Ulla Schmidt - Aktuelle Stunde/ Vorratsdatenspeicherung
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Man muss den Grünen ausdrücklich dankbar sein, dass sie diese Aktuelle Stunde beantragt haben,
(Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
damit wir mit ein paar Falschinformationen aufräumen können
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das ist jetzt auch nötig!)
und ein paar Informationen zum Thema Vorratsdatenspeicherung geben können.
Schon der Titel „Pläne der Bundesregierung für einen nationalen Alleingang bei der Vorratsdatenspeicherung“ ist mehr Irreführung als Aufklärung, weil es, wenn über 20 EU-Staaten Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung haben, schon sehr sportlich ist, von einem nationalen Alleingang zu sprechen, um nicht zu sagen, eine falsche Information ist, und das ist die erste, die wir hier beseitigen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Christine Lambrecht [SPD])
Warum, verehrte Kolleginnen und Kollegen, sind wir für die Vorratsdatenspeicherung und halten wir dieses Instrument für die Aufklärung schwerer und schwerster Straftaten für notwendig? Nicht weil wir Obsessionen haben,
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Total!)
sondern, weil wir das, was uns alle Sicherheitsbehörden, alle Polizistinnen und Polizisten, alle Ermittler sagen und raten, ernst nehmen. Wir in der Union nehmen ernst, was uns die Polizei und die Ermittlungsbehörden raten.
(Beifall bei der CDU/CSU – Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Mehr Personal! – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie betreiben Populismus und nichts anderes!)
Im Übrigen kenne ich auch keinen SPD-Innenminister, der gegen die Vorratsdatenspeicherung ist. Alle SPD- Innenminister – die amtierenden, der ehemalige SPD-Bundesinnenminister –, alle, die etwas von der Sache verstehen, sind für die Vorratsdatenspeicherung, und das ist richtig, weil uns das die Experten auch so raten.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, das ist falsch!)
Wie ist denn die Lage heute, was die Verbindungsdaten angeht? Ein Wildwuchs. Das eine Telekommunikationsunternehmen speichert die Daten, das andere Telekommunikationsunternehmen speichert die Daten nicht. Bei dem einen Kunden werden die Daten gespeichert, bei dem anderen Kunden werden die Daten nicht gespeichert.
Es wäre doch einmal ein Beitrag, diese Daten „safe“ zu machen: Für alle Telekommunikationsunternehmen,
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das glauben Sie doch selbst nicht!)
für alle Kunden gelten die gleichen Regeln.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach!)
Die Daten werden für einen bestimmten Zeitraum gespeichert. Wir regeln auch, wo die Daten gespeichert werden – es ist ein Unterschied, ob der Server in Deutschland steht oder auf den Cayman-Inseln oder in Indonesien –, und das sollten wir einheitlich regeln. Die Daten werden einheitlich bei allen Unternehmen für eine gewisse Zeit gespeichert, und dann werden sie auch bei allen Unternehmen zum gleichen Zeitpunkt endgültig gelöscht.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auf den Cayman-Inseln! Das ist ja total interessant!)
Wir wollen Datensicherheit in diesem Bereich gewährleisten. Deswegen werden wir auch in diesem Bereich zu einer Regelung kommen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ganz im Ernst, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen und den Linken: Wenn uns die Fachleute im Edathy-Untersuchungsausschuss sagen, dass diejenigen, die Kinderpornografie nutzen, ganz genau wissen, zu welchem Telekommunikationsanbieter sie gehen müssen, damit ihre Daten nicht gespeichert werden, und wir nichts dagegen unternehmen, dann schützen wir die Falschen. Deswegen werden wir das auch beenden.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ein weiterer Punkt ist: Was passiert dann mit diesen Daten? Ich möchte Ihnen ehrlich sagen, Frau Göring-Eckardt: Von einer Totalüberwachung zu sprechen,
(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ohne Anlass! – Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ohne Verdacht!)
ist wirklich perfide; damit spielt man mit den Ängsten der Bürgerinnen und Bürger. Um was geht es denn hier?
