Peter BleserCDU/CSU - Milchviehhaltung
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zuerst den Minister entschuldigen, der wegen eines Trauerfalls in seiner Heimat sein muss.
Wir werden in vier Tagen den 31 Jahre andauernden Versuch staatlicher Mengenregulierung beenden. Am Mittwoch nächster Woche ist die EU-Milchquotenregelung Geschichte, und das ist gut so.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Beschlossen wurde der Ausstieg aus dieser Quotenregelung 2003 in Europa. Ich darf daran erinnern, dass damals Frau Künast Landwirtschaftsministerin war und diesen Beschluss mitgetragen hat. Das erwähne ich, um von vornherein klarzustellen, wie die politische Geschäftslage ist.
Die Milchquotenregelung hat ihre Ziele nie erreicht. Sie konnte sie auch nie erreichen, weil staatliche Markteingriffe vom Prinzip her nie auf Dauer funktionieren können. Nachdem man nach dem Krieg die Nahrungsmittelproduktion mit festgesetzten Interventionspreisen richtigerweise angereizt hatte, glaubte man damals allerdings, diesen kostenintensiven landwirtschaftlichen Produktionsbereich sowie die entstandenen Milchseen und Butterberge mithilfe einer Quotenregelung in den Griff zu bekommen. Ich will den damaligen Kolleginnen und Kollegen aus heutiger Sicht nicht absprechen, dass ihre Zielrichtung richtig war. Diese Regelung hat damals Marktbrüche durchaus verhindert. Aber man hätte viel früher aussteigen müssen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Denn diese Quotenregelung hat die Milchbauern sehr viel Geld gekostet und zu einer starken Reglementierung geführt. Die gewünschten Ziele betreffend die Einkommenssituation wurden bei weitem nicht erreicht.
Noch 1984 gab es knapp 370 000 Milcherzeuger in Deutschland. Heute sind es nur noch 77 000. Das ist eine Folge des Strukturwandels, den die Milchquotenregelung ebenfalls nicht verhindern konnte. Der Bauernverband schätzt, dass in diesem Zeitraum über 4 Milliarden Euro Quotenkosten von den Landwirten zu tragen waren. Auch das wirkte sich letztlich einkommensmindernd aus. Wir haben allein 1,9 Milliarden Euro als Superabgabe an Brüssel zahlen müssen. Noch im letzten Jahr waren es 163 Millionen Euro. Das alles geht vom landwirtschaftlichen Einkommen ab. Deswegen ist es gut, dass diese Quote abgeschafft wird.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir haben aber nicht nur wie das Kaninchen auf die Schlange auf das erwähnte Datum geschaut. Vielmehr haben wir schon 2005 begonnen, eine Exportstrategie zu entwickeln. Wir sind auf die Märkte gegangen. Wir hatten in den letzten Jahren große Zuwachsraten gerade in diesem Bereich zu verzeichnen. Heute steht im Münchner Merkur: „Die Jagd nach dem weißen Pulver“. Wahrscheinlich verstehen die Grünen etwas anderes darunter als wir. Wir verstehen darunter Milchpulver.
(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo werden denn die Drogen hier im Bundestag gefunden?)
Wenn uns Besitzer von Drogerien sagen, dass ganze Heerscharen dort die Regale mit Babymilchpulver leerräumen, um es nach China schicken zu können, dann ist dies ein Kompliment für die Qualität der deutschen Milchproduktion, das nicht größer sein könnte.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Diese Strategie der Öffnung der Märkte und des Abschaffens der Exportsubventionen – wir wollen uns den Märkten stellen – funktioniert. Im letzten Jahr haben wir 18 Millionen Tonnen Milchäquivalente exportiert und 61 Prozent mehr Magermilchpulver – dieses weiße Pulver – verkauft. Dadurch haben wir auch von den hohen Weltmarktpreisen profitieren können.
(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Große Wertschöpfung!)
Wir haben im letzten Jahr Milchprodukte im Wert von 9,5 Milliarden Euro exportieren können. Fast 8 Milliarden Euro Umsatz erzielten wir mit Ländern der Europäischen Union, und der Rest ging in Länder außerhalb der Euro-Zone, wo unsere Produkte ebenfalls sehr begehrt sind.
