26.03.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 97 / Tagesordnungspunkt 3

Thomas JarzombekCDU/CSU - Förderung der Medienkompetenz

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Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Tageszeitung Die Welt hat vor wenigen Tagen eine Theorie aufgestellt, nämlich dass Google ohne „Jugend forscht“ nicht erfunden worden wäre. Man hat als Beleg für diese These angeführt, dass der junge Andreas von Bechtolsheim mit 18 Jahren den Bundeswettbewerb „Jugend forscht“ gewonnen hat und, wie der eine oder andere weiß, später einer der ersten Investoren bei Google gewesen ist, eine Firma gegründet hat, Sun Microsystems, die unter anderem die Programmiersprache Java entwickelt hat und, glaube ich, ein schweres Fundament des Internets ist.

Der junge Andreas von Bechtolsheim aus Bayern, Deutschland, der mit 18 Jahren bei „Jugend forscht“ gewonnen hat, beginnt danach an der TU München zu studieren. Man kann es an verschiedenen Stellen nachlesen: Er war frustriert, weil es dort keine Computer für den jungen, computerbegeisterten Andreas von Bechtolsheim gegeben hat. Schon kurze Zeit später ging er nach Pittsburgh, dann nach Stanford. Er ist nie wieder nach Deutschland zurückgekehrt.

Ich hatte vor zwei Jahren die Gelegenheit, ihn persönlich zu treffen. Ich habe ihn gefragt, was wir als Deutsche eigentlich tun können, damit Deutschland wieder zum Gründerstandort wird und beim Internet aufholt. Seine Antwort war sehr resignativ. Ich freue mich, dass heute schon so oft von der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ und von der Projektgruppe Medienkompetenz gesprochen wurde, die ich damals vor fünf Jahren geleitet habe. Dort haben Kollegin Rößner und auch einige andere aus diesem Saal mitgearbeitet. Man muss sich hier die Frage stellen: Was ist aus all diesen guten Dingen, die wir hier vor fünf Jahren gemeinsam auf die Schiene gebracht haben, eigentlich geworden?

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Harald Petzold [Havelland] [DIE LINKE]: Das ist eine gute Frage! – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine gute Frage! Warum findet sich nichts davon im Antrag?)

– Freut euch mal nicht zu früh, Herr Mutlu.

Die Studie ICILS kommt zu dem Ergebnis, dass in Deutschland – das ist ein bitteres Ergebnis – elf Schüler auf einen Computer kommen, dass Chile und Thailand hier vor uns liegen, dass die Lehrerausbildung im Bereich IT Zufall ist und dass es auf diesem Gebiet seit 2006 eigentlich kaum noch eine Entwicklung gibt. Jetzt muss man sich die Frage stellen, was in den Ländern eigentlich passiert ist.

Lieber Herr Mutlu, ihr Grünen seid Schnacker, wenn ich das mal so sagen darf.

(Lachen der Abg. Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Du bist der Oberschnacker!)

Hier werden schlaue Reden gehalten. Frau Rößner, Sie kommen aus Rheinland-Pfalz und müssten doch einmal zu Ihrer Ministerpräsidentin gehen und sagen: Mach doch mal etwas! – Hannelore Kraft hat in Nordrhein- Westfalen von Megahertz, Megabits und Mega-Irgendwas gesprochen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt sind wieder die Länder schuld!)

Ich habe keinen einzigen Beitrag in NRW gesehen, wie man an dieses Thema herangehen will.

Wir haben hier doch gemeinsam gesagt: Wir wollen ein Tablet oder ein Laptop für jeden Schüler. – Wo ist die entsprechende Initiative in den Ländern? Man kann sagen: Bring your own device! Die Geräte, die die Schüler schon besitzen, sollen also mitgebracht werden, und daneben sorgen wir für einen Ausgleichsmechanismus für diejenigen, die sich ein solches Gerät nicht leisten können. Ich sehe in diesen Ländern keine entsprechende Initiative.

In unserem Antrag wird richtigerweise auch auf das Programmieren eingegangen. Das Programmieren nach der Grundschule ist eine sehr wichtige Kompetenz. Diese könnte man doch einmal zum Schwerpunkt machen.

