Martin BurkertSPD - Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir sind uns hier im Haus einig, dass wir die Züge schneller aufs Gleis bringen müssen – da gibt es Konsens –, weil wir es uns schlichtweg nicht mehr leisten können, dass Züge direkt von der Fabrik aufs Abstellgleis fahren. Deswegen ist es gut, dass wir heute hier die erste Lesung dieses Gesetzentwurfs haben.
Von der Bestellung bis zur Auslieferung eines Zuges vergingen in Deutschland in der Vergangenheit vier Jahre; zwei Jahre davon dauerte allein der Zulassungsprozess. Wenn sie ins Ausland gingen, dann waren diese Zeiten noch länger. Das müssen wir ändern, weil die langen Wartezeiten erhebliche negative Folgen für die Fahrgäste haben – das haben wir schon gehört –, aber auch die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes negativ beeinflussen und den Wirtschaftsstandort Deutschland damit nicht voranbringen.
Bislang – auch das alles haben wir schon gehört – oblag es allein dem Eisenbahn-Bundesamt – abgekürzt: dem EBA –, für die neu entwickelten Züge die Zulassung und Inbetriebnahmegenehmigung zu erteilen. Im Eisenbahn-Bundesamt sitzen die Leute, die den nötigen Sachverstand und die Erfahrung haben, um unser hohes Sicherheitsniveau im Bahnverkehr zu gewährleisten.
(Sabine Leidig [DIE LINKE]: Wollen wir mal sehen, wie lange noch!)
Diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben unser großes Lob verdient, meine lieben Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Ich muss noch eines sagen: Ob die Probleme, die es in der Vergangenheit bei den Nahverkehrszügen gab, zum Beispiel beim Talent 2, wie in meiner Heimatstadt Nürnberg, oder beim ICE 3, immer durch das Eisenbahn- Bundesamt verursacht wurden, kann man hinterfragen. Es liegt mir fern, heute einen Sündenbock zu suchen. Aber Fakt ist, dass manche Kritik am Eisenbahn-Bundesamt unangebracht war, da es auch auf der Herstellerseite Fehler gegeben hat.
(Kirsten Lühmann [SPD]: Genau!)
Doch dass der Zulassungsprozess dringend modernisiert werden muss, können meine Fraktion und ich klar unterschreiben.
Um das Verfahren zu verkürzen, wird nun im vorliegenden Gesetzentwurf geregelt, dass auch externe Gutachter eingeschaltet werden dürfen. Mit diesem neuen Bahn-TÜV – so nenne ich ihn einmal – sollen künftig Dritte wie die DEKRA oder auch der TÜV selber sämtliche Prüfinhalte kontrollieren und die Prüfungen abnehmen. Grundlage für diese Neuerung ist eine Vereinbarung zwischen Herstellern, dem Eisenbahn-Bundesamt, dem Bundesverkehrsministerium und den Betreibern. Dieses sogenannte Memorandum of Understanding, bei dem alle wichtigen Akteure eingebunden waren, wird hier mit der nötigen gesetzlichen Grundlage verankert. Entscheidend und wichtig ist für uns und für mich, dass das Eisenbahn-Bundesamt bei der abschließenden Erteilung der Inbetriebnahmegenehmigung weiterhin den Hut aufhat.
(Beifall bei der SPD)
Das soll im Klartext heißen: Das EBA soll sich in Zukunft im Regelfall darauf konzentrieren können, festzustellen, ob die durch den TÜV und andere vorgelegten Nachweise vollständig und eindeutig sind. Ob es mit dieser neuen Praxis tatsächlich zu einer Beschleunigung des Zulassungsverfahrens kommt, werden wir bei der angekündigten Evaluierung sicher feststellen können. Aufgrund der neuen Strukturen entstehen ja auch höhere Kosten. Erst auf lange Sicht soll es durch das erhoffte erhebliche Beschleunigungsverfahren zu einer Kostensenkung kommen.
Ich möchte an dieser Stelle aber auch auf mögliche Risiken hinweisen. Mit dem System der Privatisierung im Zulassungsverfahren werden wieder hoheitliche Aufgaben privatisiert – das ist uns klar –, mit denen grundsätzlich, auch beim EBA, Geld verdient werden könnte. Das gilt auch für die Sachverständigen, die künftig die Prüfaufgaben des EBA übernehmen werden. Dabei geht es um geschätzte 500 Externe, die – auch das ist schon gesagt worden – gewinnorientiert arbeiten wollen und werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, es muss vermieden werden, dass wir am Ende höhere Kosten, aber keinen Mehrwert haben. Wir wollen nicht, dass es zu Erfahrungen wie beispielsweise in der Abfallwirtschaft kommt. Hier machen die Kommunen die Abgabe an private Dritte derzeit wieder rückgängig, weil sie am Ende trotzdem noch billiger sind als die privaten Anbieter und unter dem Strich genauso gut arbeiten.
(Sabine Leidig [DIE LINKE]: Aber jetzt stimmen Sie zu, und dann wird genau das eintreten! Das war klar!)
Die Verlagerung der Aufgaben auf Externe macht nur Sinn, wenn Züge später nachweislich schneller zugelassen werden.
Zur Überwachung der Sachverständigen ist eine Aufstockung der Stellen im BMVI und beim EBA laut Gesetz bereits vorgesehen. Es geht um 15 zusätzliche Personen. In Richtung der Bundesregierung sage ich: Herr Ferlemann, ich gehe davon aus, wir sind uns einig, dass diese 15 Stellen vom Haushaltsausschuss genehmigt und dann auch besetzt werden. Das ist ganz wichtig, weil das alles am Ende sonst nicht hinhaut.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wir müssen die Schiene weiter stärken. Völlig klar: Ein effizientes Zulassungsverfahren gehört ganz sicher dazu. Das steht und fällt aber mit sachkundigem Personal. Wir müssen nachhaltig investieren. Ich wünsche uns, dass dieses Gesetz ohne Wenn und Aber umgesetzt wird. Ich freue mich, dass die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das auch so sieht. Ich freue mich auf den Ausschuss und hoffe, dass wir zügig in die zweite und dritte Lesung kommen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Abschließende Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt ist die Kollegin Daniela Ludwig, CDU/CSU.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie der Abg. Dr. Birgit Malecha-Nissen [SPD])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4775700 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 94 |
Tagesordnungspunkt | Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften |