Axel SchäferSPD - Verbindliche politische Regeln im Sport
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist gut, dass wir heute dieses Thema diskutieren. Es ist wichtig, fast am Ende dieser Debatte darauf hinzuweisen, dass es hier in vielen Punkten Übereinstimmung zwischen den Fraktionen gibt. Deshalb könnte ich eine Reihe von Punkten der Kollegin Göring-Eckardt und des Kollegen Hahn durchaus unterschreiben, die SPD insgesamt sicherlich auch.
Ein Punkt wurde aber leider völlig ausgeblendet: So richtig Kritik an Verbänden ist, es darf die Selbstkritik nicht fehlen, also die Kritik am eigenen Parlament. Ich möchte deshalb daran erinnern, dass 1980 der Deutsche Bundestag – von den damals Beteiligten ist niemand mehr im Saal – den dümmsten Beschluss seiner Geschichte gefasst hat: Er hat die Sportverbände veranlasst, die Olympischen Spiele in Moskau zu boykottieren.
(Beifall der Abg. Michaela Engelmeier [SPD])
Das war dumm, weil wir fast die Einzigen waren, weil der Sport in eine Abhängigkeit geriet und weil dieser Beschluss irreparabel war: Anders als bei einer Rentenreform konnte man nichts mehr ändern, sondern die Spiele waren gelaufen. Dieser dumme Beschluss wurde vier Jahre später durch den ebenso dummen Beschluss der Volkskammer noch getoppt: Wie viele andere Staaten auch boykottierte die DDR die nächsten Spiele in Los Angeles. Das sollte uns eine Lehre sein. Wenn es um das Verhältnis zwischen Sport und Politik geht, sollten wir immer die Balance wahren sowie auch über die eigenen Fehler, Schwächen und Erfahrungen reflektieren. Es war wichtig, dass man auch hierüber einmal redet.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Es ist, liebe Kolleginnen und Kollegen, notwendig, auf Folgendes hinzuweisen: Man darf bei keinem Großereignis – so wie es damals der Sportausschussvorsitzende Peter Danckert in Bezug auf die Fußballweltmeisterschaft in Deutschland sagte –, bei diesen wichtigen und auch wirklich schönen Spielen und Wettkämpfen, zu keinem Zeitpunkt den Eindruck haben, dass in unserem Land – durch die Regeln, die uns die FIFA oder das IOC oktroyiert; die Host-City-Verträge wurden angespro- chen – die Demokratie zum Teil außer Kraft gesetzt wird. Das geht in Demokratien nicht.
Deshalb ist es wichtig, dass wir mit unseren Bewerbungen – das gilt auch für das, was wir jetzt im Hinblick auf Hamburg beschlossen haben – ein gutes Beispiel – auch was unser Verständnis in Europa und mit Europa angeht – geben, ohne dass wir den anderen Teilen der Welt vorschreiben wollen, wie etwas zu sein hat. Vielmehr sollten wir das im positiven Sinne machen.
Kollege Grindel, da bin ich anderer Meinung als Sie: Wenn es in vier Städten in Bayern eine Mehrheit gegen Olympische Winterspiele gibt – was ich sehr bedauere –, dann ist das auch Teil der Demokratie, von der wir und mit der wir leben. Der DOSB ist heute der Meinung, dass man eine Vergabe nur noch durchführen kann, wenn das auch von den Bürgerinnen und Bürgern – genauso wie von den parlamentarischen Gremien – akzeptiert wird. Und das ist auch gut so.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Da ich gerade beim Kollegen Grindel war, kann ich nun direkt auf etwas sehr Positives zu sprechen kommen. Man muss auch im Deutschen Bundestag einmal darauf hinweisen, dass das Verhältnis zwischen Sport und Politik keine Einbahnstraße sein darf. Es ist gut und richtig, dass wir ehrenamtlich engagierte Funktionsträger haben. Das sind auf der einen Seite die Kollegen Gienger und Grindel sowie auf der anderen Seite die Kolleginnen Freitag und Engelmeier. Sie stehen in ihren Verbänden mit an der Spitze. Sie sind von ihren Wählerinnen und Wählern demokratisch legitimiert, haben entsprechende Verantwortung und können die Belange des Sports hier kompetent einbringen. Auch das gehört dazu. Des Weiteren gehört dazu, dass wir als Politikerinnen und Politiker unsere Meinung öffentlich klar kundtun, wenn es um streitige Fragen geht.
Ich finde es wichtig, dass wir über Menschenrechte in Katar und auch über Diskriminierung in Sotschi reden. Das finde ich richtig. Genauso richtig finde ich es, dass einige von uns – das gilt für mich genauso – sagen: Wenn die FIFA jetzt einen neuen Präsidenten wählt, ist es gut, wenn sich die europäischen Verbände – es sind 54 – abstimmen und einen gemeinsamen Kandidaten kraftvoll unterstützen.
Ich sage Ihnen – nach den Erfahrungen der letzten Jahre und Jahrzehnte – aber auch ganz offen: Ich wäre froh, wenn diese Abstimmung zu dem Ergebnis führen würde: Joseph Blatter ist weg. Es ist an der Zeit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bravo!)
Abschließender Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der Kollege Johannes Steiniger für die CDU/CSU.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4809339 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 97 |
Tagesordnungspunkt | Verbindliche politische Regeln im Sport |