26.03.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 97 / Tagesordnungspunkt 6

Elisabeth MotschmannCDU/CSU - Bundeswehreinsatz EUTM Somalia

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 2008 stellte der Tagesspiegel allen Fraktionen die Frage: Warum soll sich Deutschland überhaupt in Afrika engagieren? – Diese Frage bleibt aktuell. Die Antworten darauf waren überzeugend; Ausnahme: die Linke. Ihre Antworten damals waren genauso verantwortungslos, abwegig und falsch wie das, was Sie heute hier gesagt haben, Herr Neu. Wir müssen diese Frage beantworten, wenn wir Soldaten nach Somalia schicken.

Licht und Schatten charakterisieren unseren Nachbarkontinent Afrika insgesamt. Krasse Gegensätze kennzeichnen das Leben und die Politik in Afrika in seinen unterschiedlichen Staaten und natürlich auch in Somalia. Demokratie und Autokratie, demokratisch gewählte Präsidenten und kaum legitimierte Despoten, Aufbau staatlicher Strukturen und Prozesse des Staatsverfalls, hohe Wachstumsraten und Inflation sowie Korruption, reiche Bodenschätze und bittere Armut, einzelne friedliche Zonen und Krieg, Terror und Vertreibung: Das alles trifft zum großen Teil auch auf Somalia zu.

Licht und Schatten: Der Entschuldungsprozess schreitet voran, internationale Finanzhilfen haben sich im letzten Jahrzehnt verdoppelt, die Staatseinnahmen sind um 21 Prozent gestiegen. Das ist positiv. Und trotzdem: Armut, Terror, Gewalt und Hunger.

Eines der zentralen Probleme sind die sehr fragilen staatlichen Strukturen. Seit über 20 Jahren werden sie vom Bürgerkrieg zwischen Regierung und Al-Schabab- Miliz immer wieder zerstört. Die Hauptstadt Mogadischu ist Ende 2011 von den Regierungstruppen und der Afrikanischen Union befreit worden. Das ist positiv. 4 600 somalische Soldaten wurden ausgebildet, sie sind zuverlässig. Das ist positiv. Die Milizionäre sind nicht mehr in der Lage – Herr Kiesewetter hat darauf hingewiesen –, größere Räume zu kontrollieren. Auch das ist positiv. Und trotzdem: Zuletzt hatten die Terroristen von al- Schabab am 20. Februar dieses Jahres ein Hotel in Mogadischu angegriffen. 20 Menschen mussten ihr Leben lassen, unter ihnen der Vizebürgermeister und ein Abgeordneter.

Es kann also von einer dauerhaften Verdrängung von al-Schabab oder von Frieden noch lange keine Rede sein. Es kann auch keine Rede von der konsequenten Umsetzung von Völkerrecht und Menschenrechten sein. Genau deshalb engagieren wir uns in Afrika. Genau deshalb ist die europäische Mission EUTM Somalia weiterhin notwendig und wichtig, nicht weil wir irgendwelche kolonialen Expansionsabsichten hätten, wie es uns die Linken immer wieder unterstellen, sondern weil die Menschen in Somalia einen berechtigten Anspruch auf Völkerrecht, Menschenrechte, auf Perspektiven für ihr Leben und auf zunächst bescheidenen Wohlstand haben. Deshalb engagieren wir uns.

Das Ziel bleiben die Ausbildung der somalischen Sicherheitskräfte, die dazu befähigt werden sollen, selbst für Stabilität im Lande zu sorgen, die wirksame Bekämpfung von kriminellen und terroristischen Strukturen mit den Mitteln der Sicherheits- und Ordnungspolitik. Es war daher zum Beispiel eine richtige Entscheidung, die Ausbildung von Uganda in das Trainingscamp Jazeera in Mogadischu zu verlegen, auch wenn die Rahmenbedingungen für die Ausbildung schwierig sind. Hier darf man sicher nicht unsere Maßstäbe anlegen, Kollege Schmidt. Es war richtig, diese Verlagerung vorzunehmen und die Wahrnehmung von Sicherheitsverantwortung auf das Land zu übertragen.

Nächstes Jahr, 2016, sind Wahlen in Somalia. Bis dahin muss noch viel passieren. Die Menschen müssen eine eigenverantwortliche Lebensperspektive bekommen, um überhaupt den Mut zu haben, die neuen Strukturen, die zu schaffen sind, zu schützen und zu stärken. Neben dem politischen und strukturellen Ausbau des Landes ist aber auch ein geistiger Aufbau der Zivilgesellschaft notwendig, was bei 62 Prozent Analphabetenquote sehr schwer ist.

Ein Einklang von militärischer und ziviler Entwicklungszusammenarbeit ist daher wichtig, und es passt gut, dass das BMZ erhebliche Mittel nach Somalia gibt. Somalia wird mit diesen Geldern in seinen Bemühungen unterstützt, notwendige Entwicklungen im Land voranzubringen. Dieses Zusammenspiel humanitärer und militärischer Hilfe muss weitergehen. Ohne Sicherheit ist humanitäre Hilfe nicht möglich. Auch das möchte ich den Linken immer wieder ins Stammbuch schreiben: Humanitäre Hilfe, die Sie wollen, geht nicht ohne ein Minimum an Sicherheit.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Alexander S. Neu [DIE LINKE]: Sagen Sie!)

Ohne Sicherheit sind freie demokratische Wahlen nicht denkbar. Ohne die Bekämpfung der Al-Schabab- Miliz ist die Zukunft des Landes und seiner Menschen in Gefahr. Ohne Bekämpfung der organisierten Kriminalität haben rechtsstaatliche Strukturen keine Chance.

Fest steht – ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin –: Somalia wird noch viele Jahre auf Hilfe von außen angewiesen sein. Vorausgesetzt, die politische Lage lässt es zu, wird Deutschland mit seinen Bündnispartnern dazu einen Beitrag leisten. Die Eindämmung des Terrors ist eine politische Aufgabe, zu der auch Deutschland beitragen kann und muss. Aus diesen Gründen bitte ich Sie herzlich um Ihre Zustimmung für den Einsatz.

Am Ende auch von meiner Seite herzlichen Dank an alle Soldatinnen und Soldaten, die in Somalia oder in anderen Ländern einen schweren, oft auch gefährlichen Einsatz leisten! Aber es ist zum Wohle der Menschen, und deshalb müssen wir Ja zu diesem Einsatz sagen und ihn positiv begleiten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist schön, dass Sie so zahlreich dieser Debatte folgen. Ich bitte Sie um den notwendigen Respekt und die Aufmerksamkeit auch für die beiden noch folgenden Redner in dieser Debatte. Dazu gehört aus meiner Sicht, dass Sie die ausreichend vorhandenen Sitzgelegenheiten auch tatsächlich nutzen. Es wäre sehr schön, wenn ich auch in meiner eigenen Fraktion erhört würde und deren Abgeordnete Platz nähmen. Aber das gilt auch für die Unionsfraktion.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, könnten Sie Ihre Fraktionskollegen in den hinteren Reihen darauf aufmerksam machen, dass wir noch immer in der Debatte sind und sich diese vorwiegend hier vorne abspielt? – Der Kollege Thomas Hitschler hat für die SPD-Fraktion das Wort.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4809952
Wahlperiode 18
Sitzung 97
Tagesordnungspunkt Bundeswehreinsatz EUTM Somalia
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