Nadine SchönCDU/CSU - IT-Sicherheitsgesetz
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Big Data, Internet der Dinge, Industrie 4.0, Smart Grids, Smart Meter – das sind die Schlagworte, die in dieser Woche die Diskussionen um die Digitalisierung bestimmen; denn diese Woche ist CeBIT-Woche. Darum geht es bei der größten IT-Messe der Welt und nicht, lieber Kollege Konstantin von Notz, um die Snowden-Enthüllungen. Ich habe auf der CeBIT vor allem erlebt, dass man sich damit beschäftigt, wie sich die Welt verändert, wenn sie zunehmend vernetzt ist, wenn alles intelligenter, vernetzter und auch smarter wird.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Alles wird intelligenter? Schön wär’s!)
Wir wissen um die Potenziale dieser Vernetzung für die Wirtschaft und die Gesellschaft. Wenn man sich nur den Bereich Landwirtschaft anschaut: Es gibt heute schon Möglichkeiten, mittels Knopfdruck zu sehen, wie weit die Pflanzen in ihrer Entwicklung sind, ob Regen kommt und man das Feld nicht bewässern muss. Maschinen korrespondieren untereinander, setzen sich selbst in Gang. Das ist Landwirtschaft 4.0. Hier sieht man, wie vernetzt das alles ist.
Das Gleiche gilt auch bei der Energieversorgung. Windräder, PV-Kollektoren werden anhand von IT- Strukturen gesteuert. Man kann sehen, wie das Wetter sich entwickelt, wann man viel Strom braucht. Er wird intelligent gesteuert ins Netz eingespeist. Da wird in den nächsten Jahren viel passieren.
Es gibt viele Szenarien, die uns guter Hoffnung sein lassen, dass wir die Chancen der Digitalisierung in Deutschland nutzen können und alle davon einen Mehrwert haben im Hinblick auf Wirtschaftlichkeit, auf Effizienz und auf Ressourcensparsamkeit.
Dies sind gute Szenarien, aber es gibt auch die Horrorszenarien. Horrorszenarien kann man sich vorstellen, wenn man einmal darüber nachdenkt, was denn passiert, wenn genau diese Netze, diese Infrastrukturen nicht mehr funktionieren oder – schlimmer noch – wenn sie von außen manipuliert werden. Deshalb müssen wir alles dafür tun, dass die Infrastrukturen, die die Versorgung der Menschen in unserem Land sicherstellen, auch funktionieren. Diese müssen wir besonders schützen.
Deshalb legen wir heute das IT-Sicherheitsgesetz vor, das zum einen darauf abzielt, vor allem die kritischen Infrastrukturen wirkungsvoll zu schützen: mit Mindeststandards, mit Meldepflichten; der Minister hat das im Einzelnen ausgeführt.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Die zweite Zielrichtung des Gesetzes ist, das Sicherheitsniveau der informationstechnischen Systeme in Deutschland insgesamt zu heben; denn wir beobachten immer noch eine gewisse Sorglosigkeit bei Unternehmen, bei kleinen und mittleren Unternehmen, auch bei der Bevölkerung. Wir haben die Diskussion etwa um Snowden, um Hackerangriffe, um Datendiebstahl in großem Umfang, aber das spiegelt sich nicht unbedingt im Nutzerverhalten wider. Noch heute werden die angemessenen Sicherheitsmaßnahmen, die man ergreifen könnte, nicht ergriffen.
Deshalb ist es wichtig, dass wir dafür sorgen, dass die User informiert werden, wenn etwa Angriffe von außen auf das Netz erfolgen. Deswegen werden wir die Provider dazu verpflichten, das an die Nutzer zu melden. Das war uns schon bei den Koalitionsverhandlungen ein ganz wichtiges Anliegen; deshalb haben wir es aufgenommen. Wir werden dafür sorgen, dass die Grundsicherheit sowohl bei den Unternehmen als auch bei den Privatpersonen erhöht wird.
Das IT-Sicherheitsgesetz ist ein Maßnahmenpaket. Der Minister hat die einzelnen Punkte ausführlich dargestellt. Wir werden in den nächsten Wochen ausführlich über die einzelnen Punkte sprechen und überlegen, wie effizient oder effektiv die einzelnen Maßnahmen sind, welche Wechselwirkungen es aber auch gibt, um dann möglichst viel Sicherheit für die Menschen in unserem Land zu gewährleisten.
Ich will der Diskussion nicht vorgreifen, aber zu zwei, drei Punkten, die schon kritisch angemerkt wurden, etwas sagen.