Meine Damen und Herren, ich appelliere an uns alle, mehr Vertrauen in die Märkte zu haben. Wir sind mit Sicherheit gut aufgestellt; denn die deutsche Milchproduktion ist wettbewerbsfähig.
Trotzdem haben wir es nicht versäumt, ein Sicherheitsnetz auf europäischer Ebene zu spannen. Es gibt eine Schwelle, ab der die Kommission entscheiden kann – zum Beispiel bei schweren Marktstörungen –, ob es hilfreich und notwendig ist, vorübergehend einzugreifen, um eine große Kapitalvernichtung in der Landwirtschaft zu vermeiden. Es gibt also – und das ist auch richtig – ein Sicherheitsnetz,
(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 21 Cent!)
zugegebenermaßen unterhalb der Wirtschaftlichkeitsgrenze.
(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das kann man wohl sagen!)
Mit der letzten Agrarreform ist es gelungen, erheblich mehr Mittel für die zweite Säule zur Verfügung zu stellen, um die Milchkühe durch staatliche Transferleistungen gerade in den Regionen zu halten, in denen wir sie halten wollen: in den benachteiligten Gebieten, in den Berggebieten, in den Grünlandgebieten. Damit wollen wir auch die gewünschte Wirkung in Bezug auf den Erhalt der Kulturlandschaft erzeugen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Meine Damen und Herren, auch unsere Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ hilft den Landwirten, sich auf die Marktbedingungen einzustellen – bei gleichzeitiger Einhaltung höchster Tierschutzniveaus. Ein Landwirt kann eine Förderung von 40 Prozent erhalten, wenn er tiergerechte Ställe baut. Es gibt keine Produktion in der Landwirtschaft, die die Zielvorgaben bezüglich des Tierwohls derart erfüllt wie die Milchtierhaltung.
(Rainer Spiering [SPD]: Ja!)
Ich bitte gerade die Grünen, das Bauernbashen in diesem Bereich endlich einzustellen. Das trifft Menschen, die jeden Tag sehr hart arbeiten.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Die Produktionskosten sind unterschiedlich hoch, und wir müssen uns dem Wettbewerb stellen. Wir müssen aber auch wissen, dass wir nicht nur aufgrund der Produktion im Stall, im landwirtschaftlichen Betrieb, wettbewerbsfähig sind, sondern dazu gehören auch die Transportkette, die Verarbeitung und der Lebensmitteleinzelhandel. In der Summe sind wir wettbewerbsfähig.
Ich habe es schon gesagt: Unsere Produkte sind in der Welt sehr begehrt. In China muss die deutsche Schrift auf Milchpackungen sein, weil das das Vertrauen in die Produkte erhöht. Das ist ein Zeichen, das uns sehr zufrieden machen muss.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir wissen nicht – das wird in der Debatte nachher sicherlich noch angesprochen werden –, wie die Marktlage in den nächsten Monaten sein wird. Wir wissen aber, dass langfristig mehr Milch gebraucht wird, weil die Weltbevölkerung wächst und weil sich die Verzehrgewohnheiten ändern, und wir wissen, dass Qualität wichtig ist, um in diesen Märkten zu bestehen.
Ich darf Ihnen am Schluss sagen, dass sich die Landwirte darauf verlassen können, dass die Bundesregierung ihnen zur Seite steht. Ich bin ein Milchbauer!
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vielen Dank. – Ich gebe Ihnen die von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelten Ergebnisse der namentlichen Abstimmungen bekannt:
Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Liegenschaftsveräußerungen, Drucksachen 18/2882 und 18/3873: abgegebene Stimmen 520. Mit Ja haben gestimmt 56, mit Nein haben gestimmt 409, Enthaltungen 55. Damit ist der Gesetzentwurf in zweiter Lesung abgelehnt.
Das Ergebnis der Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Haushaltsausschusses zu dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Für eine nachhaltige und zukunftsweisende Liegenschaftspolitik des Bundes“, Drucksachen 18/3044 und 18/3873, lautet: abgegebene Stimmen 520. Mit Ja haben gestimmt 410, mit Nein haben gestimmt 56, Enthaltungen 54. Damit ist die Beschlussempfehlung angenommen.
Nächste Rednerin ist die Kollegin Dr. Kirsten Tackmann, Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4817334 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 98 |
Tagesordnungspunkt | Milchviehhaltung |