20.03.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 95 / Tagesordnungspunkt 20

Ursula Groden-KranichCDU/CSU - Entgeltgleichheit zwischen Frauen und Männern

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Besucherinnen und Besucher! Vor ziemlich genau zwei Wochen durfte ich hier zu Ihnen sprechen. Es ging um die Beschäftigungssituation von Frauen. Schon in dieser Debatte fiel mehr als einmal der Begriff „Entgeltungleichheit“. In der letzten Woche konnte ich mit einer Delegation des Familienausschusses die 59. UN-Women-Konferenz in New York besuchen. Auch dort war das Thema Equal Pay in aller Munde.

Der Unterschied zwischen den Gehältern von Männern und Frauen ist ein weltweites Phänomen, und es tun sich auch die Länder schwer, die wir sonst zu Recht als Vorbilder in Sachen Geschlechtergerechtigkeit betrachten. In Schweden liegt der Gender Pay Gap aktuell zum Beispiel bei 16 Prozent und bereinigt bei 6 Prozent. Auch dort bekommt man diesen unerklärten Rest nicht so einfach in den Griff.

Wir wissen, dass ein Teil der Lohnlücke auf die Berufswahl von Frauen und auf deren häufige Teilzeittätigkeit zurückzuführen ist. Die Linke spricht in ihrem Antrag von einer mittelbaren Form der Geschlechterdiskriminierung. Hier sollten wir aber doch etwas genauer hinsehen und Frauen nicht pauschal als Opfer ihrer Teilzeittätigkeit oder Berufswahl betrachten. Grundsätzlich sollten wir Männer und Frauen eine echte Wahlfreiheit in ihrem Berufs- wie im Familienleben zugestehen und auch zutrauen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber das gibt es doch nicht!)

Doch egal ob wir von bereinigter oder unbereinigter Lohnlücke, von mittelbarer oder direkter Diskriminierung reden: Es bleibt in jedem Fall ein hässlicher Rest an Ungleichheit, den wir so nicht akzeptieren dürfen. Darum ist Equal Pay nicht nur bei der Oscar-Verleihung, sondern auch in unserem Koalitionsvertrag ein wichtiges Thema, dem wir uns nun gemeinsam widmen. Daher hätte es Ihres Antrags gar nicht bedurft; denn Sie wissen, dass die Koalition bereits daran arbeitet.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es ist absolut richtig, dass wir konkrete Maßnahmen ergreifen und über Selbstverpflichtungen von Unternehmen hinausgehen. Hier sind jedoch alle Beteiligten gefragt, nicht nur der Gesetzgeber und nicht nur die Arbeitgeber. Auch die Tarifpartner müssen hier massiv nacharbeiten. Die Gewerkschaften, die gerade eben zusammen mit vielen anderen am Brandenburger Tor für Equal Pay demonstriert haben, haben in den letzten 20 Jahren mit Sicherheit nicht alles Mögliche oder Nötige getan, um Diskriminierung zu überwinden, geschweige denn Frauenberufe aufzuwerten. Allerdings stellt sich mir die Frage: Was sind denn Frauenberufe? Die einzigen Aufgaben, die Männer nicht genauso gut erledigen könnten, sind Kinder zu gebären und diese zu stillen. Ansonsten dürfen sich auch Männer engagieren.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Wolfgang Strengmann- Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Einmal darüber nachdenken, warum das so ist!)

Richtig ist auch, dass wir Entgeltungleichheit nur überwinden können, wenn wir nicht nur Symptome, sondern auch die Ursachen bekämpfen. In Rheinland-Pfalz werden beispielsweise Lehrkräfte nach zwei verschiedenen Tarifen eingestellt – dies betrifft leider auch und insbesondere Frauen –: Angestellte Lehrerinnen und Lehrer werden deutlich schlechter bezahlt als verbeamtete Lehrerinnen und Lehrer. Diese ungleiche Behandlung ließe sich leicht vermeiden, ohne dass wir dazu ein neues Gesetz bräuchten.

Auch mehr Transparenz bei den Lohnstrukturen ist sicherlich ein guter Schritt, darf aber nicht in Gleichmacherei oder fehlenden Anreizsystemen enden. Transparenz alleine löst das Problem nicht. Das haben die Erfahrungen, beispielsweise in Österreich, gezeigt.

Wichtig wäre zudem, gerade weil das Problem so komplex ist und viele Lösungsansätze benötigt, dass bereits vorhandene Instrumente genutzt werden und das Rad nicht immer wieder neu erfunden wird. Die damaligen CDU-Familienministerinnen hatten zum Beispiel bereits im Jahr 2009 das Bewertungsverfahren Logib-D eingeführt. Dies steht für „Lohngleichheit im Betrieb – Deutschland“ und ist eine Anwendung, mit der Unternehmen freiwillig, kostenlos und anonym ihre Entgeltstrukturen unter Geschlechtergesichtspunkten analysieren können.

(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Freiwillig!)

Dieses Angebot findet sich auch heute noch auf der Website des Familienministeriums.

(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Super!)

Da all das aber offensichtlich nicht ausreicht, ist das Projekt Entgeltgleichheit in der Tat eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Unsere Töchter müssen in Kita, Schule und Familie von klein auf zu beruflicher und finanzieller Selbstständigkeit erzogen werden. Junge Frauen müssen schon bei der Berufsorientierung und vor den Familienpausen über alle Konsequenzen bis hin zur Rente umfassend informiert werden.

Und vor allem: Männer müssen mit ins Boot. Das ElterngeldPlus war ein erster Schritt in die richtige Richtung; denn längere Erziehungsauszeiten von Männern führen automatisch zum Abbau der Lohnungleichheit, ganz zu schweigen von den positiven Nebeneffekten: mehr Anerkennung für bisher typisch frauenorientierte Familienarbeit, mehr Verständnis und Flexibilität von Arbeitgebern und Kollegen, eine immense Stärkung des Vater-Kind-Verhältnisses und natürlich die unschätzbare Vorbildfunktion für nachfolgende Generationen von Vätern, Söhnen und Töchtern.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Auch die Aufwertung dieser Familienarbeit ist eine gesamtgesellschaftliche Anstrengung. Es genügt nicht, immer nur nach einer besseren Ausstattung der Sozialkassen zu rufen. Wir alle müssen diese Kosten ein Stück weit mittragen und uns fragen, was wir selbst bereit sind für mehr Qualität in Pflege und Erziehung zu zahlen. Wenn wir Frauen für eine Vollzeittätigkeit mehr externe Kinderbetreuung wünschen, müssen wir auch bereit sein, einen Teil unseres Gehaltes in ebendiese Kinderbetreuung zu investieren, vor allem diejenigen, die das auch könnten. Alles andere ist verlogen und trägt für die Erzieherinnen ganz sicher nicht zu einer Aufwertung ihrer Arbeit bei.

Wir brauchen also einen Dreiklang von Lösungsansätzen. Wenn wir erstens schlechtbezahlte Familienarbeit aufwerten, zweitens für mehr weibliche Teilhabe am Berufsleben sorgen und drittens die partnerschaftliche Aufteilung der Familienarbeit fördern, dann bewirken wir damit automatisch mehr Entgeltgleichheit.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Petra Crone [SPD])

Nächste Rednerin ist die Kollegin Ulle Schauws für Bündnis 90/Die Grünen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4780138
Wahlperiode 18
Sitzung 95
Tagesordnungspunkt Entgeltgleichheit zwischen Frauen und Männern
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