Gudrun ZollnerCDU/CSU - Gleichberechtigte Teilhabe an Führungspositionen
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein denkwürdiger Tag! Nach teils sehr emotional geführten Debatten schließen wir heute ein Kapitel, das vor Jahren aufgeschlagen wurde, aufgeschlagen von vielen Mitstreiterinnen wie Frau Staatsministerin Professor Böhmer und von den vielen Frauen, die heute als Gäste bei uns auf der Tribüne sitzen.
Wir alle kennen inzwischen die Zahlen, wir haben sie oft genug diskutiert. Der Anteil von Frauen in Spitzenpositionen sowohl in der Wirtschaft als auch in der Bundesverwaltung ist immer noch marginal. Sicherlich gab es in den vergangenen Jahren Fortschritte. Lag der Frauenanteil in den Aufsichtsräten der DAX-Konzerne vor vier Jahren bei knapp 14 Prozent, so sind es heute gut 25 Prozent. Betrachtet man alle börsennotierten Unternehmen, ist die Bilanz allerdings ernüchternd. Noch immer sind weniger als 20 Prozent aller Aufsichtsräte von Frauen besetzt. Die Selbstverpflichtung der Wirtschaft aus dem Jahr 2001 ist gescheitert. Wäre dies anders, würden wir heute hier nicht stehen.
Der Erfahrungsbericht zum Bundesgleichstellungsgesetz und der Gremienbericht zum Bundesgremienbesetzungsgesetz zeigen außerdem auf, dass auch in der Bundesverwaltung immer noch Handlungsbedarf besteht. Auch hier gab es zwar in den vergangenen Jahren Fortschritte, aber leider nur in Zeitlupe. Gleichzeitig wissen wir, dass die Zahl der hochqualifizierten Frauen noch nie so hoch war wie heute. Ich möchte aber betonen: Jede Frau soll den für sie richtigen Weg gehen können. Wir müssen nur dafür sorgen, dass für Karrierewege gerechte Chancen bestehen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Über unseren Gesetzentwurf, mit dem wir genau das erreichen wollen, stimmen wir heute ab. Am Ende langer und intensiver Verhandlungen haben wir eine Balance zwischen der Förderung von Frauen und den Interessen der Wirtschaft gefunden. Wir konnten in den Verhandlungen der vergangenen Woche noch einige wesentliche Punkte im Entwurf präzisieren. Klar, der eine wünscht sich mehr, und der andere fordert weniger. Auch ich hätte mir gewünscht und vorstellen können, für bestimmte Branchen noch Ausnahmen in Form einer Härtefallregelung aufzunehmen, was meines Erachtens sinnvoll gewesen wäre.
Schlussendlich steht aber ein Gesetz, mit dem wir zufrieden sein können, ein Gesetz, das die Familienfreundlichkeit insgesamt stärker betont und das vor allem praxistauglich und rechtssicher ist.
Insbesondere hervorheben möchte ich, dass im Bundesgleichstellungsgesetz die von vielen besonders in der Anhörung kritisierte Geschlechteransprache geändert wurde. In Artikel 3 Absatz 2 des Grundgesetzes heißt es:
Es geht also nicht um eine paritätische Besetzung auf allen Ebenen, sondern um die Herstellung echter Chancengleichheit. Frauenförderung ist kein Synonym für Geschlechtergleichmacherei, und Unterrepräsentanz hat nicht automatisch etwas mit Diskriminierung zu tun.
Mit der neugefassten Regelung stellen wir jetzt auf eine strukturelle Benachteiligung ab. Es wird damit deutlich, dass es um Frauenförderung geht und nicht um Männerförderung.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Sichergestellt ist damit außerdem, dass das Gesetz verfassungsgemäß ist. Der CSU war es neben der Frauenförderung besonders wichtig, eine rechtssichere Regelung für privatrechtliche Unternehmen ohne ausufernden Bürokratismus herzustellen; denn nur gemeinsam mit der Wirtschaft wird eine gute Umsetzung gelingen.
Bei der fixen Quote haben wir klargestellt, dass nur ein Mehrheitsbeschluss der Bank der Anteilseigner oder der Bank der Arbeitnehmervertreter der Gesamterfüllung der Quote widersprechen kann. Für mitbestimmungspflichtige oder börsennotierte Unternehmen haben wir die Frist zur Festlegung ihrer Zielquote um drei Monate verlängert, und zwar auf den 30. September 2015. Außerdem müssen die Unternehmen nicht jährlich, sondern erst nach Ablauf der selbst festgesetzten Frist über die Einhaltung der Zielgrößen berichten. Es gibt somit keine Zwischenberichte. Diese Klarstellung reduziert den Bürokratieaufwand für die Wirtschaft erheblich.
Wir haben auch Rechtsunsicherheiten beseitigt. Bei der Feststellung von Zielgrößen für die beiden Führungsebenen zum Beispiel haben die Unternehmen viel Spielraum erhalten und können so passende und angemessene Lösungen finden – ein Mehrwert in Sachen Flexibilität und Rechtssicherheit.
Mit den Vorschriften zu den Europäischen Gesellschaften haben wir zudem eine zukunftsorientierte Lösung für die Konzerne geschaffen. Es ist ja nicht ausgeschlossen, dass eine Quote auch auf europäischer Ebene eingeführt wird.
