Lars KlingbeilSPD - IT-Sicherheitsgesetz
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin dem Kollegen Binninger für die Tonlage, die er in diese Diskussion hineingebracht hat, sehr dankbar. Ich finde, diese Tonlage ist der Diskussion, die wir heute führen, angemessen.
(Bettina Hagedorn [SPD]: Ja!)
Ich erinnere mich noch daran, dass ich gegen Ende der letzten Legislatur als Sprecher der SPD in der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ beim damaligen Innenminister Friedrich eingeladen war; Konstantin von Notz war auch dabei.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das waren noch Zeiten!)
Wir haben über wegweisende Empfehlungen der Enquete-Kommission geredet.
Eine der Hauptbotschaften des damaligen Innenministers war: Wir müssen im Bereich des IT-Sicherheitsgesetzes endlich vorankommen. – Diese Botschaft hat sich, glaube ich, vor allem an den damaligen Koalitionspartner gerichtet. Es zeigt aber auch, wie lange wir die notwendige Diskussion hier im Parlament führen. Wenn heute der Vorwurf im Raum steht, dass wir zu lange gebraucht haben, kann ich für diese Koalition nur sagen: Ich finde es gar nicht schlecht, dass wir nach einem Jahr ein solch wichtiges, ein solch wegweisendes Gesetz hier auf den Weg bringen. Ich halte es für dringend notwendig, dass wir im Bereich der IT-Sicherheit endlich vorankommen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich glaube, dass wir heute einen Paradigmenwechsel einleiten, den wir nicht zu kleinreden sollten. Wir definieren die Rolle des Staates im Bereich der IT-Sicherheit heute anders. Wir machen heute mit diesem Gesetz deutlich, dass der Staat eine Aufgabe im Bereich der Kontrolle, des Lagebildes und auch der Informationseinholung hat und dass er dort ganz andere Rechte hat. Wir alle wissen doch, wie notwendig es ist, dass der Staat eine andere Rolle bekommt. Das erkennen wir, wenn wir uns die Verletzlichkeit einer modernen Gesellschaft anschauen, wenn wir sehen, wie verletzlich öffentliche Daseinsvorsorge, der Energiebereich, der Verkehrsbereich, der Gesundheitsbereich sind. Wir erkennen, der Staat muss eine andere Rolle bekommen, und die bekommt er mit diesem Gesetz.
Ich warne aber auch davor – der Kollege von Notz hat das vorhin angesprochen –, dass wir hier den Eindruck erwecken, das IT-Sicherheitsgesetz sei die Antwort auf Snowden und alle Bedrohungen, die sonst irgendwie im Raum stehen.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Snowden ist keine Bedrohung!)
– Konstantin, darum geht es gar nicht, sondern es geht darum, dass wir heute einen Teil definieren.
Viele andere Aufgaben liegen politisch noch vor uns, wenn es darum geht, Vertrauen in die IT-Infrastruktur, Vertrauen in Kommunikation, Vertrauen auch in Geheimdienste wiederherzustellen. Da müssen wir noch eine ganze Palette von Aufgaben erledigen. Das IT-Sicherheitsgesetz ist ein kleiner Teil. Andere Punkte sind genannt worden. Da geht es um IT-Sicherheitsforschung. Da geht es um die Herstellung von digitaler Souveränität. Da geht es um Verschlüsselungs- und Kryptotechnologien. All das ist auch im Koalitionsvertrag angelegt. Auch wir Sozialdemokraten werden Druck machen, dass hier in den nächsten Jahren etwas passiert, wenn es darum geht, Vertrauen in Kommunikation wiederherzustellen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Heiko Schmelzle [CDU/CSU])
Ich will ein paar Punkte nennen, die für uns im parlamentarischen Verfahren sehr wichtig sein werden, und dem Kollegen Janecek ausdrücklich anbieten: Wenn es Ideen gibt, wie man in die Champions League aufsteigen kann, dann werden wir sie uns im parlamentarischen Verfahren genau anschauen.
Ein Punkt, den wir sicherlich diskutieren werden – einiges ist angesprochen worden –, ist die Frage: Hat der Staat für das Lagebild eigentlich auch die Angriffe abzuliefern, die auf ihn ausgeübt werden? Da gab es gestern noch die Kritik, dass das Gesetz, was diesen Punkt angeht, verfassungswidrig sei. Ich glaube nicht, dass es verfassungswidrig ist. Aber wir bieten schon an, dass wir uns das noch einmal anschauen. Es ist auch in unserem Interesse, dass klar ist, was der Staat melden muss.
Ein Weiteres hat die Kollegin Kampmann angesprochen: die Rolle des BSI. Wir halten es für richtig, dass das BSI aufwächst, dass es eine neue Verantwortung bekommt. Aber wir wollen auch noch einmal über die Unabhängigkeit des BSI und über die Frage, wie sie gestärkt werden kann, reden. Die Kritik aus der Wirtschaft, das BSI sei Diener zweier Herren, müssen wir im parlamentarischen Verfahren sehr ernst nehmen.
Was die Meldepflicht angeht, kann ich den Vorwurf der Rechts- und Planungsunsicherheit nicht verstehen. Wir alle wissen, dass es eine entsprechende Verordnung geben wird. Wir alle wissen auch, wie schwierig und wie sensibel die Definition von „kritische Infrastruktur“ ist. Es geht um die Frage: Welche Angriffe sind es eigentlich, die anonym oder namentlich gemeldet werden müssen? Wenn wir diesen Paradigmenwechsel vollziehen wollen, dann muss dem eine sensible Debatte vorausgehen. Diese Debatte muss die Politik auch mit der Wirtschaft sehr sensibel führen. Da hat sich der Innenminister auf den Weg gemacht; da hat sich die Bundesregierung auf den Weg gemacht. Ich halte das für richtig. Man kann von der Politik nicht immer sofort hundertprozentige Antworten erwarten. Deswegen ist der Weg über eine Rechtsverordnung hier genau richtig.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will für uns noch einmal ausdrücklich sagen: Das ist heute die erste Lesung. Wir gehen jetzt in ein parlamentarisches Verfahren mit Anhörungen, in denen wir uns viele Punkte sicherlich noch einmal genau anschauen werden. Aber das, was hier grundsätzlich passiert – dass der Staat eine andere Verantwortung im Bereich der IT-Sicherheit bekommt –, das ist der richtige Weg. Es wurde Zeit, dass hier endlich etwas passiert. Wir sind froh, dass es uns nach einem Jahr Große Koalition gelungen ist, das IT-Sicherheitsgesetz auf den Weg zu bringen. Ich würde mich freuen, wenn sich die Opposition konstruktiv in die Debatte einbrächte, vielleicht nicht ganz so krawallig, wie es heute an der einen oder anderen Stelle der Fall war.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Als nächste Rednerin hat die Kollegin Nadine Schön von der CDU/CSU-Fraktion das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4777633 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 95 |
Tagesordnungspunkt | IT-Sicherheitsgesetz |