Das Erste ist: europäische Lösung. Natürlich haben wir in Europa einen großen Binnenmarkt, aber derzeit noch mit 28 fragmentierten digitalen Märkten. Das kann so nicht bleiben. Deshalb begrüßen wir auch sehr, dass Günther Oettinger die Digitalunion ausgerufen hat. Wir brauchen natürlich einheitliche Standards in ganz Europa. Was Deutschland jetzt macht, ist, wie die Kanzlerin gesagt hat, die Blaupause für diese Diskussionen auf europäischer Ebene. Wir bringen das, was wir hier ins Gesetz schreiben, natürlich auch auf der europäischen Ebene ein.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die werden sich bedanken!)
Man erwartet von Deutschland als dem Land, das im Bereich IT-Security unbestritten Vorreiter in Europa ist, dass wir vorangehen, dass wir unsere Vorschläge einbringen.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Man spricht wieder deutsch in der digitalen Welt!)
Deshalb ist es wichtig und richtig, dass wir zum einen mit unserem Gesetz eine Vorreiterrolle einnehmen und uns zum anderen parallel dazu bei den Diskussionen auf europäischer Ebene einbringen. Wir können jetzt nicht warten, bis das in Europa ausdiskutiert ist, bis es eine Richtlinie gibt, bis diese umgesetzt wird. Wir brauchen das Gesetz jetzt; denn wir brauchen jetzt mehr Sicherheit. Deshalb machen wir das zweigleisig, und das ist genau der richtige Weg.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Burkhard Lischka [SPD])
Der zweite Punkt ist die Diskussion über die unbestimmten Rechtsbegriffe. Natürlich muss man als Unternehmen wissen, ob man von einem Gesetz betroffen ist oder nicht. Insofern muss man sich die Begriffe „kritische Infrastruktur“, „bedeutende Störungen“, „Stand der Technik“ alle noch einmal anschauen. Aber Digitalisierung ist eben schnelllebig. Deshalb muss das Gesetz so gestaltet sein, dass wir nicht bei jeder technischen Neuerung im Bundestag ein neues Gesetzgebungsverfahren in Gang setzen müssen, um auf diese Neuerung zu reagieren. Wir brauchen ein Gesetz, das flexibel ist, mit dem wir flexibel auf Neuerungen, auf Entwicklungen eingehen können. Wir müssen es so offen gestalten, dass das möglich ist. Wir müssen Rechtssicherheit auf der einen Seite, aber eben auch die Schnelllebigkeit auf der anderen Seite im Auge behalten. Das werden wir uns jetzt bei den Beratungen noch einmal genau anschauen. Das ist unser Ziel, und das sind die Kriterien, an denen wir unser Gesetz ausrichten.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Burkhard Lischka [SPD])
Der dritte Punkt betrifft folgende Fragen: Was passiert mit den Daten? Wie viele Daten werden überhaupt erhoben? Was hat die Wirtschaft denn selbst davon? Das sind sehr wichtige Fragestellungen, die Sie auch heute zu Recht angesprochen haben. Es ist eben so, dass es für die Unternehmen sensible Daten sind; denn es geht um Geschäftsprozesse. Deshalb ist es wichtig, dass gewährleistet ist, dass die Daten sicher und vertraulich behandelt werden. Es ist wichtig, dass das nicht ein Einfallstor für Wirtschaftsspionage wird. Aber das werden wir sicherstellen. Das ist elementar für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Deshalb werden wir den Schutz der Daten, die hier erhoben werden, sicherstellen. Es werden natürlich auch nur die Daten erhoben, die elementar sind, um beurteilen zu können, ob ein Angriff stattfindet, um die Angriffsmuster zu erkennen.
Natürlich werden auch die Unternehmen etwas davon haben. Uns geht es doch nicht nur darum, zu sehen, was in Deutschland zurzeit an Angriffen da ist. Das Gesetz hat zum Ziel, mit den Unternehmen zu korrespondieren, zu warnen und auf diese Angriffe reagieren zu können, sonst würde das Ganze ja gar keinen Sinn machen. Insofern sind so manche Vorwürfe, die heute hier in den Raum gestellt wurden, wirklich abstrus. Natürlich wird das Gesetz so ausgestaltet, dass die Unternehmen etwas davon haben. IT-Sicherheit ist etwas, was uns als Staat angeht, was aber auch die Unternehmen selbst angeht; denn IT-Sicherheit ist auch ein Wirtschaftsfaktor für die Unternehmen.
Frau Kollegin, auch Sie müssen zum Schluss kommen.
Deshalb werden wir darauf großes Augenmerk legen.
Liebe Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, IT-Sicherheit ist maßgeblich für den wirtschaftlichen Aufschwung in Deutschland. Deshalb werden wir das Gesetz schnell und zügig beraten, zusammen mit den Unternehmen, die es betrifft. Ich freue mich schon sehr auf die Beratungen. Die AG Digitale Agenda wird sich hier genauso einbringen wie die Innenpolitiker.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vielen Dank. – Als nächster Redner hat Hansjörg Durz das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Burkhard Lischka [SPD])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4779420 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 95 |
Tagesordnungspunkt | IT-Sicherheitsgesetz |