06.03.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 92 / Tagesordnungspunkt 19

Paul LehriederCDU/CSU - Gleichberechtigte Teilhabe an Führungspositionen

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Tribüne und an den Fernsehgeräten! Es geht schon mit dem Beginn meiner Rede los: In meinem Konzept stand „Sehr geehrter Herr Präsident“, das habe ich jetzt handschriftlich in „Sehr geehrte Frau Präsidentin“ geändert.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Zurufe von der SPD: Oh!)

Ich darf mich dem Dank an all die engagierten Frauen, die zu dieser Frauenquote beigetragen haben und schon mehrfach erwähnt wurden, ausdrücklich anschließen. Neben Frau Ministerin Schwesig war es insbesondere unsere vom Kollegen Harbarth bereits gelobte Bundeskanzlerin. Ohne Bundeskanzlerin Merkel hätte es diese Quote in dieser Form nicht gegeben. Herzlichen Dank an die Kanzlerin, dass sie sie so engagiert auf den Weg gebracht hat.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Wo ist sie denn?)

Ich darf Ihnen bestätigen, weil ich etwas Unruhe bei meinem Koalitionspartner vernehme: Frau Kanzlerin ist jetzt fast zehn Jahre Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland. Diese zehn Jahre waren gute Jahre für Deutschland.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass wir hiermit ein gutes Best-Practice-Beispiel haben, zu welchen Leistungen Frauen in Führungspositionen fähig sind.

Direkt vor mir sitzt meine Landesgruppenchefin, Frau Gerda Hasselfeldt. Sie führt unsere Landesgruppe absolut tough und souverän.

(Michaela Noll [CDU/CSU]: Richtig!)

Liebe Gerda, herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Volker Kauder [CDU/CSU]: Dann müsst ihr ihr aber immer folgen, gell!)

– Lieber Fraktionsvorsitzender, meistens folgen wir ihr.

Meine Damen und Herren, nach Artikel 3 Absatz 2 unseres Grundgesetzes – die Kollegin Högl hat bereits darauf hingewiesen – sind Männer und Frauen gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung von Nachteilen hin. – Das war die Ausgangslage. Auf dieser Verfassungsnorm basierend haben wir den heute zu verabschiedenden Gesetzentwurf erstellt. Und genau das, meine sehr geehrten Damen und Herren, tun wir mit dem hier vorliegenden Gesetzentwurf zur gleichberechtigten Teilhabe von Frauen und Männern in Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst.

Ja, wir sind bereits in der Vergangenheit dem Verfassungsauftrag zur Gleichberechtigung von Frauen und Männern nachgekommen und haben schon früher auf eine Beseitigung von Nachteilen hingewirkt. Fakt ist aber auch, dass der in den vergangenen Jahren gestiegene Anteil von Frauen in der Arbeitswelt zum großen Teil auch auf die von politischer Seite initiierten Gesetze und Maßnahmen sowie Initiativen von Politik und Wirtschaft zurückzuführen ist. Wir sind auf einem guten Weg, die Erwerbs- und Karrierechancen von Frauen zu verbessern, müssen diesen aber auch sukzessive und konsequent fortsetzen.

Mit dem Zweiten Gleichberechtigungsgesetz von 1994, also vor 21 Jahren, haben wir erstmals die Förderung von Frauen in der Bundesverwaltung in gesetzliche Regelungen gegossen und zudem das Frauenfördergesetz, welches 2001 durch das Bundesgleichstellungsgesetz modernisiert wurde, und das Bundesgremienbesetzungsgesetz auf den Weg gebracht. Im Jahr 2001 hat die Bundesregierung dann mit den Spitzen der Wirtschaft die Vereinbarung getroffen, den Frauenanteil in Führungspositionen in der Wirtschaft signifikant zu erhöhen. 2011 unterzeichneten die DAX-30-Unternehmen auf Initiative der Politik schließlich eine Selbstverpflichtung zur Förderung von Frauen in Führungspositionen. Wir haben zudem – das ist ganz wichtig, und darauf wurde von manchen Vorrednern hingewiesen – mit dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, dem Gesetz zur Förderung von Kindern unter drei Jahren in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege, dem sogenannten Kinderförderungsgesetz, aber auch zahlreichen Unternehmensprogrammen und Initiativen die Rahmenbedingungen für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf geschaffen.

Gerade erst zum 1. Januar 2015 sind mit dem ElterngeldPlus, dem Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf und dem Gesetz zum quantitativen und qualitativen Ausbau der Kindertagesbetreuung zahlreiche weitere familienpolitische Maßnahmen in Kraft getreten, die sowohl die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter verbessern als auch den Unternehmen neue Chancen und Perspektiven bieten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Familienpolitik der unionsgeführten Bundesregierung zeichnet sich dadurch aus, dass sie es den Familien und insbesondere den Frauen mit unseren familienpolitischen Maßnahmen ermöglichen will, familiäre Aufgaben zu übernehmen und gleichzeitig ihre beruflichen Ziele weiterverfolgen zu können. Frau Kollegin Kömpel – ich kenne Sie als nette Kollegin im Ausschuss –, Sie haben vorhin ausgeführt: Der erhöhte Frauenanteil in den Aufsichtsräten wird zu kürzeren Konferenzen und Gremiensitzungen führen. – Wir werden einmal schauen, ob es stimmt. Zwei Minuten später habe ich gemerkt, dass Sie die erste Rednerin waren, die ihre Redezeit erheblich überschritten hat. Wir sollten uns vom Geschlechterkampf verabschieden. Wir können lange reden, Sie können auch lange reden. Wir gucken einmal, wie die Verbesserung der Gremiensitzungen ausschauen wird.

