André BergheggerCDU/CSU - Liegenschaftspolitik des Bundes
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Das Thema, über das wir hier heute debattieren, ist nicht neu. Es kommt regelmäßig auf die Tagesordnung. Wir tauschen uns hier immer wieder aus und versuchen, die anderen von unserer eigenen Meinung zu überzeugen.
Egal wie wir das Thema nennen, welchen Titel wir den Anträgen oder Gesetzentwürfen geben – im Kern geht es aus meiner Sicht doch immer um das Thema „Erhalt und Schaffung von bezahlbarem Wohnraum für breite Schichten der Bevölkerung“. Frau Lötzsch, Sie werden sich nicht wundern, wenn wir dezidiert anderer Auffassung als Sie sind. Ich versuche es erneut, Sie von unserer Meinung zu überzeugen.
(Peter Meiwald [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wird schwierig!)
– Das wird schwierig, ja; aber ich versuche es immer wieder.
(Peter Meiwald [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das nennt man Demokratie!)
Das Ziel, das wir gerade beschrieben haben, ist ja in Ordnung, aber die Frage ist doch, ob die Liegenschaftspolitik des Bundes dafür das richtige Mittel ist. Ich denke, dass angespannte Wohnungsmärkte und der angesprochene Verdrängungswettbewerb kein flächendeckendes Problem in Deutschland sind, sondern dass das insbesondere in bestimmten Gebieten, in Ballungsräumen oder in Studentenstädten etc., eine Rolle spielt. Deswegen lohnt sich, glaube ich, ein Blick auf die Gesamtkonzeption unserer Wohnungspolitik, anstatt nur die Liegenschaftspolitik isoliert zu betrachten.
Unser gesellschaftspolitisches und wirtschaftspolitisches Leitbild in Deutschland ist die soziale Marktwirtschaft. Das haben wir auch im Staatsvertrag zwischen der Bundesrepublik und der DDR 1990 festgehalten und im Lissabonner Vertrag auf die europäische Ebene gehoben. Das heißt, dass der Staat den rechtlichen Rahmen für wirtschaftliches Handeln setzt. Wettbewerbsbeschränkungen sollen möglichst vermieden werden, aber sozialpolitische Maßnahmen sind natürlich möglich. Das Ziel muss sein: größtmöglicher Wohlstand bei bestmöglicher sozialer Absicherung. Was bedeutet das für die Wohnungspolitik? Ich bin der Meinung, dass weder der Staat noch Private immer garantieren können, dass ein ausreichender Bestand an notwendigen Sozialwohnungen vorhanden ist. Wir brauchen dringend verschiedene Akteure. Wichtig ist aus meiner Sicht: Wir als Staat können und wollen nicht überall alles regeln, schon gar keine Einzelfälle.
Es gibt einen großen Instrumentenkoffer in Deutschland im Bereich der Wohnungspolitik – beim BMUB, bei den Ländern und bei den Kommunen.
Kommen wir zunächst auf die Instrumente von Ländern und Kommunen zu sprechen: Umwandlungsverbote von Miet- in Eigentumswohnungen in sogenannten Milieuschutzgebieten, Zweckentfremdungsverbote bei Wohnraummangel, insbesondere hinsichtlich der Umwandlung in Ferienwohnungen. Vor allen Dingen gibt es aber die öffentlichen und teilöffentlichen Wohnungsbaugesellschaften, und gerade diese haben doch auch den Auftrag, bezahlbaren Wohnraum für breite Schichten der Bevölkerung in den Städten zur Verfügung zu stellen. Gerade hier können wir Projekte quersubventionieren. Gerade die öffentlichen und teilöffentlichen Wohnungsbaugesellschaften müssen doch nicht bei jedem Projekt auf die Rendite achten, sondern sie können auch andere Projekte durchführen und trotzdem wirtschaftlich handeln. Damit erzeugt man, denke ich, eine Vorbildwirkung.
Als Bürgermeister der Stadt Melle war ich auch Aufsichtsratsvorsitzender einer Wohnungsbaugesellschaft. Wir haben immer versucht, mit dieser durch genau solche Tätigkeiten dort, wo private Investoren nicht oder noch nicht gehandelt haben, Stadtentwicklung anzustoßen. Wir sind damit Schritt für Schritt ganz gut vorangekommen.
Zum Bund. Der Bund unterstützt wohnungspolitische Maßnahmen der Länder und der Kommunen, ersetzt sie aber nicht. Der Bund hat hier verschiedene Handlungsmöglichkeiten.
Als Erstes wäre die Wohnraumförderung zu nennen. Seit der Föderalismusreform liegt die Zuständigkeit für diesen Bereich ausschließlich bei den Ländern. Als Kompensation für diesen Zuständigkeitswechsel erhalten die Länder für diese Aufgabe jährlich über 500 Millionen Euro. An dieser Stelle erwarte ich natürlich von den Ländern, dass sie diese Mittel zweckentsprechend und nicht zur Konsolidierung des Haushaltes einsetzen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Dann gibt es die Städtebauförderung. Die Koalition hat eine deutliche Aufstockung der Mittel von 455 auf 700 Millionen Euro pro Jahr vorgenommen. Insbesondere die Mittel für das Programm „Soziale Stadt“ sind deutlich erhöht worden; entsprechende Projekte sollen ja gerade der Stabilisierung von strukturschwachen Gegenden, von strukturschwachen Stadtteilen dienen.
Darüber hinaus haben wir die Mietpreisbremse beschlossen. Über sie wird, glaube ich, heute noch im Bundesrat beraten.
