27.03.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 98 / Tagesordnungspunkt 22

Gesine LötzschDIE LINKE - Liegenschaftspolitik des Bundes

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Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Gäste auf den Tribünen! Wohnungsnot ist wieder zu einem drängenden Problem in deutschen Großstädten geworden. Es bilden sich lange Schlangen in Treppenhäusern, wenn es um die Vermietung der wenigen preiswerten Wohnungen geht. Allein hier in Berlin, der deutschen Hauptstadt, fehlen 120 000 preisgünstige Wohnungen.

In München haben im vergangenen Jahr 24 000 Menschen eine Sozialwohnung beantragt. Nur 3 800 konnten eine vom Staat geförderte Wohnung bekommen. Die Zahl der akut Wohnungslosen hat in München einen Rekordstand erreicht. Ende vergangenen Jahres waren es 4 300 Menschen, darunter 1 000 Kinder, die in Pensionen und Notquartieren untergebracht werden mussten. Ich finde, das ist mehr als ein Alarmzeichen; da müssen wir handeln.

(Beifall bei der LINKEN)

Die hochverschuldeten Kommunen verkaufen weiter Immobilien, um ihre Kassen kurzfristig aufzubessern. Das muss endlich ein Ende haben; denn bezahlbarer Wohnraum wird so nicht geschaffen.

(Beifall bei der LINKEN)

Investoren wollen doch eine maximale Rendite aus ihren gekauften Immobilien erzielen. Es werden eben keine preisgünstigen Wohnungen, sondern Luxuswohnungen gebaut. Wohnungen werden zur Ware. Wir als Linke sagen dagegen: Wohnen ist ein Grundrecht.

(Beifall bei der LINKEN)

Was macht die Bundesregierung? Die Bauministerin, Frau Hendricks, hat ein Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen organisiert. Das könnte eine gute Sache sein, wenn der Finanzminister mit im Boot wäre. Aber er handelt nicht anders als Miethaie, die auf maximale Rendite setzen.

(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Austauschen, den Minister!)

– Guter Vorschlag. – Ich will daran erinnern, dass im Jahr 2012 die Bundesregierung 11 500 Wohnungen in Ostdeutschland an einen Finanzinvestor verkaufte. Es gab damals eine Alternative: das Angebot der Genossenschaft TLG FAIRWOHNEN. Das Konzept dieser Genossenschaft ist im Namen enthalten, nämlich faires Wohnen, keine Rendite. Das ist der richtige Weg.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir wollen mit unserem Gesetzesantrag die renditeorientierte Politik der Bundesregierung endlich ändern. Auch Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, müssen beim sozialen Wohnungsbau Ihrer Verantwortung endlich gerecht werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben verfügt über 26 000 Objekte, 500 000 Hektar Grundstücksfläche sowie bundesweit noch 39 000 Wohnungen. Die Mieten dieser Wohnungen sind meist noch günstig. Geeignete Grundstücke könnten für Wohnungsbau oder gemeinwohlorientierte Vorhaben günstig abgegeben werden. Sie wissen doch selbst: Viele Bundesländer und Kommunen suchen händeringend günstige Grundstücke für solche Zwecke. Trotzdem veräußert die Bundesregierung seit Jahren öffentliche Wohnungen und für den Wohnungsbau geeignete Grundstücke. Das geschieht grundsätzlich nach dem Vollwert- bzw. Höchstpreisverfahren. Wer am meisten bietet, bekommt den Zuschlag. Sozialpolitische Erwägungen spielen da keine Rolle. Das, meine Damen und Herren, können wir nicht mehr länger akzeptieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir als Linke haben im Haushaltsausschuss, der über solche Verkäufe zu entscheiden hat, immer wieder versucht, die Privatisierung von Bundeswohnungen zu stoppen, wie aktuell bei der Veräußerung der Wohnungen in Berlin-Schöneberg in der Großgörschenstraße oder am Lützowufer in Berlin-Tiergarten oder auch beim Dragoner-Areal in Berlin-Kreuzberg. Aber leider scheiterte dieser vernünftige Versuch immer wieder an den Stimmen von Union und auch SPD, obwohl die Berliner SPD-Abgeordneten hier durch die Stadt laufen und so tun, als würden sie eine andere Politik machen. Meine Damen und Herren, das ist nicht ehrlich.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir fordern: Erstens. Der Verkauf von Bundeswohnungen zum Höchstpreis wird abgeschafft. Das Gleiche gilt für Grundstücke, die für den Wohnungsbau geeignet sind. Zweitens. Den Bundesländern wird ein gesetzliches Vorkaufsrecht eingeräumt. Die Details stehen ja in den Vorlagen.

Ich will noch hinzufügen: Vor gut drei Wochen, nachdem die Fraktion Die Linke den Gesetzentwurf vorgelegt hatte, reagierte die SPD-Fraktion immerhin mit einem eigenen Positionspapier mit dem Titel „Neuausrichtung der Liegenschaftspolitik für bezahlbares Wohnen und Bauen“. Einige Punkte wurden aus unserem Gesetzentwurf übernommen. Das ist gut. Aber daraus ist weder eine parlamentarische Initiative mit dem Koalitionspartner Union erwachsen, noch hat sich das Abstimmungsverhalten der SPD-Abgeordneten im Haushaltsausschuss verändert. Im Gegenteil: Bei der Behandlung unseres Gesetzentwurfs haben die Berliner SPD-Abgeordneten den Saal verlassen, und bei den folgenden Abstimmungen haben sie sämtlichen Liegenschaftsveräußerungen zugestimmt. Und das, meine Damen und Herren, ist nicht nur schlecht, sondern das ist unehrlich.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Das finde ich nicht fair! Darüber diskutieren wir noch mal!)

In Berlin haben Mieterinitiativen einen Volksentscheid für ein „Gesetz über die Neuausrichtung der sozialen Wohnraumversorgung in Berlin“ auf den Weg gebracht. So etwas, meine Damen und Herren, brauchen wir auch auf der Bundesebene.

Ich schlage Ihnen vor – das ist das Vernünftigste –: Nehmen Sie unser Gesetz an! Dann kann aus dem Miethai Bund ein Wohnungseigentümer mit sozialer Verantwortung werden. Und das ist dringend erforderlich.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. – Nächster Redner ist André Berghegger, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4816997
Wahlperiode 18
Sitzung 98
Tagesordnungspunkt Liegenschaftspolitik des Bundes
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