19.03.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 94 / Tagesordnungspunkt 7

Johannes FechnerSPD - Empfehlungen des NSU-Untersuchungsausschusses

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Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! 14 Jahre lang konnten die Mitglieder des NSU unterstützt von einem Netzwerk von Gleichgesinnten brutale Verbrechen begehen. Diese rechtsextremistischen Terroristen verübten zehn Morde, einen Mordversuch, einen Sprengstoffanschlag mit lebensgefährlich verletzten Menschen in Köln und brutale Raubüberfälle. Dass diese brutale Mordserie nicht gestoppt werden konnte, hängt auch damit zusammen, dass aufseiten der Sicherheitsbehörden massive Fehler passiert sind. Der NSU-Untersuchungsausschuss hat mangelnden Informationsaustausch der Ermittlungsbehörden, Kompetenzstreitigkeiten und auch direkte Fehleinschätzungen klar festgestellt.

Wenn man aus Baden-Württemberg die Nachricht hört, dass bei einer kriminaltechnischen Untersuchung eines Autos übersehen wurde, dass dort eine Waffe, eine Machete und Autoschlüssel lagen, dann hofft man doch, falls diese Medienberichte stimmen, dass diese seltsamen Ermittlungspannen endlich zu Ende sind. Aber das nur am Rande.

Parteiübergreifend wurden im Untersuchungsausschuss nicht nur sehr sorgfältig die Fehler und Versäumnisse analysiert. Vielmehr wurde eine detaillierte Liste erstellt, welche Konsequenzen von der Politik zu ziehen sind, um solche schrecklichen Verbrechen zukünftig zu verhindern. Genau diese Empfehlungen gehen wir mit diesem Gesetzesentwurf an.

Eine wichtige Empfehlung war, die Zuständigkeiten des Generalbundesanwaltes klarer zu gestalten und auszuweiten. So kann der Generalbundesanwalt nach dem Gesetzentwurf, den wir vorlegen, bereits bei objektiv staatsfeindlichem Charakter einer Tat die Verfolgung übernehmen. Eine entsprechende Zielsetzung der Tat selbst ist für die Aufnahme von Ermittlungen durch den Generalbundesanwalt nicht mehr erforderlich. Die Zuständigkeit des Generalbundesanwaltes kann zukünftig auch durch den länderübergreifenden Charakter der Tat begründet werden.

Schließlich hat der Untersuchungsausschuss festgestellt, dass die Staatsanwaltschaften, die mit den Ermittlungen betraut waren, dem Generalbundesanwalt eben nicht Informationen und Akten übersandt hatten, anhand derer er seine Zuständigkeit hätte überprüfen können. Deshalb wird nun ausdrücklich geregelt, dass die Staatsanwaltschaften Vorgänge, die Anlass zur Prüfung einer Übernahme durch den Generalbundesanwalt geben, an diesen unverzüglich übersenden müssen. Das alles sind wichtige Änderungen, die wir umsetzen müssen, wenn wir verhindern wollen, dass solche Terrorserien in Deutschland möglich sind.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Der Untersuchungsausschuss hat ferner einstimmig festgehalten, dass in allen Fällen von Gewaltkriminalität, die einen rassistisch oder politisch motivierten Hintergrund haben können, dies nachvollziehbar dokumentiert werden muss. Polizei und Staatsanwaltschaft seien zu verpflichten, ein solches Motiv für die Tat angemessen zu berücksichtigen. Diese einstimmige Forderung, die Prüfung und Ahndung von rassistisch motivierter Gewaltkriminalität zu verbessern, ist Ziel dieses Gesetzentwurfs. Wir wollen in § 46 des Strafgesetzbuchs ausdrücklich regeln, dass rassistische, fremdenfeindliche oder sonstige menschenverachtende Tatmotivationen schärfer bestraft werden können. Das ist ein klares Zeichen gegenüber all jenen Gewalttätern, die meinen, Minderheiten oder Menschen anderen Glaubens, anderer Hautfarbe oder anderer Herkunft Gewalt antun zu können. Das können wir nicht dulden. Dieses Gesetz ist ein ganz klares Zeichen dagegen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Begeisterung hält sich in Grenzen!)

Sicher, schon bisher konnten Richter und Staatsanwälte rassistische Tatmotivationen in die Bemessung des Strafmaßes strafschärfend einbeziehen. Aber die ausdrückliche Nennung verdeutlicht nun die Rechtslage. Deswegen ist es sinnvoll, dass wir diese Motivation ausdrücklich ins Gesetz schreiben. So haben es in der Sachverständigenanhörung auch Herr Wehowsky, Bundesanwalt beim BGH, und Generalstaatsanwalt Konrad gesagt.

Ausdrücklich erwähnen möchte ich in diesem Zusammenhang, auch wenn es nicht direkt mit dem Gesetzentwurf zu tun hat, dass jüngst der RiStBV-Ausschuss Änderungen genau in diesem Sinne beschlossen hat. Ermittlungen sollen sich auch auf rassistische, fremdenfeindliche oder menschenverachtende Beweggründe erstrecken. Zudem wird es zukünftig in der entsprechenden Regelung heißen, dass ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung dann vorliegt, wenn ein Täter mit rassistischen, fremdenfeindlichen oder sonstigen menschenverachtenden Beweggründen handelt.

Ich glaube, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, mit diesem Gesetzentwurf ziehen wir die richtigen Konsequenzen aus der brutalen Mordserie des NSU und zeigen, dass wir rassistische Gewalttaten nicht dulden und alle rassistisch motivierten Gewalttäter eine harte Strafe erwartet. Das ist erforderlich. Deswegen verabschieden wir diesen Gesetzentwurf.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Für die Fraktion Die Linke hat die Kollegin Halina Wawzyniak das Wort.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4775019
Wahlperiode 18
Sitzung 94
Tagesordnungspunkt Empfehlungen des NSU-Untersuchungsausschusses
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