Thomas Rachel - Forschung und Innovation
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die politische Integration Europas ist das größte und erfolgreichste grenzüberschreitende Friedensprojekt der Neuzeit.
(Ralph Lenkert [DIE LINKE]: So weit, so gut!)
Gerade in der aktuellen Weltlage mit ihren vielen Konflikten und Kriegen gilt es, diese nur scheinbare Selbstverständlichkeit zu betonen. Ich glaube, dass deshalb unsere Debatte sehr wichtig ist. Sie kommt zum richtigen Zeitpunkt.
In Europa erarbeiten wir etwa 19 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung. Noch hat Europa etwa 30 Prozent Anteil an der weltweiten Wissensproduktion. Aber der Rest der Welt schläft nicht. Die weltweiten F-und-E- Ausgaben sind von 2000 bis 2011 um 77 Prozent gestiegen, während der weltweite Anteil Europas im gleichen Zeitraum von 27 auf 23 Prozent gefallen ist. Wir können uns nicht mit Mittelmaß zufriedengeben. Europa muss handlungsfähig sein, und gerade Deutschland muss hochinnovativ bleiben.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Dies erfordert erhebliche Investitionen in Forschung und Entwicklung. Die Bundesregierung hat hier Maßstäbe gesetzt. Innerhalb dieser Legislaturperiode werden zusätzlich 3 Milliarden Euro für Forschung und Entwicklung ausgegeben. Die Ausgaben des Bundes für Forschung und Entwicklung haben sich seit 2005 um 60 Prozent auf rund 14,4 Milliarden Euro erhöht.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Noch nie wurde so viel Geld für Forschung und Entwicklung seitens des Bundes ausgegeben. Der Staat und die Unternehmen erreichen Hand in Hand fast das 3-Prozent-Ziel.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber nur fast! Das hätte schon 2010 erreicht werden sollen!)
Wir brauchen aber auch einen Forschungsraum, der die Menschen zusammenbringt. Grenzüberschreitende Projektförderung, gemeinsame Nutzung von Forschungsinfrastrukturen, die Mobilität in einem Wirtschaftsraum mit 500 Millionen Menschen sind nur einige Stichworte. Wir brauchen eine Willkommenskultur, die die Besten aus der Welt in Sachen Forschung und Wissenschaft anspricht und zu uns holt.
Die Bundesregierung hat eine eigene Strategie zum Europäischen Forschungsraum im vergangenen Jahr verabschiedet. Wir waren übrigens das erste und sind bisher auch das einzige Mitgliedsland, das eine solche Strategie vorgelegt hat. Ich glaube, andere Staaten werden uns folgen.
Das neue Rahmenprogramm für Forschung und Innovation „Horizont 2020“ ist gestartet, um auch den Europäischen Forschungsraum zu gestalten. Neu ist dabei die Synthese aus Forschungs- und Innovationselementen. Die Verwertung der Forschungsergebnisse rückt stärker in den Vordergrund. Wir können nach einem Jahr feststellen: Deutschland ist in „Horizont 2020“ gut gestartet. Wir liegen auf Platz eins in Europa, sowohl bei den Projektbeteiligungen als auch bei den Zuwendungen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Rund 3 300 deutsche Institutionen haben Anträge eingereicht und über 900 davon haben erfolgreich Projekte eingeworben. Die Erfolgsquote liegt bei 27 Prozent. Deutsche Akteure haben bereits 1,5 Milliarden Euro an Drittmitteln aus Europa eingeworben, und das, obwohl der Wettbewerb sehr viel intensiver geworden ist als noch im 7. Forschungsrahmenprogramm.
Der Anteil der Unternehmen an den deutschen Beteiligungen beträgt rund 36 Prozent. Das ist gut und wichtig, weil wir den Innovationsschub natürlich auch in die Unternehmen in Deutschland hineinbringen wollen.
Jeder fünfte „ERC Starting Grant“ in der Grundlagen- und Spitzenforschung ging 2014 an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in deutschen Einrichtungen. Damit ist Deutschland in Bezug auf den Standort erstmalig auf Platz eins – mit deutlichem Abstand vor dem Vereinigten Königreich.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Martin Rabanus [SPD]: Das spricht für Qualität!)
Um den Begriff von Herrn Rupprecht aufzunehmen: Gleichzeitig reicht der Weltmeister seine Hand. Im Bereich „Teaming“ unterstützen wir den Aufbau von Exzellenzzentren in den leistungsschwächeren EU-Regionen. In 14 von 31 ausgewählten europäischen Konsortien sind deutsche Einrichtungen am Exzellenzaufbau in den ost- und südeuropäischen Mitgliedstaaten beteiligt.
(Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])
Wir bringen unser Know-how ein, um Europa insgesamt nach vorne zu bringen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Diese gute Zwischenbilanz bereits nach einem Jahr ist für uns ein ermutigendes Zeichen und gleichzeitig Ansporn; denn Europa braucht unbedingt Wachstum. Das wird klar, wenn wir uns die Situation in verschiedenen Ländern anschauen. Dafür müssen wir auch private Investitionen mobilisieren. Deswegen unterstützen wir als Bundesregierung auch die Einrichtung des Europäischen Fonds für Strategische Investitionen.
(Beifall des Abg. René Röspel [SPD])
Wie Sie wissen, sollen auch Gelder aus „Horizont 2020“ zur Finanzierung herangezogen werden. Wir nehmen die kritischen Hinweise aus der Wissenschaft hierzu sehr ernst. Wir sind davon überzeugt, dass der EFSI wichtige Impulse für die europäische Wettbewerbsfähigkeit setzen kann; denn Bildung, Forschung und Innovation gehören zu den strategischen Investitionsbereichen des EFSI. Diese Chancen sollten wir gemeinsam nutzen.
Ich hoffe sehr, dass bei der konkreten Beratung des Haushalts durch das Europäische Parlament vor allem den Anliegen im Bereich Forschung und Innovation Rechnung getragen wird und dass dieser Bereich bei der schlussendlichen Haushaltsaufstellung gestärkt wird; denn dadurch stärken wir die Wettbewerbsfähigkeit von Europa.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Als nächstem Redner erteile ich dem Abgeordneten Ralph Lenkert, Fraktion Die Linke, das Wort.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4810597 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 97 |
Tagesordnungspunkt | Forschung und Innovation |