Roderich KiesewetterCDU/CSU - Bundeswehreinsatz EUTM Somalia
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon traurig, Herr Kollege Dr. Neu, dass Sie den Bundestag als ein Forum für Desinformation und Propaganda nutzen,
(Lachen bei der LINKEN)
statt als stärkste Oppositionspartei bessere Vorschläge zu machen. Das haben Sie nicht getan.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Terrorismus, organisierte Kriminalität, Flüchtlingsströme – Somalia ist ein erschütterndes Beispiel für die Auswirkungen, die fragile Staaten bis nach Asien und Europa haben. Es ist in unserem Kerninteresse, den Ursachen von Flüchtlingsströmen nicht nur nachzugehen, sondern sie auch intensiv zu bekämpfen und in Afrika mit einem übergreifenden Ansatz Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten. Das genau machen wir im Rahmen dieser Ausbildungsmission. Ich will im Folgenden darstellen, welche unsere Kerninteressen sind.
Kollege Kiesewetter, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung der Kollegin Dagdelen?
(Michaela Noll [CDU/CSU]: Die bringt uns nicht weiter!)
Nein, aber ich freue mich auf die Kurzintervention hinterher.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir Europäer sind dort nicht deshalb engagiert, weil wir direkt militärisch eingreifen wollen, sondern weil wir Hilfe zur Selbsthilfe leisten wollen. In unserem Kerninteresse ist es, dass die Ursachen von Flüchtlingsströmen bekämpft werden. Vor allen Dingen aber müssen die Ursachen des raumgreifenden Terrorismus bekämpft werden, der nicht nur von Somalia ausgeht, sondern über Boko Haram auch Kenia und andere Staaten wie Nigeria und Libyen erfasst. Außerdem gefährdet er, wie wir gerade im Jemen erleben, auch die Sicherheit Afrikas, der arabischen Welt und Europas.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Seit dem Jahr 2006 ist die internationale Gemeinschaft in Somalia engagiert, zunächst mit der Mission AMISOM der Afrikanischen Union. Kurz nach Inkrafttreten dieser Mission war klar, dass hier übergreifend geholfen werden muss – da gab es dann die UNO-Mission UNOSOM, die immer noch wirksam ist –, und dann haben wir Europäer uns aufgerufen gefühlt, zu unterstützen. Wir machen dies zur Unterstützung des Welternährungsprogramms und zur Bekämpfung der Piraterie mit der Operation Atalanta. Wir unterstützen die Küstensicherheit mit der EU-Mission EUCAP NESTOR, und wir sind seit einigen Jahren – insbesondere in Somalia, seit zwei Jahren – aktiv mit der Ausbildungsmission. An dieser Ausbildungsmission sind zwar insgesamt nur 130 europäische Soldaten, darunter 8 deutsche Soldaten, beteiligt; aber durch diesen Ausbildungsprozess ist bis jetzt schon ein Viertel der somalischen Streitkräfte gegangen. Das ist ein Erfolg. Ich möchte an dieser Stelle allen europäischen Soldaten, die mitgewirkt haben an diesem übergreifenden Ansatz, danken.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Hier zeigen auch wir Deutschen europäische Solidarität; denn die Flüchtlingsströme aus Somalia gehen über Libyen nach Italien, nach Malta, nach Spanien. Hier zeigen wir auch, dass wir mit einer konzertierten Ausbildung unterstützen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Übergreifende ist allerdings auch das Schwierige. In Somalia haben wir erreicht, dass al-Schabab keine räumliche Verantwortung bzw. räumliche Herrschaft mehr übernommen hat und übernehmen kann. Wir haben erreicht, dass das somalische Budget sich in den letzten zwei Jahren durch Steuereinnahmen um ein Fünftel erhöht hat. Wir haben erreicht, dass der Teil der somalischen Streitkräfte, den wir unterstützen, so etwas wie eine Stütze der dortigen Regierung geworden ist.
Allerdings stehen wir vor zwei Herausforderungen – das müssen wir auch ganz offen ansprechen –: Die Ausbildungsmission kann nur ein Teil sein in dem vernetzten strategischen Ansatz, den ich angesprochen habe. Ganz wesentlich ist eine legitime Regierung. Erstmals seit 2012 haben wir wieder eine Regierung; bis 2012 stand das Land vor dem Zerfall. In den letzten drei Jahren hat die Regierung zumindest die Kontrolle über einen Teil des Landes wiedergewonnen. Im nächsten Jahr finden erstmals wieder Parlamentswahlen statt. Es ist, glaube ich, unsere Verantwortung, dieser Regierung zu zeigen, dass die internationale Zusammenarbeit Forderungen stellt an Rechtsstaatlichkeit und Korruptionsbekämpfung, was dort einen erheblichen Aufwand bedeutet.
Auf der anderen Seite – ich spreche hier die Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen an – wäre es ein fatales Signal, jetzt, knapp eineinhalb Jahre vor den Parlamentswahlen, aus dieser Mission auszusteigen. Im Gegenteil: Heute früh hat eine Vertreterin Ihrer Fraktion sehr deutlich angesprochen, warum wir die EU-Assoziierungsabkommen brauchen. Auch wenn in den Staaten Moldawien, Ukraine und Georgien nicht alles so ist, wie wir uns das wünschen, müssen wir uns dort engagieren. Genauso müssen wir uns weiterhin in Somalia engagieren, dürfen uns nicht von dort zurückziehen, auch wenn die Mission noch zu verbessern ist.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Rauszugehen ist keine Alternative. Entscheidend ist, dass wir uns dort weiterhin einbringen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich werbe intensiv für die Zustimmung zu diesem Mandat. Die Ausbildungsmission ist eingebunden in eine überregionale Initiative, nicht nur, was die deutsche Afrikastrategie angeht. Die Europäische Union ist auf dem Weg und muss auf dem Weg bleiben, globaler Akteur für zivil unterstützte Sicherheit zu sein. Es ist unsere Aufgabe, ein glaubwürdiger Pfeiler im Konzert der internationalen Organisationen zu sein. Dank der Europäischen Union ist die Afrikanische Union in der Lage, Missionen durchzuführen. „ Hilfe zur Selbsthilfe, afrikanische Lösungen für afrikanische Probleme“ muss unsere Devise sein. Die Ausbildungsmission leistet dazu einen erheblichen, wertvollen Beitrag. Ich bitte Sie deshalb um Ihre Unterstützung.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Zu einer Kurzintervention hat die Kollegin Dagdelen das Wort.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4809886 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 97 |
Tagesordnungspunkt | Bundeswehreinsatz EUTM Somalia |