19.03.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 94 / Tagesordnungspunkt 14

Jeannine PflugradtSPD - Privatisierung von Ackerland und Wäldern

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Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste! Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD heißt es:

So weit, so gut.

Die Bedingungen für eine Übertragung der Flächen müssen so gestaltet sein, dass sie den spezifischen agrarstrukturellen, umweltpolitischen sowie verfassungs- und haushaltsrechtlichen Voraussetzungen gerecht werden; das haben wir heute Abend schon mehrfach gehört.

Interesse an einer Übernahme der von der bundeseigenen Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH, BVVG, verwalteten Flächen haben die Länder Sachsen- Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern schon zu Beginn des letzten Jahres bekundet. Hierüber sind der Bund und die genannten Länder bereits lange im Gespräch. Das Bundesfinanzministerium erklärte dazu, dass der Bund seine grundsätzliche Bereitschaft zum Verkauf erneuern würde. Noch konnte leider keine Einigung erzielt werden; denn einige Fragen gestalten sich als schwierig, vor allem rechtliche Fragen sind noch offen. Eine wesentliche Voraussetzung für die Übertragung der vorhandenen Flächen ist unter anderem, dass sich Bund und Länder über einen geeigneten Kaufpreis verständigen. An diesem Punkt sind wir derzeit aber noch nicht.

Bevor die Länder in derart konkrete Preisverhandlungen mit dem Bund einsteigen, muss im Vorfeld im Detail geklärt sein, worüber verhandelt wird. Außerdem müssen die Verkaufsobjekte definiert und wertsteigernde sowie wertmindernde Faktoren berücksichtigt werden. Das nimmt eine Menge Zeit in Anspruch und befindet sich weiter im laufenden Verhandlungsprozess.

Aufgrund der komplizierten und komplexen Materie ist eine tiefgreifende Vorarbeit notwendig. Ein Ende der Vorgespräche ist momentan nicht in Sicht, und der Ausgang der Verhandlungen ist zurzeit völlig offen.

In meinem Bundesland Mecklenburg-Vorpommern lag der Durchschnittspreis im Jahre 2014 mit rund 19 730 Euro pro Hektar ein Fünftel über dem des Jahres 2013. Damit hat der Verkaufswert wieder einen deutlichen Sprung nach oben gemacht.

Rund 60 700 Hektar Landfläche hatte die BVVG- Niederlassung am Ende des Jahres 2014 verpachtet. Viele Flächen sind demnach verpachtet und können gar nicht unmittelbar verkauft werden. Die Verpachtung ist wiederum an besondere Kriterien gebunden, die auf den Erhalt von Arbeitsplätzen und auf die Wertschöpfung im ländlichen Raum abzielen. Das sind zwei ganz wichtige Punkte. Davon profitieren vor allem ökologisch wirtschaftende Betriebe. Eine Forderung Ihres Antrages ist damit bereits erfüllt – zumindest in Mecklenburg-Vorpommern.

(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Theoretisch!)

– Auch praktisch.

(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist reine Theorie!)

Der Preisdruck bei den Landverkäufen ist nicht nur auf die Verkaufspraxis der BVVG zurückzuführen, sondern auch auf den Automatismus von Angebot und Nachfrage.

Die BVVG benutzt in ihren Ausschreibungen das Vergleichspreissystem. Damit wird der anzuwendende Flächenpreis für jeden Verkauf gesondert festgesetzt, wobei die relevanten Daten aus ähnlichen früheren Veräußerungen zum Vergleich herangezogen werden. Das Vergleichspreissystem ist laut einem Gutachten der EU- Kommission mit den einschlägigen Vorschriften und Grundsätzen für eine Grundstücksbewertung vereinbar. Gerade beim Verkauf von Flächen der BVVG und auch beim Verkauf kleinerer Flächen sollten unabhängige Sachverständige aber direkt von der BVVG Auskunft über den Verkaufswert der Fläche erhalten, um Intransparenz bei der Vergabe zu vermeiden. Ich glaube, das ist ein wichtiger Punkt.

