25.03.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 96 / Zusatzpunkt 1

Albert WeilerCDU/CSU - Aktuelle Stunde Tarifkonflikt bei der Deutschen Post AG durch Ausgliederung

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Ich möchte Sie alle recht herzlich hier im Deutschen Bundestag begrüßen. Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ganz besonders begrüße ich die vielen jungen Menschen auf der Tribüne; denn es freut mich ganz besonders, dass wir so viel Nachwuchs hier oben haben, der sich für Politik interessiert. Sehr schön.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Was mich nicht so erfreut, ist: Wir haben heute einen Antrag der Linken,

(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine Aktuelle Stunde!)

aber ich sehe leider nur einen, zwei, drei, vier, fünf Linke. Ich hätte bei einem eigenen Antrag gerne mehr gesehen. Aber das Leben ist nun einmal so. Damit muss ich leben.

(Sabine Zimmermann [Zwickau] [DIE LINKE]: Sie sind doch froh, wenn Sie uns nicht sehen!)

Politik beginnt mit der Betrachtung der Wirklichkeit. Dies gilt auch an dieser Stelle für die Kollegen der Linksfraktion. Die von Ihnen beantragte Aktuelle Stunde ist geprägt von Kampfbegriffen

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Was?)

wie Tarifflucht und Zweiklassenbeschäftigung. Die Kollegin hat vorhin von Lohndrückerei gesprochen.

(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Ist es ja auch!)

Das stellt einen ehrlichen Willen zur Aufarbeitung der Problematik bzw. wahrheitsgemäßen Darstellung der Wirklichkeit meines Erachtens infrage. Das soll genutzt werden, um besonders die SPD zu kritisieren und um einen Machtkampf bei Verdi hier im Bundestag auszutragen. Das ist nicht schön, aber auch damit müssen wir leben.

Pacta sunt servanda. Ich denke, wir sind uns alle einig: Verträge müssen eingehalten werden. Ich will aber auch für Verständnis für die vielen Mitarbeiter bei der Deutschen Post AG werben, die betroffen sind und deren Arbeitsverhältnis umgewandelt wird. Dieses ist zwar unbefristet, die Mitarbeiter aber werden geringer entlohnt.

Wie ist die Situation? Erstens. Es wird 10 000 neue unbefristete Stellen bei der DHL Paket geben.

(Sabine Zimmermann [Zwickau] [DIE LINKE]: Verlagerte!)

Zweitens. Bis 2025 sollen sogar 20 000 Beschäftigte unbefristet eingestellt werden.

(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die fallen doch an anderer Stelle weg! Ist das so schwer zu verstehen?)

Das allein ist schon einmal eine sehr gute Nachricht vom Grundsatz her.

Drittens. Die Mitarbeiter bleiben alle unter dem Dach der DHL Delivery GmbH. Die Entlohnung in diesen Gesellschaften erfolgt – hören Sie bitte einmal zu – nach dem von Verdi ausgehandelten Tarifvertrag für den Speditions- und Logistikbereich. Die neuen Mitarbeiter in den Regionalgesellschaften werden nach den regionalen Tarifen der Speditions- und Logistikbranche bezahlt. Unter diesen Tarifverträgen steht die Unterschrift von Verdi, sodass man hier von einer Tarifflucht wirklich nicht sprechen kann.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Für die Mitarbeiter der Deutschen Post mit unbefristeten Verträgen – das ist das absolute Gros der Mitarbeiter – ändert sich gar nichts. Der bestehende Tarifvertrag für die Deutsche Post AG gilt natürlich weiterhin. Niemand kann also behaupten, dass die Deutsche Post Tarifverträge brechen will.

Ehrlicherweise muss man doch Folgendes zugestehen: Die Deutsche Post steht in deutlichem Wettbewerbsnachteil im hart umkämpften deutschen Paketmarkt, weil die Löhne bei ihr im Vergleich höher sind als bei den Mitbewerbern. Da müssen wir etwas tun.

(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das heißt, diese Löhne müssen hoch und nicht die anderen runter!)

Fakt ist: Für die neuen Mitarbeiter gilt ein höheres Niveau als das der regionalen Tarifverträge der Speditions- und Logistikbranche. Das gilt auch für die Bezahlung: Der Lohn liegt deutlich über dem Mindestlohnbetrag, den selbst die Linkspartei fordert. Der Durchschnittslohn soll bei 12,79 Euro liegen. Das sind etwas über 2 200 Euro im Monat. Alle neuen Verträge werden für Vollzeit und unbefristet sein. Es soll leistungsorientierte Prämien und attraktive Zuverdienstmöglichkeiten geben.

(Klaus Barthel [SPD]: Trinkgeld, oder was?)

Zum Vergleich: Der Durchschnittslohn von Sped-Log beträgt 12,44 Euro. So viel zum Vorwurf der Zweiklassenbeschäftigung!

Der Vorstand der Post AG hat zugesichert, dass den Mitarbeitern, die zurzeit einen befristeten Arbeitsvertrag haben, eine Entfristung zusteht und dass mindestens das derzeitige Monatsgrundgehalt gezahlt wird. Sie sehen: An dieser Stelle hält die Post den mit Verdi ausgehandelten Tarifvertrag ein

(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und zahlt kein Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld!)

und zahlt sogar noch etwas darüber hinaus und mehr als andere Anbieter in der Branche.

Zusammengefasst kann man folgende Rechnung aufmachen:

(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eins und eins ist drei!)

Grundsätzlich werden die Arbeitnehmer etwas weniger haben – das weiß ich –, aber sie kriegen einen unbefristeten Arbeitsvertrag.

(Sabine Zimmermann [Zwickau] [DIE LINKE]: Na toll!)

Entweder entstehen neue 20 000 unbefristete Arbeitsplätze

(Klaus Barthel [SPD]: Die entstehen eben nicht neu!)

bei der Deutschen Post DHL zu den genannten Konditionen,

(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, die fallen bei der Post weg! Ist das so schwer zu verstehen?)

oder sie entstehen bei einem der zahlreichen Wettbewerber, meine Damen und Herren, zu deutlich schlechteren Konditionen, oft in Unternehmen, in denen Verdi deutlich geringer vertreten ist.

Jetzt ist Verdi als Tarifverhandlungspartner gefragt, weiterhin positive Tarifverträge für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Post und der Sped-Log-Branche auszuhandeln, und nicht der Deutsche Bundestag.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4806666
Wahlperiode 18
Sitzung 96
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde Tarifkonflikt bei der Deutschen Post AG durch Ausgliederung
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