Albert StegemannCDU/CSU - Aktuelle Stunde Tarifkonflikt bei der Deutschen Post AG durch Ausgliederung
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! In den vergangenen Wochen erschienen immer wieder Beiträge in den Medien, ob nun bei Stern TV oder in den Zeitungen, die von aktuellen Stellenverlagerungen bei der Post berichteten. Die Nachricht von der Schaffung der Servicegesellschaft, der DHL Delivery GmbH, löste bei so manchem Zeitgenossen reflexartige Reaktionen wie „Mehr Arbeit für weniger Geld“ aus. Passende persönliche Schicksale waren ebenfalls schnell gefunden und rundeten dieses Bild ab.
In den Augen der Kritiker ist dies ein weiteres Beispiel für mangelndes Verantwortungsbewusstsein von Unternehmen in unserem Land. In diesem Zusammenhang reichen die Vorwürfe von einer Auslagerung in prekäre Beschäftigungsverhältnisse über die Schaffung einer Zweiklassenbeschäftigung bis zur Aushöhlung der Tarifverträge. Wir haben das alles schon gehört. Kurz gesagt: Bei der Post würden die gleichen Zustände wie damals bei Schlecker, der Fleischindustrie oder den Gebäudereinigern herrschen.
(Sabine Zimmermann [Zwickau] [DIE LINKE]: Genau!)
Vor diesem Hintergrund möchte ich den Kollegen von der Linken danken, dass sie dieses Thema in einer Aktuellen Stunde aufgegriffen haben.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Bitte! Gern geschehen!)
Doch während bei Ihnen die Alarmglocken schellen und Sie alle rhetorischen Register ziehen, muss ich Ihnen sagen: Fehlalarm. Denn ich bin der Überzeugung, dass in dem hier herangezogenen Fall die Schlagzeilen zu kurz greifen und teilweise politisch motiviert sind. Deshalb freue ich mich außerordentlich, hier jetzt einen Beitrag zur Versachlichung leisten zu dürfen.
(Klaus Barthel [SPD]: Na, da sind wir jetzt aber gespannt!)
Die Logistikbranche in der Bundesrepublik ist ein Bereich, der wie kaum ein anderer von hoher Dynamik gekennzeichnet ist.
(Sabine Zimmermann [Zwickau] [DIE LINKE]: Wie schön!)
Wir sehen hier einen enormen Wachstumsmarkt. Zugleich stehen die Dienstleister wie DHL, Hermes, DPD und UPS, um nur einige Beispiele zu nennen, in starker Konkurrenz zueinander. Dieser Wettbewerb wird ganz maßgeblich über den Preis ausgetragen. Das kommt nicht zuletzt auch den Kunden zugute.
(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber können immer niedrigere Löhne die Lösung sein? Das funktioniert doch nicht!)
Die Post bzw. deren Logistikdienstleister DHL hat das Wachstumspotenzial des Marktes erkannt. Der Konzern hat nun Schritte eingeleitet, um langfristig und erfolgreich auf dem Markt bestehen zu können. Damit nimmt der Konzern die Verantwortung für seine Mitarbeiter wahr, da eine wettbewerbsfähige Unternehmensstruktur letztlich auch immer im Interesse der Mitarbeiter ist.
(Sabine Zimmermann [Zwickau] [DIE LINKE]: Aber nicht zu immer niedrigeren Löhnen!)
Den Vorwurf, das alles sei eine Art des plumpen Lohndumpings, lasse ich an dieser Stelle nicht gelten.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Ach nein? Und wieso nicht?)
So fand diese Umstrukturierung doch im Korsett von Rechtsstaat und Tarifautonomie statt und nicht in einer Wildwestmanier, wie wir sie in der Vergangenheit teilweise haben erleben müssen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir sehen an dieser Stelle also kein Outsourcing oder gar Tarifflucht. Was aktuell passiert, ist lediglich der Wechsel eines kleinen Teils der Belegschaft in einen anderen Tarifvertrag. An dieser Stelle sei angemerkt, dass wir in den Regionalgesellschaften von einem Durchschnittslohn von 12,79 Euro pro Stunde sprechen.
(Klaus Barthel [SPD]: Einschließlich Geschäftsführer, oder was? – Sabine Leidig [DIE LINKE]: Können Sie sich vorstellen, davon zu leben?)
Im Übrigen werden bei den 49 Gesellschaften in den kommenden Jahren etwa 20 000 Stellen geschaffen. Noch einmal: Die hier geltenden Verträge sind nicht irgendwelche Schmuddelverträge. Nein, diese sind ordentlich tarifiert und auch unbefristet.
Die Entscheidung, tarifliche Gestaltungsspielräume zu nutzen, fußt in diesem Fall also nicht etwa auf dem Wunsch, jenseits der bestehenden Regelungen die schnelle Mark zu machen. Nein, ein gutes Unternehmertum muss sich auch immer wieder auf aktuelle Entwicklungen einstellen und darauf reagieren. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass die Sozialpartner solche Herausforderungen gemeinsam und erfolgreich bewältigen können. Ich für meinen Teil kann nicht erkennen, dass sich die Deutsche Post nun von diesem Grundsatz verabschiedet hat. Eine funktionierende Sozialpartnerschaft bedeutet aber nicht, dass der Wunsch nach einer guten Tariflandschaft immer auch mit dem Wunsch nach dem höchsten Tarifabschluss einhergehen muss. Dieser letzte Satz ist kein Ausdruck falsch verstandener Unternehmerfreundlichkeit, sondernein Ausdruck des Respekts vor der Unabhängigkeit der Tarifpartner.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Als nächster Rednerin erteile ich das Wort der Abgeordneten Jutta Krellmann, Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4806566 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 96 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde Tarifkonflikt bei der Deutschen Post AG durch Ausgliederung |