Dietrich MonstadtCDU/CSU - Gesundheitsförderung und Prävention
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren!
Dieses bekannte Zitat stammt von dem griechischen Philosophen Demokrit, der zwischen 460 und 371 vor Christus lebte.
(Hilde Mattheis [SPD]: Darf man dieser Tage Griechen zitieren?)
– Ich denke man darf das zitieren, weil das richtig ist. – Prävention ist also nicht nur heute im Rahmen der ersten Lesung zum vorliegenden Gesetzentwurf von wesentlicher Bedeutung, sondern bereits seit 2 400 Jahren ein Thema.
Meine Damen und Herren, wie ist die Situation heute? Wir wissen, der demografische Wandel ist die gesellschaftliche Herausforderung der nächsten Jahrzehnte. Bis 2060 wird jeder zweite Deutsche mindestens 51 Jahre alt sein. Während es zurzeit 650 000 Deutsche gibt, die über 90 Jahre alt sind, werden es 2060 rund 3,3 Millionen sein.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Ja, hoffentlich!)
Wir leben in einer älter werdenden Gesellschaft, die zusätzlich gekennzeichnet ist durch einen Wandel der Lebensstile: Fahrstuhl statt Treppe, Auto statt Fahrrad oder zu Fuß gehen, Computer statt körperlicher Betätigung in der Freizeit, FastFood statt gesunder Ernährung. Allein aufgrund dieser Entwicklung ist von einer weiteren Zunahme der bedeutsamen nichtübertragbaren Erkrankungen, insbesondere von Diabetes Typ 2 und Adipositas, auszugehen.
Meine Damen und Herren, ich weiß persönlich, worüber ich spreche: Ich bin insulinpflichtiger Typ-2-Diabetiker, und von meinen adipösen Ansätzen können Sie sich selbst überzeugen. Ich möchte daher zum Schluss dieser Debatte hier die Chance nutzen, gerade bei diesen beiden Erkrankungen einen Schwerpunkt zu setzen. Parallel zum stattfindenden Naturereignis, meine Damen und Herren, müssen Sie sich Diabetes wie eine nicht endende Sonnenfinsternis vorstellen: Er schiebt, schleicht sich langsam ins Leben, und der Schatten bleibt auf Dauer.
Gerade vor meinem persönlichen Hintergrund freue ich mich, dass Prävention und Früherkennung, aber auch die Versorgung der Erkrankung Diabetes als primäres nationales Gesundheitsziel im Gesetzentwurf verankert sind.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Das zeigt: Das Thema Diabetes ist in der Politik angekommen. Meine Damen und Herren, Prävention und Früherkennung sind eine wichtige Säule der Diabetesbekämpfung. Mit einem krankheitsübergreifenden Ansatz sollen lebensstilbedingte chronische Erkrankungen vermindert oder zumindest in ihrem Verlauf positiv beeinflusst werden.
Sehr geehrter Herr Minister, an dieser Stelle meinen ganz herzlichen Dank dafür, dass unter Umsetzung des Koalitionsvertrages mit diesem Gesetz nach zehn Jahren Debatte und vier Anläufen Prävention und Gesundheitsförderung in den Vordergrund der Gesundheitsversorgung gerückt sind.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Karl Lauterbach [SPD] – Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat schwer an euch gelegen!)
Die dafür angedachten Mittel von circa 500 Millionen Euro pro Jahr sind ein ganz wichtiger Schritt in die richtige Richtung.
Meine Damen und Herren, als Unionspolitiker und Betroffener ist es mir ein persönliches Ziel, aufzuklären, anzuleiten und die Eigenverantwortung eines jeden so zu stärken, dass Volkskrankheiten wie Diabetes oder Adipositas verhindert werden können. Die Zahlen sind dramatisch: In der Gesellschaft eher als Altersdiabetes bekannt, nimmt auch die Zahl von Kindern und Jugendlichen, die an Typ-2-Diabetes erkranken, erschreckend zu. Von aktuell insgesamt 10 Millionen Diabeteserkrankungen – unter Einbeziehung einer nicht quantifizierbaren Dunkelziffer – wird die Zahl der Betroffenen bis zum Jahr 2025 auf circa 20 Millionen ansteigen. Der Anteil der Menschen in Deutschland mit extremer Adipositas hat sich zwischen 1999 und 2009 fast verdoppelt.
Diabetes wie auch Adipositas zählen damit zu den häufigsten lebensstilbedingten Erkrankungen, mit oftmals dramatischen Konsequenzen: Dazu gehören Herzinfarkte, Schlaganfälle, Amputationen, Erblindung, Nierenversagen und eine deutlich geringere Lebenserwartung. Das ist, wie ich finde, eine erschütternde Erkenntnis für die Gesundheitspolitik, aber auch für unsere Gesellschaft.