(Beifall der Abg. Ursula Groden-Kranich [CDU/CSU])
Außerdem haben wir festgelegt, dass bei der Evaluierung des Gesetzes nach drei Jahren die Bürokratiekosten besonders in den Blick genommen werden müssen. Ich bin überzeugt, dass die geforderte Transparenz und die Veröffentlichungspflichten dazu beitragen werden, dass im öffentlich-rechtlichen wie auch im privatrechtlichen Bereich Anstrengungen unternommen werden, die jeweiligen Quoten zu erfüllen. Was gibt es Schlechteres für ein Unternehmen als negative PR?
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Zum Gesetzentwurf der Grünen möchte ich nur Folgendes sagen:
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er ist gut, nicht wahr?)
40 Prozent Frauenquote, wie es die Grünen in ihrem Gesetzentwurf fordern, oder sogar 50 Prozent Frauenquote, wie oft von den Linken gewünscht, gehen über das Ziel hinaus.
(Caren Lay [DIE LINKE]: Warum?)
Es ist Aufgabe des Staates, zu handeln, wenn bestehende Nachteile für ein Geschlecht beseitigt werden müssen; aber es ist nicht Aufgabe des Staates, Parität um jeden Preis zu erzwingen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Caren Lay [DIE LINKE]: Wieso um jeden Preis?)
Es ist richtig, dass die Selbstverpflichtung der Wirtschaft nicht den gewünschten Erfolg gebracht hat.
(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: In Bayern vielleicht!)
Deshalb ist es auch richtig, dass wir jetzt eine gesetzliche Regelung beschließen. Auch unsere Partei, die bayerische CSU, hat eine Frauenquote.
Kollegin Zollner, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung der Kollegin Künast?
Bitte schön.
Danke, Frau Zollner. – Sie haben gerade zu unserem Gesetzentwurf gesagt, es sei nicht Aufgabe des Staates, Parität zu erzwingen. Da würde ich von Ihnen doch gerne wissen, wo Sie in unserem Gesetzentwurf ein solches Erzwingen von Parität sehen.
Ich kann Ihnen sagen, dass wir an dieser Stelle eines immer genau wussten: dass für den öffentlichen Dienst die klassische Parität gar nicht zulässig ist, dass vielmehr zur Beseitigung von strukturellen Nachteilen Frauen bei gleicher Qualifikation bevorzugt einzustellen sind, solange es diese Differenz gibt. Das ist kein Erzwingen von Parität. In dem ganzen Prozess ist mir das Erzwingen von Parität nur im Gesetzentwurf der Koalition untergekommen; die entsprechende Formulierung haben Sie nach Hinweisen bei der Anhörung auf ihre Verfassungswidrigkeit wieder gestrichen.
(Sönke Rix [SPD]: Nicht gestrichen!)
Parität wird auch nicht erreicht, wenn man sagt: Die Mindestquote von 40 Prozent in den Aufsichtsräten der Privatunternehmen gilt für jedes Geschlecht. Sie müssen unserem Gesetzentwurf – vielleicht ist es dafür noch zu früh – nicht folgen. Aber etwas zu behaupten, was nicht drinsteht, gefällt mir auch nicht.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Frau Kollegin Künast, ich habe 40 Prozent nicht mit Parität verwechselt, vielmehr habe ich die 50-Prozent-Parität auf die Linken bezogen. Das ging, glaube ich, aus meinem Satz hervor.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Das war es jetzt?)
Wir wollen eine Quote, die Frauen den Weg ebnet, um künftig auch ohne Gesetz in Spitzenpositionen zu kommen. Unser Ziel muss doch sein, der gläsernen Decke adieu zu sagen, damit sich in den Topetagen eine andere Denkweise etabliert. Aus diesem Grund halten wir eine Quotenvorgabe von 30 Prozent für angemessen und ausreichend.
Nun sind aber auch die Frauen gefragt, dieses Gesetz als Türöffner aktiv zu nutzen. Es geht darum, männliche Monokulturen in den Vorstandsetagen aufzubrechen, und darum, die Unternehmen bzw. Firmen dahin zu bewegen, ihre Rahmenbedingungen, Strukturen und Präsenzzeiten frauen- und familienfreundlicher zu gestalten, Karriereplanung und Familienplanung in Einklang zu bringen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Dies muss das Ziel für die Zukunft sein, und das geht nur mit einem großen Mehr an Frauen und natürlich einem großen Plus an weiblichen Blickwinkeln in den Führungsetagen. Denn eines ist klar: Das Gesetz allein wird kein Allheilmittel sein. Es ist nur ein Baustein von vielen. Wie das fertige Bauwerk zum Schluss aussehen wird, entscheiden die Menschen, entscheidet nicht allein das Gesetz. Veränderungen sind das Ergebnis der Diskussionen um die Quote bzw. der intensiven Auseinandersetzung mit dem Thema.
Unsere Bundesministerin Frau von der Leyen sagte einmal: Eine Frau ist nicht besser oder schlechter, sie ist anders. Dieses Andere etablieren wir hier und heute. Wir liefern den Anstoß für uns, die Unternehmen, die Wirtschaft und natürlich die Frauen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Ich möchte mit einem Zitat von Robert Lembke enden:
Vielleicht ab heute nicht mehr!
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Das Wort hat die Kollegin Dr. Eva Högl für die SPD- Fraktion.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4703850 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 92 |
Tagesordnungspunkt | Gleichberechtigte Teilhabe an Führungspositionen |