Zum Thema Lehrerausbildung. Ich finde es einen Skandal, dass in der heutigen Lehrerausbildung immer noch nicht gelernt wird, wie man mit der IT umgeht.

Auch die neuen digitalen Medien – das hat die Kollegin Esken sehr richtig gesagt –, die Open Educational Resources und das digitale Lernen sind ganz wichtig. In Deutschland hat man immer den Eindruck, dass das Lernen trocken sein und Schmerzen bereiten muss.

(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: An der Tafel!)

Das darf auf keinen Fall Spaß machen, sonst ist das Spielerei. Schauen Sie sich einmal an, wie viele Kinder vor einigen Jahren bei „Dr. Kawashimas Gehirn-Jogging“ mit totaler Begeisterung Rechenaufgaben gelöst haben. Man kann offenbar auf spielerische Weise auch diejenigen erreichen, deren Eltern sie nicht zum Bildungserfolg antreiben.

Wir haben gestern Abend mit unserer Arbeitsgruppe ein spannendes Start-up-Unternehmen getroffen, nämlich sofatutor. Es wurde hier in Berlin gegründet und hat mittlerweile über 200 Mitarbeiter. Sie machen Lernvideos für Schüler und veröffentlichen sie im Internet. Das ist wirklich eine tolle Sache. 90 000 Schüler haben dies abonniert. Momentan brauchen sie Wachstumskapital, aber sie finden hier niemanden, der sie finanziert. Jetzt haben sie Angebote aus den USA. Mit diesen Angeboten ist aber verbunden, dass sie dann auch in die USA gehen müssen. Hier sind also wichtige Weichenstellungen nötig, um ein Unternehmen wie sofatutor in Deutschland, in Berlin, zu halten und die entsprechenden Projekte mit unseren Lernplänen zu verbinden.

Damit komme ich zu meinem letzten Punkt, nämlich der Lust zum Gründen. Auch das ist ein extrem wichtiges Thema. Ich bin stolz und froh, dass in Deutschland so viele junge Menschen davon träumen, eine Karriere im öffentlichen Dienst zu machen.

(Heiterkeit des Abg. Dr. Thomas Feist [CDU/ CSU])

Das ist wahrscheinlich auch der Grund dafür, dass unsere öffentliche Verwaltung so viel leistungsfähiger ist als in manch anderen Ländern. Ich will hier Griechenland gar nicht exemplarisch benennen. Ich würde es mir aber schon wünschen, dass sich der eine oder andere auch dafür entscheidet, zu gründen.

Es gibt eine junge Dame, Martina Neef, die hier ganz tolle Projekte mit Schülern durchführt. In den Projektwochen wird gezeigt, wie man ein Unternehmen gründet, um Lust auf Unternehmensgründungen zu machen. Das geht nur mit Gründern zusammen. Ich glaube, hier müssen wir noch mehr machen.

Vieles aus diesem Antrag führt genau dorthin. Deshalb bin ich Sven Volmering sehr dankbar, dass er diesen Antrag in den letzten Monaten mit so viel Energie nach vorne getrieben hat

(Beifall bei der CDU/CSU)

und sich nicht dadurch frustrieren lässt, dass wir hier viele gute Projekte und viele gute Fördermittel auf den Weg bringen, während in den Ländern – zumindest in einigen – am Ende nur sehr wenig passiert. Dort muss mehr stattfinden.

Die Länder bilden jetzt allen Ernstes einen Bund-Länder-Arbeitskreis zu der Frage, ob die Landesmedienanstalten bei Google hineinregulieren können, wenn es um die Ergebnisreihenfolge bei manchen Themen geht. Ich glaube, wenn das die zentrale Problemstellung der Länder ist, dann haben sie noch nicht begriffen, was die Herausforderung des digitalen Wandels ist.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich freue mich über unsere Initiative.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. Also, an meiner Schule, übrigens in Bayern, ging es anders zu als bei Ihnen. Ich hoffe, Sie überwinden Ihr Trauma.

(Beifall des Abg. Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Dr. Wolfgang Stefinger [CDU/CSU]: Sie waren ja auch in Bayern! – Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Nächster Redner ist Dr. Jens Zimmermann für die SPD.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4809491
Wahlperiode 18
Sitzung 97
Tagesordnungspunkt Förderung der Medienkompetenz
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