Jüngste Schlagzeilen wie „Volkskrankheiten verursachen Millionen Tote“ oder „Sitzen ist das neue Rauchen“ brauchen wir nicht. Wir wissen, dass die Erkrankung bei vielen Patienten vermeidbar gewesen wäre. Falsche Ernährung, lebensstilbedingte Gewichtszunahme und zu wenig Bewegung schon im Kindesalter sind dafür eine Ursache. Das bedeutet: Wir müssen die Menschen noch besser aufklären. Prävention und Aufklärung schon in jungen Jahren halte ich für den Schlüssel, um den explodierenden Kosten, dem Tsunami, der auf uns zurollt, entgegenwirken zu können.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Wenn man den jungen Menschen richtiges und gesundes Ernährungsverhalten von vornherein anerzieht, dann werden sie ihr Leben lang einen Fundus an Wissen haben. Und wenn sie später selbst Verantwortung tragen, dann erinnern sie sich vielleicht und versuchen, richtiges Körperverhalten zu leben. Das heißt konkret: Wir müssen schon bei den ganz Jungen in Kitas und Schulen ansetzen.
Nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen kann bereits ein ungesunder Lebensstil während der Schwangerschaft – falsche Ernährung, zu wenig Bewegung – ein erhöhtes Diabetesrisiko für das ungeborene Kind bedeuten. Es gilt daher, auch hier anzusetzen.
Ausgehend von der Initiative der norddeutschen Bundesländer – darunter auch mein eigenes, Mecklenburg- Vorpommern –, ist es wichtig, dass wir die präventiven Ansätze, die in dem vorliegenden Gesetzentwurf Niederschlag gefunden haben, gerade für die beiden Erkrankungen Diabetes und Adipositas weiterführen. In diesem Sinne haben wir als Union einen Antrag mit der Forderung nach einer nationalen Diabetesstrategie auf den Weg gebracht, in der Hoffnung, dass wir diesen zeitnah in der Koalition umsetzen können.
Dr. Franke, von daher bin ich Ihnen dankbar und freue ich mich sehr darüber, dass Sie dies angesprochen haben und auch unterstützen wollen. Auch Herr Dr. Lauterbach hat in der Öffentlichkeit vielfach betont, dass er sich nachhaltig für die Bekämpfung von Diabetes einsetzt. – Er nickt jetzt zustimmend. – Von daher nochmals mein Appell an die Fraktion der SPD: Bringen Sie sich ein! Begleiten Sie diesen Antrag positiv!
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Meine Damen und Herren, wir müssen endlich weg von den vielzähligen Einzelmaßnahmen und hin zu zielgerichteten und weitverbreiteten Aufklärungsmaßnahmen, die nachhaltige Wirkungen entfalten. In Anlehnung an die Antiraucherkampagne können die hier jährlich vorgesehenen 35 Millionen Euro für bundesweite Kampagnen durch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung der Schlüssel zum Erfolg sein. Auch hier setzt der Gesetzentwurf die richtigen Akzente.
(Beifall des Abg. Dr. Karl Lauterbach [SPD])
Auf die Gesundheit zu achten und sich gesund zu verhalten, erfordert Wissen, Befähigung und Eigenverantwortung. Aufgabe von Prävention ist es, dies zu entwickeln und zu stärken. Jeder Einzelne ist gefordert, durch eine gesundheitsbewusste Lebensweise Krankheiten vorzubeugen und die Erhaltung bzw. Wiederherstellung seiner Gesundheit zu fördern. Dafür muss dieser Einzelne angesprochen, gewonnen und unterstützt werden. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die Bedeutung von Prävention und Gesundheitsförderung deutlich zu machen, genauso, wie gezielte Unterstützung dort zu leisten, wo der Einzelne von sich aus zu gesundheitsbewusstem Verhalten nicht in der Lage ist.
Diese Aufgabe muss ressortübergreifend angegangen und umgesetzt werden. Das Bundesgesundheitsministerium, das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und auch die Länder mit ihrer Verantwortung für die Schulen und Kindertagesstätten sind hier gemeinsam gefragt. Deshalb von mir ein deutliches Ja zur Prävention und zum Entwurf des Präventionsgesetzes. Ich freue mich auf eine lebendige Diskussion.
Herzlichen Dank.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4779899 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 95 |
Tagesordnungspunkt | Gesundheitsförderung und Prävention |