25.03.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 96 / Zusatzpunkt 1

Sabine ZimmermannDIE LINKE - Aktuelle Stunde Tarifkonflikt bei der Deutschen Post AG durch Ausgliederung

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „ Leistung muss sich wieder lohnen“, ein netter Slogan. Aber wenn ich auf die Deutsche Post AG schaue, frage ich mich: Für wen muss sich Leistung wieder lohnen? Für diejenigen, die mit ihrer Hände harter Arbeit den Erfolg erwirtschaften? Sicher nicht; denn 26 000 Euro verdienen Postzustellerinnen und Postzusteller im Schnitt im Jahr. Für das Management, für Anteilseigner und Aktionäre? Sicher ja; denn 3,5 Millionen Euro verdient zum Beispiel der Vorstandsvorsitzende der Post AG. Aber wieso eigentlich? Was haben die konkret geleistet?

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Gute Frage!)

Steuert das Management der Post AG die Lkw? Liefern die Anteilseigner die Pakete aus? Oder sind es die Aktionäre, die die Briefe von Haustür zu Haustür tragen? Diejenigen, die mit ihrem Einsatz und ihrer Arbeit den Erfolg der Post AG im letzten Jahr erst möglich gemacht haben, können nicht sagen, dass sich ihre Leistung lohnt, ganz im Gegenteil.

Fast 3 Milliarden Euro Gewinn hat die Post 2014 erwirtschaftet. Damit liegt sie in der Spitzengruppe der DAX-Unternehmen. Finanzielle Not ist es also nicht, die die Post zu Restrukturierungsmaßnahmen zwingt. Bis 2020 will die Post den Gewinn auf 5 Milliarden Euro steigern. Das würde wiederum bedeuten, dass in jedem der kommenden Jahre der Gewinn um 8 Prozent steigen müsste. Ich wiederhole: um 8 Prozent. Das wird sie sicher nicht mit einer Portoerhöhung von 2 Cent hinbekommen. Das kann und wird nur funktionieren, wenn die Post ihre Personalkosten senkt. Aus Sicht des Konzerns steht der gültige Tarifvertrag dabei natürlich im Wege. In der Vergangenheit hat sich der Konzern einer besonders üblen Form des Einsatzes von befristeten Arbeitsverträgen bedient. Sie erinnern sich vielleicht an die Postzustellerin, die über 17 Jahre hinweg auf Grundlage von 88 Zeitverträgen bei der Post angestellt war.

(Zuruf von der LINKEN: Ein Skandal!)

– Das war ein Skandal, ganz genau.

(Beifall bei der LINKEN)

Und das ist kein Einzelfall, wie mir die Kolleginnen und Kollegen vom Betriebsrat bestätigten.

Den 26 000 befristet Beschäftigten, die Ende 2014 im Zustelldienst waren, setzt man nun die Pistole auf die Brust. Neue entfristete Verträge gibt es nur noch in den 49 neu gegründeten Tochterfirmen. Nicht ganz überraschend werden die Beschäftigten dort nicht mehr nach dem bei der Post üblichen Tarifvertrag bezahlt, sondern nach dem der Speditions- und Logistikbranche. Natürlich sieht dieser deutlich schlechtere Bedingungen vor. Nach Berechnungen der Gewerkschaft Verdi können die Beschäftigten bis zu 3 500 Euro weniger in ihrem Geldbeutel haben. Das meine Damen und Herren, ist wirklich ein Skandal.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

„Leistung muss sich wieder lohnen“? Für Postbedienstete wohl eher nicht. Das, meine Damen und Herren der CDU/CSU, ist Ihr sogenanntes Jobwunder. Dabei wurden die Arbeitsbedingungen der Zustellerinnen und Zusteller in den letzten Jahren immer härter: Immer längere Zustellrunden bei gleicher Arbeitszeit wurden den Postzustellerinnen und -zustellern aufgebrummt. Noch mehr lassen sie sich einfach nicht auspressen, und zur Steigerung der Gewinne ist da natürlich nichts mehr zu holen. Darum folgen jetzt Tarifflucht und Lohndrückerei. Solche perfiden Praktiken, meine Damen und Herren, sind unerträglich.

(Beifall bei der LINKEN)

Es ist auch zynisch, wenn der Personalvorstand behauptet, die Beschäftigten hätten ja die freie Wahl, diese Verträge anzunehmen, wenn als Alternative nach dem Auslaufen der alten Verträge Hartz IV droht. Mit befristeter Beschäftigung und Hartz IV werden die Beschäftigten diszipliniert und das Lohnniveau nach unten gezogen. So funktioniert die Agenda 2010.

Was das mit dem Bund zu tun hat, werden Sie vielleicht fragen. Mit 21 Prozent ist der Bund immer noch größter Einzelaktionär und damit voll in der Verantwortung. In den vergangenen zehn Jahren wurden insgesamt mehr als 8 Milliarden Euro als Dividenden an die Aktionäre ausgeschüttet. Damit hat der Bund 1,7 Milliarden Euro bekommen. Liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, will sich die Sozialdemokratie jetzt auch noch Profitmaximierung auf Kosten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf die Fahnen schreiben? Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU, ist es das, was Sie unter sozialer Marktwirtschaft verstehen: die Aktienkurse steigen und die Löhne fallen?

Das Grundgesetz gilt auch für den Anteilseigner Bund. Machen Sie endlich Ihren Einfluss bei der Deutschen Post AG geltend!

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abgeordneten Tobias Zech, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4806490
Wahlperiode 18
Sitzung 96
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde Tarifkonflikt bei der Deutschen Post AG durch Ausgliederung
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