie von der Quote profitieren wird.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Sie wird nicht mehr gegen die gläserne Decke stoßen – trotz hervorragender Leistungen.

Noch ein Beispiel. Seit über 20 Jahren arbeite ich in einem Bereich, in dem ich mit Personalentscheidungen zu tun habe. Ich kann aus eigener Erfahrung sagen – frei nach Maggie Thatcher –: Willst du etwas gesagt haben, frag einen Mann. Willst du etwas getan haben, frag eine Frau.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Frauen sorgen nachweislich für mehr Effizienz in Führungsteams. Das beschränkt sich aber nicht darauf, dass Besprechungen und Konferenzen kürzer werden. Gemischte Führungsteams sind auch kreativer und produktiver. Endlich gibt es mal geistreiche Witze, Begeisterung und Inspiration.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Aber auch Top-down verändert sich einiges. Plötzlich gibt es dann familienfreundliche und flexible Arbeitszeiten, Kinderbetreuung, Angebote für Teilzeit- und Telearbeit auch für Männer. Quote sorgt für ein besseres Arbeitsklima. Quote sorgt für eine neue, bessere Unternehmenskultur.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Weil es gerade so perfekt passt, noch ein Beispiel. Mein Büro in Berlin wird in Teilzeit geführt. Ja, Sie haben richtig gehört: Meine Büroleitung arbeitet in Teilzeit. Wir sehen also: Führungspositionen und Teilzeit sind kein Widerspruch, auch im Deutschen Bundestag nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir sehen also: Die Wahrnehmung von Führungspositionen klappt auch in Teilzeit. Darum, meine Herren in der Wirtschaft: Hören Sie auf zu jammern und zu klagen! Die Quote wird kommen. Sie wird keinesfalls schaden, sondern wird vielfachen Nutzen bringen. Sie ist überfällig; denn Sie, meine Herren, hatten Ihre Chance. Diese haben Sie vertan.

(Thomas Oppermann [SPD]: Was? – Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Das Wort hat die Kollegin Susanna Karawanskij für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4701906
Wahlperiode 18
Sitzung 92
Tagesordnungspunkt Gleichberechtigte Teilhabe an Führungspositionen
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