27.03.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 98 / Tagesordnungspunkt 21

Renate KünastDIE GRÜNEN - Deutsches Institut für Menschenrechte

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist ja schön, dass jetzt so viel eitel Sonnenschein herrscht. Ich kann aber nicht umhin, noch einmal an den Anfang dieser Geschichte zu erinnern.

Frau Steinbach, Sie haben es mit Ihrer sanftmütig vorgetragenen Rede hier trickreich gemacht. Wir alle hier wissen aber, was Sie wollten. Man erlebt es selten: Ein Gesetzentwurf, der zwischen allen Ministerien abgestimmt ist – auch das Kanzleramt und die zuständigen Abteilungen dort üben keinerlei Kritik mehr –, soll auf die Tagesordnung des Kabinetts, während plötzlich eine einzelne Abgeordnete anruft und sagt: „So nicht!“, sodass das Bundeskanzleramt sagt: Okay, dann halten wir den Gesetzentwurf auf. – Das war es doch in Wahrheit.

(Michael Brand [CDU/CSU]: Gesetze macht das Parlament, nicht die Bundesregierung!)

Frau Steinbach, in Zeiten, in denen am rechten Rand der politischen Szene viel Aufruhr und Unruhe ist, haben Sie an dieser Stelle – ich sage es einmal so – wirklich die rechte Karte gezogen und kritisiert, dass sich dieses Institut im Wesentlichen nur mit den Menschenrechtsverletzungen im Inland und nicht auch im Ausland auseinandersetzt. Dank des Drucks von NGOs und dank der Opposition, die die Machenschaften, die da passiert sind, an die Medien durchgestochen haben, hat sich dann ein Druck entwickelt. Sonst wäre es wahrscheinlich schlimmer als heute gekommen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Michael Brand [CDU/CSU]: Das ist ja eine Selbsteinbildung! – Manfred Grund [CDU/CSU]: Du sollst nicht falsch Zeugnis reden!)

Das Deutsche Institut für Menschenrechte ist wirklich eine fantastische Organisation. Das war es schon, bevor es diesen Gesetzentwurf gegeben hat. Es hat einen hervorragenden Vorstand und ein hervorragendes Team dahinter. In Wahrheit haben Sie deren Arbeit in Zweifel gezogen und tun es immer noch, wenn Sie jetzt im Gesetzentwurf über die „vergleichende Perspektive“ reden.

Frau Winkelmeier-Becker hat hier gerade gesagt, dass die Menschenrechte der Maßstab sind und über allem stehen. Gleichzeitig haben Sie über die „vergleichende Perspektive“ geredet. Nein, Menschenrechte haben in Wahrheit keine vergleichende Perspektive; sie gelten für sich.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Auch der Satz „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ wird bei uns nicht im Verhältnis zu der Situation in Afghanistan diskutiert. Da, finde ich, hat Ihr Gesetzentwurf einen Mangel.

Mit wem wollen wir uns denn vergleichen? Wollen wir, dass das Institut in Zukunft Texte und Stellungnahmen schreibt, in denen steht: Bestimmte Dinge sind hier zu kritisieren – zu Recht, sage ich, Frau Steinbach –, etwa die Situation von Frauen in diesem Land. Das fängt mit häuslicher Gewalt an

(Michael Brand [CDU/CSU]: Jawohl!)

und geht über das Sexualstrafrecht bis hin zum Thema Menschenhandel. Dabei geht es um sexuelle Gewalt gegenüber Frauen und darum, was die Ursachen dafür sind. Wie soll man denn, wenn man das beschrieben hat, am Ende eine vergleichende Perspektive in den Text schreiben? Soll dort etwa stehen: „Aber in Nordkorea oder in Usbekistan ist es noch schlimmer“? Ich finde, das ist wirklich absurd. Ich hoffe, dass das Institut in der Praxis hierfür eine gute Lösung findet.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Ich glaube auch, dass an dieser Stelle das Prinzip nicht ganz verstanden wurde, oder Sie wollten es nicht verstehen. Der Witz ist doch gerade, dass wir international einen Menschenrechtsausschuss haben und jeder in seinem Land per gesetzlicher Grundlage, also nachvollziehbar und nicht par ordre du mufti, über die Errichtung eines Menschenrechtsinstituts entscheidet, das im eigenen Land beobachtet und unabhängig Stellungnahmen verfassen kann.

Niemand hat doch behauptet, dass sich in Afghanistan, Somalia oder wo auch immer, selbst wenn dort Menschenrechtsinstitute existieren, alles richtig sei. Nein, aber ein solches Institut ist ein Instrument, mit dem dafür gesorgt werden soll, Jahr für Jahr für die Einhaltung der Menschenrechte in diesen Ländern zu kämpfen. Dieses Prinzip funktioniert am Ende aber nur, wenn wir es vorbildhaft vormachen und uns dabei nicht ausnehmen. So ist das mit UN-Prinzipien.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des Abg. Frank Schwabe [SPD])

Lassen Sie mich als Letztes sagen: Am Ende ist daraus – selber schuld, Frau Steinbach – eine große Werbeinitiative für das Institut geworden. Jetzt möchten wir gerne mehr Finanzmittel sehen. Schließlich haben Sie dem Institut mehr Aufgaben übertragen. Auch wollen wir sehen, dass Fakten geschaffen werden. Der Kollege hat über Flüchtlingsunterbringung, Racial Profiling – man könnte auch ein Scoring dazunehmen – geredet.

Auch möchte ich sagen: Machen wir endlich Butter bei die Fische und sorgen dafür, dass Produkte, die nach Europa und insbesondere nach Deutschland importiert werden, dahin gehend gekennzeichnet werden, ob im Rahmen ihrer Herstellung die Menschenrechte verletzt wurden oder nicht, ob sie aus besetzten Gebieten stammen, also Land, das man anderen weggenommen hat, ob es bei der Produktion zu Sklaven- oder Kinderarbeit gekommen ist. Ich gehe einmal davon aus, Frau Steinbach: In Zukunft engagieren Sie sich dafür, dass dieses Institut solche Dinge umsetzt und dass für eine entsprechende Kennzeichnung und EU-Politik gesorgt wird.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abgeordneten Michael Frieser, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4816961
Wahlperiode 18
Sitzung 98
Tagesordnungspunkt Deutsches Institut für Menschenrechte
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