18.03.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 93 / Zusatzpunkt 1

Tim OstermannCDU/CSU - Aktuelle Stunde/ Vorratsdatenspeicherung

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Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zu Beginn meiner Rede sagen: Diejenigen Redner, die sich in der Debatte vehement gegen die Vorratsdatenspeicherung gewandt haben,

(Frank Tempel [DIE LINKE]: Sind für Terrorismus!)

gehen offenbar von einer Grundannahme aus, die wir nicht teilen können. Diese Redner sehen den Staat als potenziellen Gefährder, als ein Subjekt, vor dem man die Bürger schützen muss, ein Subjekt, das die Bürger ausspäht. Ich sage deutlich: Dieses Verständnis steht unserem Verständnis diametral entgegen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Frank Tempel [DIE LINKE]: Dann hospitieren Sie mal beim NSA-Untersuchungsausschuss!)

Denn nicht der Staat ist derjenige, vor dem die Bürger Angst haben müssen. Nein, es sind die Terroristen, die Waffenhändler, die Drogenkartelle und die Kinderpornoringe dieser Welt. Hiervor müssen wir unsere Bürger schützen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es ist der Staat, der die Pflicht hat, zum Schutz und an der Seite der Bürger alle Mittel zu ergreifen, die sinnvoll und mit unseren rechtsstaatlichen Prinzipien vereinbar sind.

(Frank Tempel [DIE LINKE]: Der Satz war richtig!)

Zu diesen Mitteln gehört auch die Vorratsdatenspeicherung.

(Frank Tempel [DIE LINKE]: Der Satz ist falsch!)

Niemand behauptet, dass es sich dabei um ein Allheilmittel handelt. Die Vorratsdatenspeicherung ist nicht die eierlegende Wollmilchsau.

(Beifall des Abg. Christian Flisek [SPD] – Frank Tempel [DIE LINKE]: Der Satz ist richtig!)

Ich kenne keinen, der behauptet, dass sie es wäre. Aber die Vorratsdatenspeicherung ist in viel zu vielen Fällen das einzige Instrument, das einen Ermittlungserfolg verspricht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: So ist das!)

Dazu ein Beispiel aus der Praxis. Gelegentlich gelingt es Ermittlungsbehörden auf der ganzen Welt, Kinderpornoringe auszuheben.

(Frank Tempel [DIE LINKE]: Das Beispiel hatten wir heute schon!)

Wir reden hier von sichergestelltem Material, für das Kinder auf bestialische, kaum vorstellbare Weise gequält worden sind. Die ermittelten Internetverbindungsdaten stellen die Behörden dann anderen Staaten zur Verfügung. Die meisten anderen Länder können mit diesen Daten bis zu 90 Prozent der Verdächtigen überführen.

(Frank Tempel [DIE LINKE]: Wie lange konnten sie diese Daten speichern?)

In Deutschland sind es regelmäßig nur 10 bis 20 Prozent. In einem aktuellen Fall konnte von 400 Verdächtigen nur eine Zahl von knapp 80 Personen tatsächlich ermittelt werden.

(Frank Tempel [DIE LINKE]: Aus welchem Zeitraum?)

320 Tatverdächtige konnten nicht behelligt werden,

(Frank Tempel [DIE LINKE]: Schwachsinn!)

in der Hauptsache deshalb nicht, weil es in Deutschland derzeit keine Vorratsdatenspeicherung gibt. Das ist nicht hinzunehmen, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall bei der CDU/CSU – Frank Tempel [DIE LINKE]: Dann müsste man unbegrenzt speichern! Wollen Sie das?)

Und nein, die Vorratsdatenspeicherung bringt keine Generalüberwachung unschuldiger Bürger mit sich. Der Zugriff erfolgt nur im Einzelfall – bei einem konkreten Verdacht – und nach richterlicher Anordnung. Ich habe den Eindruck, dass viele Gegner eine sehr selektive Wahrnehmung haben. Die Banken beispielsweise müssen sämtliche Kontostammdaten speichern. Der Staat darf hierauf Zugriff nehmen. Daran stört sich kaum einer der Gegner. Das hat schon etwas mit Doppelmoral zu tun.

(Beifall bei der CDU/CSU – Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Sie sind wahrscheinlich auch für eine bundesweite DNA-Datenbank!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, noch einmal zur Erinnerung: Das Bundesverfassungsgericht hat die Vorratsdatenspeicherung nicht per se für verfassungswidrig erklärt. Dies gilt allein für die konkrete damalige Regelung. Die Auffassung des Gerichts kann man wie folgt zusammenfassen: Zulässig und sinnvoll, aber nicht so. – Das gilt im Übrigen auch für die Entscheidung des EuGH. Dankenswerterweise hat das Gericht gleich auch konkrete Leitplanken für eine verfassungskonforme Umsetzung mitgeliefert. Damit steht für uns fest: Bei Einhaltung dieser Vorgaben kann die Vorratsdatenspeicherung so geregelt werden, dass sie vor dem Verfassungsgericht Bestand hat.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, für das in dieser Debatte angesprochene Verhältnis von Sicherheit und Freiheit gilt auch heute noch ein Ausspruch von Wilhelm von Humboldt. Er hat bereits im 19. Jahrhundert gesagt:

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4769810
Wahlperiode 18
Sitzung 93
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde/ Vorratsdatenspeicherung
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