Andreas SchwarzSPD - Schienenpersonenfernverkehr
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Güntzler, wir werden uns dann gleich am Hauptbahnhof Berlin sehen, wie wir das schon öfter am Freitag erlebt haben.
Was für ein schönes Thema, mit dem wir diese Sitzungswoche beenden dürfen.
(Peter Meiwald [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist noch kein Feierabend!)
Denn – Sie haben es gerade mitbekommen – auch ich bin bekennender Bahnfahrer. Wenn ich nach Berlin komme, dann stets mit der Bahn von Bamberg nach Berlin in gut vier Stunden; mit dem Flugzeug wäre ich, von Haustür zu Haustür gerechnet, auch nicht schneller.
Die Bahnfahrt hat natürlich auch Vorteile; das haben wir heute hier gehört. Bahnfahren ist leiser, komfortabler, vielfältiger und auch deutlich umweltfreundlicher. Der Energieverbrauch ist vergleichsweise niedrig, und zumindest für die Personenzüge gilt, dass auch der Emissionsschutz gegeben ist; beim Güterverkehr ist das leider noch nicht ganz gelungen.
Aber die Bahn ist nicht nur umweltfreundlich und komfortabel, sondern auch ein wunderbarer Ort, um in Ruhe zu arbeiten, Akten zu wälzen und sich intensiv mit Anträgen der Linken zu befassen. Wenn die Bürgerinnen und Bürger Ihren Antrag lesen würden, dann würden sicherlich viele auf den ersten Blick sagen: Jawohl, das machen wir; tolle Idee! Das klingt doch alles prima.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Sabine Leidig [DIE LINKE]: Das ist auch prima! Das klingt nicht nur so!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Linken, als Finanzpolitiker – diese Brille muss ich jetzt hier aufsetzen – schaue ich Ihren Antrag natürlich etwas anders an, und leider muss ich Ihnen einen gewaltigen Schluck Wasser in das schöne Glas Wein gießen.
Ganz zu Beginn möchte ich etwas zur Begründung Ihres Antrages sagen, bezogen auf etwas, wovon wir alle in diesem Hohen Haus wegkommen sollten. Je nach politischer Großwetterlage und je nachdem, wie es in die Argumentation passt, bedienen wir uns bei verschiedensten Debatten internationaler Steuersätze: Mal ziehen wir sie zum Vergleich heran, eine Debatte später kritisieren wir die Unterschiedlichkeit in Europa. Unterm Strich kann man eins festhalten: Es schafft weder Vertrauen, noch ist es sonderlich glaubwürdig, was hier zum Teil gemacht wird.
Wenn Sie die deutschen Mehrwertsteuersätze mit denen von Großbritannien, Irland oder Luxemburg vergleichen wollen und jene auch noch als vorbildlich darstellen, dann sollten Sie offen und ehrlich auch benennen, welche Konsequenzen solche Mehrwertsteuersätze für die Einnahmesituation im Bund, in den Ländern und vor allen Dingen in den Kommunen hätten. Diese partizipieren nämlich alle an den Einnahmen aus der Mehrwertsteuer. Sie als Linke sind ja in einigen Ländern in Regierungsverantwortung, und auch in vielen Kommunen gestalten Sie mit. Mein Rat: In der Argumentation mit Mehrwertsteuersätzen sollte man allerhöchste Vorsicht walten lassen. Fragen Sie einmal die Kolleginnen und Kollegen von der FDP!
(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)
Was spricht eigentlich gegen Ihre Forderung, ab dem 1. Juli 2015 einen reduzierten Mehrwertsteuersatz für den Schienenfernverkehr einzuführen? Einige Anmerkungen hierzu: Ein verringerter Mehrwertsteuersatz suggeriert nach außen erst einmal sinkende Fahrpreise. Sie spielen mit dieser Fata Morgana in Ihrer Antragsbegründung. Ich sage Ihnen aber, dass das nicht funktioniert. Dadurch mag zwar die Rentabilität geringfügig steigen; davon wird aber bei den Bahnfahrerinnen und Bahnfahrern in unserem Land nichts ankommen.
(Kirsten Lühmann [SPD]: Genau!)
Dieses Argument war schon beim Geschenk der FDP an die Mövenpicks dieser Welt falsch und wird hier und heute nicht richtiger. Wie schwer es ist, solche Fehlentscheidungen rückgängig zu machen, wissen natürlich auch Sie. In der Realität erzeugen Sie keine Entlastung im Geldbeutel der Menschen dieses Landes, sondern lediglich eine Entlastung der Konzernbilanz der Deutschen Bahn. Steuerrabatte werden von Unternehmen einbehalten und nicht an die Kunden weitergegeben.
Ich empfehle dazu einen ernsthaften Blick in die gutgemeinte Petition 8201 aus der letzten Legislaturperiode zum gleichen Thema. In der Antwort des Petitionsausschusses wird ganz klar aufgezeigt, dass die Welt eben nicht so einfach ist, wie es sich hier einige offenbar vorstellen. Denn auch das EU-Recht macht einen isolierten Mehrwertsteuerrabatt für den Schienenverkehr faktisch unmöglich. Sie würden nämlich gegen die Diskriminierungsfreiheit verstoßen. Würden wir diesem Antrag also hier zustimmen, müssten wir den Mehrwertsteuersatz folglich auch für alle anderen Verkehrsträger absenken, also auch für Fernbusse und Taxis, aber auch für den Flugverkehr im Inland. Damit wäre Ihr Antrag ja letztendlich ad absurdum geführt.
In der Begründung des Petitionsausschusses heißt es daher: Die isolierte Absenkung des Umsatzsteuersatzes nur für den Schienenverkehr ist unzulässig. – Ihr Antrag würde außerdem einen Ausfall von circa 1,1 Milliarden Euro an Steuergeldern bedeuten. Weder eine positive umweltpolitische noch eine positive verkehrspolitische Lenkung wären gegeben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linken, wir lehnen Ihren Antrag demnach aus mindestens drei Gründen ab: Erstens. Ihr Antrag verbessert nur Konzernbilanzen. Zweitens. Ihr Antrag bedeutet keine Verbesserung für die Menschen und deren Geldbeutel. Drittens. Ihr Antrag brächte eher Schaden als Nutzen für Natur und Umwelt.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der Kollege Michael Donth, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Andreas Rimkus [SPD])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4704519 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 92 |
Tagesordnungspunkt | Schienenpersonenfernverkehr |