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ohne Anlass! Das Bundesverfassungsgericht hat Ihnen das gesagt! Der EuGH hat es für verfassungswidrig erklärt! Nehmen Sie das einfach einmal zur Kenntnis!)
– Jetzt bleiben Sie doch mal ganz ruhig, und hören Sie einen Moment zu!
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sollten die Richter einmal zur Kenntnis nehmen! Das ist verfassungswidrig!)
Es geht darum, dass Dauer, Zeit, Rufnummer und IP- Adressen gespeichert werden. Es geht nicht darum, dass Inhalte gespeichert werden. Nicht einmal bei den Grünen regt sich jemand darüber auf, dass zur Aufklärung schwerer und schwerster Straftaten Telefongespräche nach einem Richtervorbehalt abgehört werden dürfen.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, das ist aber auch eine Einzelmaßnahme, Herr Strobl! Hallo? Jura, erstes Semester! – Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie einmal die Verfassung zur Kenntnis genommen, Herr Strobl?)
Das geschieht in der Bundesrepublik Deutschland selbstverständlich. Hier geht es aber um deutlich weniger. Es geht nicht um die Inhalte der Gespräche, sondern lediglich um die Verbindungsdaten: Wer hat wann mit wem kommuniziert? – Wenn Sie sagen, dass es auf der einen Seite in Ordnung ist, dass man Gespräche abhört, aber auf der anderen Seite sagen,
(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Strobl, Sie haben doch keine Ahnung! – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Bundesverfassungsgericht sagt das, Herr Strobl! Wir haben uns das nicht ausgedacht!)
wir dürften nicht auf Verbindungsdaten zugreifen, dann fehlt dem jede Logik.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ehrlich gesagt, Frau Göring-Eckardt, auf Paris zu rekurrieren und zu sagen, dass die Vorratsdatenspeicherung den Anschlag, die schrecklichen Morde nicht verhindert hat, ist, mit Verlaub gesagt, perfide.
(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil nicht genügend Polizei da war!)
Niemand hat behauptet, dass die Vorratsdatenspeicherung ein Allheilmittel ist.
(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist überhaupt kein Mittel! – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ein untauglicher Versuch!)
Gerade Paris ist ein gutes Beispiel dafür, dass durch die Vorratsdatenspeicherung Dinge aufgeklärt werden konnten, dass das terroristische Umfeld aufgeklärt werden konnte, dass Netzwerke aufgeklärt werden konnten und dass dadurch möglicherweise weitere Anschläge verhindert werden konnten. Das ist ein gutes Beispiel dafür, dass die Vorratsdatenspeicherung hilfreich ist.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Eine letzte Bemerkung: Es sind doch nicht unsere Polizistinnen und Polizisten, es sind doch nicht unsere Sicherheitsbehörden in Deutschland, die die Freiheit bedrohen, sondern es sind die Terroristen, die organisierte Kriminalität, die Kinderpornografie.
(Bettina Hagedorn [SPD]: Deswegen wollen wir ja mehr Polizei, Herr Strobl! – Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Das ist nicht zum Aushalten! – Weitere Zurufe von der LINKEN)
Das bedroht uns. Wir sollten denjenigen, die unsere Freiheit schützen, auch die Instrumente an die Hand geben, dass sie ihre Arbeit machen können.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Jetzt hat die Kollegin Petra Pau überwiegend das Wort.
(Beifall bei der LINKEN – Bettina Hagedorn [SPD]: Er ist trotzdem nichts geworden in Ba- Wü! – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist das! – Zurufe von der CDU/CSU)
– Dürfen wir uns darauf verständigen, dass jetzt die Kollegin Pau das Wort hat, Ihr Einverständnis vorausgesetzt? – Danke schön.
Bitte schön, Frau Kollegin Pau.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4769653 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 93 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde/ Vorratsdatenspeicherung |