Die Privatisierung der ehemals volkseigenen land- und forstwirtschaftlichen Flächen geht momentan in die letzte Phase. Die Übertragung an die Alteigentümer, bei der die BVVG als Privatisierungsstelle des Bundes fungiert, soll in den nächsten Jahren abgeschlossen werden. Der Verkauf von Forstobjekten wird voraussichtlich bereits in diesem Jahr weitestgehend beendet sein.

Die Naturschutzflächen sind schon so gut wie komplett veräußert worden. Gegenwärtig hat die bundeseigene Gesellschaft knapp 187 000 Hektar Landfläche und rund 19 000 Hektar Wald im Bestand. Davon will die BVVG noch in diesem Jahr rund 23 000 Hektar Land und circa 6 000 Hektar Waldfläche verkaufen. Bis zum Jahr 2025 sollen alle Flächen verkauft werden – das bedeutet, rund 20 000 Hektar im Jahr.

Wir, die SPD-Bundestagsfraktion, halten deshalb an der Vereinbarung im Koalitionsvertrag fest, dass in Verhandlungen zwischen Bund und Ländern geklärt werden solle, ob die betroffenen Länder Interesse haben, die noch in der Hoheit des Bundes verbliebenen Flächen vom Bund zu erwerben. Die Länder hätten somit die Möglichkeit, ein Existenzgründerprogramm unter anderem für Junglandwirte zu etablieren.

(Beifall bei der SPD)

Die SPD-Bundestagsfraktion erklärt sich hinsichtlich weiterer Forderungen gesprächsbereit. Im Zentrum steht dabei vor allem eine Verschiebung des aktuell auf 2025 datierten Endes der Privatisierung und damit eine weitere zeitliche Streckung des Privatisierungsprozesses. Dies würde eine stärkere räumliche und zeitliche Trennung der einzelnen Ausschreibungen ermöglichen.

Bei gleichzeitig kleineren Losgrößen würde auch kleineren und mittleren Landwirtschaftsbetrieben die Möglichkeit eröffnet werden, sich erfolgversprechend an Ausschreibungen zu beteiligen. Der Kaufdruck würde vermindert, sodass die Liquidität der Betriebe, die sich um Bodenerwerb bemühen, weniger stark beansprucht würde. Vorstellbar ist demnach eine Obergrenze der ausgeschriebenen Lose. Im Jahr 2014 lag die durchschnittliche Losgröße der unbeschränkt alternativ zur Pacht bzw. zum Kauf ausgeschriebenen Lose bei rund 17 Hektar.

Kleine Lose sind tendenziell unattraktiver für große außerlandwirtschaftliche und überregionale Investoren. Somit können passgenauere Lose für einzelne Betriebe in die Ausschreibung gelangen. Außerdem sind beschränkte Ausschreibungen für arbeitsintensive Betriebe und Junglandwirte sowie Existenzgründer ein wichtiges Element zur Steuerung des Flächenerwerbs im Sinne agrarstruktureller Zielvorstellungen. Es sind damit positive Effekte für die Beschäftigung in ländlichen Räumen sowie der für die Zukunft des Sektors wichtigen Junglandwirte oder Existenzgründer verbunden.

Ein Verbleib der gebliebenen Treuhandflächen beim Bund, also ein Privatisierungsstopp, wie Sie es, meine lieben Kollegen von den Linken, in Ihrem Antrag fordern, schließen wir, die SPD-Bundestagsfraktion, aus.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Die Privatisierungspflicht ist Bestandteil des Treuhandgesetzes und wird weiter verfolgt.

Schönen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Vielen Dank. – Als nächste Rednerin hat die Kollegin Stauche von der CDU/CSU-Fraktion das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4775882
Wahlperiode 18
Sitzung 94
Tagesordnungspunkt Privatisierung von Ackerland und Wäldern
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