Meine Damen und Herren, all diese Maßnahmen haben ohne Zweifel zu einer Verbesserung der Rahmenbedingungen, einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf, einer höheren Erwerbstätigkeit von Frauen und einem zunehmenden Anteil von Frauen in Führungspositionen beigetragen. Aber es ist auch unsere Aufgabe, die Umsetzung des eingangs angesprochenen verfassungsrechtlichen Schutz- und Förderauftrags den sich stetig ändernden Rahmenbedingungen anzupassen und an den jeweiligen Herausforderungen unserer Zeit auszurichten. Dazu gehört, dass wir unsere bisherigen Maßnahmen überprüfen. Hier müssen wir feststellen, dass die bisherigen Initiativen zwar einen großen Beitrag zur Verbesserung der Karrierechancen von Frauen geleistet haben, jedoch eine Erhöhung des Frauenanteils an Führungspositionen bislang nicht in dem signifikanten Ausmaß erreicht werden konnte, wie wir uns dies gewünscht hätten. Aufgrund der Tatsache, dass die Frauen in unserem Land so hochqualifiziert und gut ausgebildet sind wie nie zuvor, jedoch in den Führungsetagen der Unternehmen und der Bundesverwaltung nicht in gleichem Maße repräsentiert sind, ist nunmehr eine gesetzliche Regelung notwendig geworden.

Trotz stetig steigender Frauenerwerbsbeteiligung und zunehmender Qualifikation von Frauen liegt der Frauenanteil in den Aufsichtsräten der 200 umsatzstärksten Unternehmen derzeit bei lediglich 15 Prozent. In den 30 DAX-Unternehmen ist nur etwa jeder fünfte Aufsichtsratsposten mit einer Frau besetzt. Im öffentlichen Dienst liegt der Anteil der Frauen auf der ersten Führungsebene bei nur etwa 38 Prozent und der Frauenanteil an Führungspositionen in den obersten Bundesbehörden bei lediglich 27 Prozent. In Gremien, die der Bund vollständig oder teilweise besetzt, beläuft sich der Anteil von Frauen auf lediglich 25 Prozent.

Frauen nehmen aber mit fast 50 Prozent nicht nur gleichberechtigt am Arbeitsleben teil, sondern machen auch häufiger Abitur als Männer, beginnen häufiger ein Studium und schließen dies auch häufiger und erfolgreicher ab. Jeder zweite Absolvent des Studiums der Betriebswirtschaftslehre ist weiblich, und die Top-Staatsexamina des Studiums der Rechtswissenschaften stammen ebenso von Frauen. Ich hoffe, es gelingt uns – gestern gab es dazu Medienberichte –, auch den Eltern das Bewusstsein zu vermitteln, dass man nicht nur den Söhnen ein Studium eines MINT-Fachs, ein naturwissenschaftliches Studium zutrauen kann, sondern auch den Töchtern, dass man also die Förderung der Männer in gleicher Weise auf die Frauen übertragen kann. Ich glaube, das würde unserer Wirtschaft und unserer Industrie sehr guttun. Nicht nur aufgrund des demografischen Wandels können und dürfen wir auf diese enormen Potenziale künftig nicht mehr verzichten. Die Zahlen zeigen, dass das bestehende Ungleichgewicht bei der Besetzung von Führungspositionen nicht mit Qualifikationsunterschieden zu rechtfertigen ist.

Meine Damen und Herren, es wurde von den Vorrednern sehr viel Sinnstiftendes dazu gesagt. Wir hatten am 23. Februar eine über dreieinhalbstündige Anhörung des Familienausschusses und des Rechtsausschusses. Ich darf mich bei den Kollegen des Rechtsausschusses für die konstruktive Arbeit an dem Gesetzentwurf bedanken. Ich darf mich bei der Ministerin und der Bundeskanzlerin bedanken. Frau Bundeskanzlerin, ich habe Sie vorhin in Abwesenheit gelobt.

(Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin: Danke schön!)

Ohne Sie gäbe es dieses tolle Gesetz nicht.

(Beifall bei der CDU/CSU – Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

Sie haben es mit verfochten. Sie sind eine der Mütter des Gleichstellungsgesetzes. Herzlichen Dank!

Frau Kömpel, ich habe es geschafft: Ich habe meine Redezeit um keine einzige Sekunde überschritten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Birgit Kömpel [SPD]: Ganz toll!)

Die Kollegin Christina Jantz hat für die SPD-Fraktion das Wort.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4703858
Wahlperiode 18
Sitzung 92
Tagesordnungspunkt Gleichberechtigte Teilhabe an Führungspositionen
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