Zu guter Letzt komme ich auf das Wohngeld zu sprechen. Das Wohngeld hat in einer grundsätzlich marktwirtschaftlich ausgerichteten Wohn- und Mietpolitik eine Ausgleichsfunktion. Es soll der Zugang zu Wohnraum zu durchschnittlichen Kosten erleichtert werden. Und eine Wohngeldreform wurde auf den Weg gebracht.
Sie sehen also: Es gibt viele Instrumente, um bezahlbaren Wohnraum zu ermöglichen. Diese sollten wir zuerst nutzen, bevor wir neue Wünsche formulieren.
Durch verschiedene Förderprogramme können wir Investitionen anschieben. Doch aus meiner Sicht ist und bleibt das wichtigste Mittel zur Entspannung des Wohnungsmarktes der Bau von neuen Wohnungen. Neubau ist der beste Mieterschutz.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Eine isolierte Betrachtung der Liegenschaftspolitik führt hier nicht weiter. Liegenschaftspolitik verfolgt ganz andere Ziele. Zweck der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben gemäß § 1 BImAG ist es, Liegenschaften nach kaufmännischen Grundsätzen einheitlich zu verwalten und nicht betriebsnotwendiges Vermögen wirtschaftlich zu veräußern. Wirtschaftlich veräußern bedeutet in der Regel: zum vollen Wert – einige Antragsteller heute seien daran erinnert, dass das Gesetz am 1. Januar 2005 in Kraft getreten ist, das heißt zur Zeit einer rot-grünen Koalition –, aber von diesem bewährten Prinzip wollen die Oppositionsfraktionen heute abkehren. Ziel ist die Neuausrichtung der BImA. Das finde ich aus verschiedenen Gründen problematisch: Es passt nicht in die Gesamtkonzeption unserer Wohnungsbaupolitik, es verschiebt Verantwortungen, und in Anbetracht der vielen Steuerungsmöglichkeiten, die die Länder und die Kommunen haben – ich konnte sie gerade nur andeuten –, ist diese Verschiebung auch nicht notwendig und damit abzulehnen.
Liegenschaften, die die BImA verwaltet, gehören zum Vermögen des Bundes. Das ist Vermögen des Steuerzahlers, und wir haben verantwortungsvoll damit umzugehen, zum größtmöglichen Nutzen für die Allgemeinheit. Die BImA verwaltet alljährlich 2 000 bis 3 000 Objekte. Aus meiner Sicht ist das keine den gesamten Wohnungsbestand in Deutschland beeinflussende Größe. Emotional diskutiert werden im Wesentlichen Einzelfälle. Ich kann auch die Sorgen und Ängste der Betroffenen vor einer möglichen Verdrängung verstehen, so wie wir es im Vorrednerbeitrag gehört haben. Aber das ist aus meiner Sicht keine Rechtfertigung für eine bundesweite Regelung. Der Wohnungsmarkt in ganz Deutschland unterscheidet sich zu stark, und wir müssen an die Gesamtheit aller Mieter denken. Deswegen finde ich es sehr klug, wenn die entsprechenden Maßnahmen vor Ort, so nah wie möglich an den Betroffenen, ergriffen werden. Instrumente gibt es genügend.
(Zurufe von der LINKEN)
Die Liegenschaftspolitik dient insofern aus meiner Sicht vor allem der seriösen Haushaltspolitik. Das ist auch schon in der Begründung des Gesetzentwurfs zum BImA-Gesetz aufgenommen worden. Dort heißt es, dass „überwiegend fiskalisch geprägte Aufgabenbereiche der Bundesvermögensverwaltung“ eine Rolle spielen. Es wurde ausdrücklich darauf verwiesen, dass entbehrliche Liegenschaften veräußert werden sollen.
In Ihren Anträgen wird ein Punkt besonders hervorgehoben, den ich hier deshalb auch gesondert erwähnen möchte: die Konversionsflächen. Im Koalitionsvertrag steht, dass die Kommunen bei der Übernahme ehemals militärisch genutzter Liegenschaften weiter unterstützt werden sollen. Das ist ein mehrstufiges Verfahren. Bereits 2012 hat der Haushaltsausschuss eine Erstzugriffsoption für Kommunen eingeführt. Dadurch können die Kommunen entsprechende Liegenschaften ohne ein Bieterverfahren direkt zum Verkehrswert erwerben. In einem zweiten Schritt werden wir jetzt in einer Richtlinie festlegen, wie die verbilligte Abgabe der entsprechenden Flächen unterhalb des Verkehrswertes erfolgen kann, und das in einem Volumen von 100 Millionen Euro.
(Zuruf des Abg. Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Hier gibt es ein bundesweites Interesse an diesem Thema; denn diese Liegenschaften sind bundesweit verteilt und überall vorzufinden. Diese Liegenschaften – da dürfen wir die Kommunen nicht alleinlassen – müssen zukunftsfähig genutzt werden.
Insgesamt lässt sich also festhalten: Aus meiner Sicht, aus unserer Sicht haben wir ein schlüssiges, aufeinander abgestimmtes Konzept in der Wohnungsbaupolitik. Änderungen sind nicht erforderlich. Deswegen werden wir Ihre Anträge und den Gesetzentwurf ablehnen.
Vielen Dank fürs freundliche Zuhören.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vielen Dank. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Dr. Tobias Lindner das Wort.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4817058 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 98 |
Tagesordnungspunkt | Liegenschaftspolitik des Bundes |