19.03.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 94 / Tagesordnungspunkt 8

Gudrun ZollnerCDU/CSU - Teilhabe von Kindern von Alleinerziehenden

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Besucher auf der Tribüne! In die meisten Themen, über die wir Abgeordnete hier im Plenum reden, müssen wir uns einarbeiten, Informationen sammeln, abwägen und uns eine Meinung bilden. Beim Thema Alleinerziehende brauche ich das nicht zu tun; denn ich bin Alleinerziehende. Ich spreche aus eigener Erfahrung. Ich habe die Höhen und Tiefen selbst durchlebt. Ich kenne die Sorgen, Nöte und Ängste, die man hat, wenn man zwei Kinder ab einem Alter von sechs und sieben Jahren ohne Partner großziehen muss. Heute sind meine Söhne 23 und 24 Jahre alt, und ich bin stolz auf sie.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Ein bisschen stolz bin ich dabei auch auf mich; denn es war für mich wirklich alles andere als leicht, zwei kleine Jungs großzuziehen. Zur eigenen ersten Ohnmacht, auf einmal wieder allein zu sein, kommt der Druck, alles richtig machen zu wollen; denn die Kinder sollen nicht auch unter der Situation leiden müssen. Damit aber nicht genug: Auch finanziell ändert sich im Leben alles schlagartig. Während man vorher noch zu zweit für den Lebensunterhalt gesorgt hat, fällt dann meist das größere Einkommen weg. Die Kosten für Miete, Versicherung und Auto bleiben aber gleich. Man muss nicht BWL studiert haben, um zu wissen, dass es eng wird.

Die nächste Herausforderung ist, einen gut bezahlten Job zu finden – eine fast unlösbare Aufgabe. In jedem Vorstellungsgespräch hört man die Frage: Was machen Sie, wenn Ihre Kinder mal krank sind? – Meist bleibt nur eine Teilzeitbeschäftigung, von der man seine kleine Familie nur schwer über Wasser halten kann. Enorm hilft hier der Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz – den wir jetzt Gott sei Dank haben – ab dem ersten Lebensjahr. Auch die rund 100 Millionen Euro extra, die im Nachtragshaushalt 2015 für die Kindertagesstätten vorgesehen sind und mit denen ganz besonders die längeren Öffnungszeiten abgedeckt werden sollen, ist speziell für die berufstätigen Alleinerziehenden eine große Unterstützung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Das ist ein Schritt – von vielen – in die richtige Richtung für Väter und Mütter, die ihre Kinder allein erziehen, auf dem Weg zu einem selbstbestimmten Leben. 70 Prozent von ihnen sind erwerbstätig, 45 Prozent in Vollzeit. Trotzdem sind sie immer an der Schwelle zum Existenzminimum. Jedes zweite Kind ist auf Grundsicherung angewiesen. Ich spreche hier und heute für die 1,6 Millionen Einelternfamilien in Deutschland. Ich spreche ganz bewusst von Einelternfamilien; denn auch Alleinerziehende mit ihren 2,2 Millionen minderjährigen Kindern sind Familie,

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie der Abg. Beate Walter-Rosenheimer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

ein Familienmodell übrigens, das in unserer Gesellschaft zunehmend häufiger wird: Jede fünfte Familie ist heute eine Einelternfamilie, Tendenz steigend.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, mehr Hilfen für Alleinerziehende hat die CSU bereits vor der Bundestagswahl 2013 gefordert. Dies ist eine Herzensangelegenheit von mir und meiner Partei. Ich danke besonders meiner Landesgruppenvorsitzenden Gerda Hasselfeldt, dass sie sich dafür einsetzt. Im Koalitionsvertrag haben wir deshalb auch eine Entlastung vereinbart. Die steuerliche Entlastung für Alleinerziehende beträgt seit der Einführung zum 1. Januar 2004, also vor elf Jahren, unverändert 1 308 Euro. Gerade dieser Entlastungsbetrag in der Steuerklasse II kommt direkt bei den alleinerziehenden Vätern und Müttern an.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wir müssen jetzt ohne Schaum vor dem Mund, ruhig und kollegial über die Differenzen sprechen – und bitte keine ideologischen Attacken, welche Partei welches Familienmodell angeblich favorisiert.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir wissen alle, dass Alleinerziehende Enormes leisten und dass sie unsere besondere Unterstützung und Wertschätzung brauchen. Denken wir auch an die 2,2 Millionen minderjährigen Kinder, die es verdient haben, ein unbeschwertes Leben führen zu dürfen, und denen wir einen guten Start ins Leben sichern müssen. Deshalb werden die Koalitionspartner in ihren zuständigen Ministerien die Haushaltspläne nochmals sichten und gemeinsam weitere Gespräche führen. Ich bin mir sicher, dass wir eine gute Lösung finden werden.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Vielen Dank. – Das Wort hat jetzt Stefan Schwartze, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4775274
Wahlperiode 18
Sitzung 94
Tagesordnungspunkt Teilhabe von Kindern von Alleinerziehenden
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