Thomas HitschlerSPD - Bundeswehreinsatz EUTM Somalia
Sehr geehrte Frau Präsidentin, ich bedanke mich erst einmal ganz herzlich dafür, dass Sie die Aufmerksamkeit im Saal gesteigert haben. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor nicht ganz einem Jahr stand ich schon einmal an dieser Stelle und habe um Zustimmung zur Verlängerung dieses Mandats der Bundeswehr gebeten.
(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hat ja nichts genützt!)
Ich werde dies auch heute tun; denn ich bin davon überzeugt, dass der deutsche Einsatz in Somalia dazu beiträgt, dass sich Strukturen entwickeln und verfestigen, in denen die Somalis selbst für ihre Sicherheit sorgen können.
Frei nach Rousseau ist der Stärkste nie stark genug, wenn er seine Stärke nicht in Recht verwandeln kann. Gemeinsam mit Angehörigen der Streitkräfte aus zehn weiteren Staaten bilden die Soldaten der Bundeswehr in vier Lehrgängen somalische Bürgerinnen und Bürger aus. Die Teilnehmer dieser Lehrgänge sind motiviert. Sie möchten den Menschen in ihrem Land, in ihrer Heimat Sicherheit geben.
Um zu verstehen, wie wichtig allein dieses Ziel ist, müssen wir uns vor Augen führen, wie lange die Somalis keinen Frieden und auch keine Sicherheit kennen. Der Bürgerkrieg fing 1991 an. Das ist jetzt 24 Jahre her. Kolleginnen und Kollegen, wie groß schätzen Sie den Anteil der Menschen in Somalia, die jünger als 24 Jahre sind, für die der Gedanke, dass Frieden und Sicherheit eigentlich selbstverständlich sein sollten, fremd ist? 20 Prozent? 30 Prozent? Es sind fast 63 Prozent.
Diese Menschen, die im Bürgerkrieg aufgewachsen sind, wollen jetzt dafür eintreten, dass die nächste Generation in ihrem Land Frieden und Sicherheit als etwas Normales wahrnehmen kann. Es ist daher gut und wichtig, dass auch wir dabei Verantwortung übernehmen.
Die militärische Unterstützung, die Deutschland Somalia zuteilwerden lässt, stellt aber nur einen Teil des deutschen Engagements für die Menschen dort dar. Ohne Unterbrechung stellt Deutschland seit Beginn des Konflikts Nothilfe und unterstützt Flüchtlinge in angrenzenden Staaten, aber auch Rückkehrer, die ihr Land wieder aufbauen wollen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Deutschland unterstützt darüber hinaus Organisationen, die dieses gebeutelte Land von Minen befreien. Weiter stellt die Bundesregierung bis 2016 über 100 Millionen Euro für die Entwicklungszusammenarbeit zur Verfügung. Und ich meine: Das ist auch gut so!
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich wünsche mir, dass sich der deutsche Aufbaubeitrag irgendwann auf das rein zivile Feld konzentrieren und auch beschränken kann. Bei allen Fortschritten, die es in den vergangenen Monaten gegeben hat, ist dieses Land leider längst nicht so weit. Teile Somalias sind immer noch in Händen der Al-Schabab-Milizen. Al-Schabab ist in der letzten Zeit im Fokus unserer Öffentlichkeit weniger präsent. Das liegt nicht daran, dass deren Mitglieder sich plötzlich des Unrechts bewusst geworden wären, welches sie verbreiten. Es liegt vielmehr daran, dass die Verbrechen der al-Schabab derzeit von noch größeren Schandtaten in vielen anderen Bereichen überschattet werden. Ich brauche auf den Begriff des sogenannten „Islamischen Staates“ gar nicht weiter einzugehen.
Vor diesem Hintergrund, Kolleginnen und Kollegen, müssen wir auch darüber nachdenken, wie das künftige Engagement der Bundeswehr aussehen sollte. Wir tragen Verantwortung dafür, im Rahmen unserer Möglichkeiten bei der Beilegung von Konflikten und dem Wiederaufbau von Staaten zu helfen. Auch dies ist eine der Lektionen, die wir aus unserer Geschichte gelernt haben.
Derzeit dienen etwa 2 500 Soldatinnen und Soldaten in Auslandseinsätzen. Dies ist der niedrigste Stand seit über 20 Jahren. Von den insgesamt 16 Einsätzen sind bei 9 weniger als 50 Soldatinnen und Soldaten beteiligt. Das kleinste Kontingent besteht aus einem Angehörigen der Bundeswehr, der im Rahmen von EUCAP NESTOR in Tansania tätig ist.
Bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Jede Soldatin und jeder Soldat, die bzw. der im Ausland Dienst tut, macht einen guten, macht einen notwendigen Job. Dafür sind wir ihnen auch alle dankbar. Wir müssen uns nur die Frage stellen, ob die Beteiligung an vielen Einsätzen mit wenigen Kräften mehr Sinn macht als die Konzentration auf wenige Einsätze mit größeren Kontingenten. Ich bin der Ansicht, dass es möglich ist, sich mit unseren Partnern in der EU, in der NATO und auch bei den Vereinten Nationen besser zu koordinieren und unterschiedliche Schwerpunkte zu setzen. Auch das muss Teil einer zukünftigen deutschen Sicherheitsstrategie sein.
(Beifall bei der SPD)
Denn wir stehen jetzt gerade sicherheitspolitisch an einem Punkt, an dem die Weichen für die Zukunft gestellt werden. Die große Zahl der Einsätze, an denen die Bundeswehr beteiligt ist, hat uns die Gelegenheit gegeben, Erfahrungen zu sammeln und herauszufinden, wo unsere Stärken sind. Der Einsatz im Rahmen von EUTM Somalia hat uns bei diesem Erfahrungsgewinn geholfen, und noch viel wichtiger: Er hilft den Menschen in Somalia dabei, ihr Land wieder aufzubauen.
Aus diesen Gründen bitte ich Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, heute der Verlängerung des Mandats zuzustimmen. Die SPD-Fraktion wird dies tun.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das Wort hat die Kollegin Julia Obermeier für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4809953 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 97 |
Tagesordnungspunkt | Bundeswehreinsatz EUTM Somalia |