Roland ClausDIE LINKE - Nachtragshaushalt und Unterstützung von Kommunen
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieser Nachtragshaushalt hat ein entscheidendes Problem – weniger in dem, was drinsteht, sondern mehr in dem, was nicht drinsteht.
(Beifall bei der LINKEN)
Dieser Haushalt gibt in der Tat keine Antworten auf die entscheidenden Fragen der Gegenwart und Zukunft. Es ist deshalb auch kein Haushalt für morgen, sondern ein Haushalt von gestern.
(Beifall bei der LINKEN)
Die Welt hat sich in dem halben Jahr, seit wir den Bundeshaushalt beschlossen haben, verändert. Die EU will eine große Investitionsoffensive anschieben. Die EZB ermöglicht faktisch staatliche Anleihen zu null Zinsen. Sie aber bleiben bei der Verehrung Ihres Fetischs, der schwarzen Null, stehen. Das ist keine Bewegung, was Sie hier demonstrieren.
(Beifall bei der LINKEN – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Keine Schulden zu machen, ist unerträglich für Sie!)
Natürlich – das wurde hier schon gesagt – sind zusätzliche Investitionen des Bundes in Infrastruktur notwendig und sinnvoll. Aber man sieht: Wiederum bevorzugen Sie die Straße deutlich vor der Schiene. Das ist keine zukunftsfähige Verkehrsinfrastrukturpolitik. Das wird deutlich, wenn man sich die Einzelheiten anschaut.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Natürlich sind Investitionen für finanzschwache Kommunen in Ordnung. Aber in Ihrem Verteilungsschlüssel haben Sie sie so angelegt, dass die Zwietracht unter den Finanzschwachen gesät wird. Wir werden uns nicht daran beteiligen, finanzschwache Kommunen in Nordrhein-Westfalen gegen finanzschwache Kommunen in Thüringen aufzubringen.
(Beifall bei der LINKEN)
Man muss doch einmal hinterfragen: In Thüringen hat die Vorgängerregierung Druck auf die Kommunen ausgeübt, Kassenkredite abzulösen. Das führt nun dazu, dass die betreffenden Kommunen durch den jetzigen Verteilungsschlüssel ausdrücklich benachteiligt sind. Ich sehe hier noch Handlungsbedarf und nach der Rede von Carsten Schneider auch Möglichkeiten, noch etwas zu verändern.
(Beifall bei der LINKEN)
Nun rechnet uns die CDU/CSU immer trotzig vor, was sie alles an Wohltaten verteilt. Hinzu kommt immer die Logik wie gerade beim Kollegen Brinkhaus: Der Hauptfeind steht in 16 Ländern. Wir haben aber den Bund nicht als Selbstzweck für uns. Das wirkliche Leben findet bekanntlich nicht im Plenarsaal statt, sondern in den Städten und Gemeinden.
(Beifall bei der LINKEN)
Da fehlt es an Infrastrukturinvestitionen. Tatsache ist doch: Wo der Bund nicht mit seinem Haushalt Vorsorge trifft, da entstehen Privatisierungsfantasien, wie sie im Wettbewerb zwischen Bundesminister Gabriel und Bundesminister Dobrindt im Moment zu erleben sind. Dann erfahren wir so kreative Neuheiten wie privatisierte Autobahnen und eine Pkw-Maut sowie den Hinweis, dass wir die Rendite derjenigen, die da anlegen sollen, immer bedenken müssten. Da sagen wir Ihnen ganz deutlich: Die Linke hat nichts gegen eine Beteiligung des privaten Eigentums an öffentlichen Investitionen. Der einzige Unterschied ist: Sie wollen bei denen betteln gehen und mit denen Geschäfte machen. Wir wollen gerecht besteuern. So einfach ist das manchmal.
(Beifall bei der LINKEN)
Wenn mir dann immer von der Union erklärt wird, dass es eigentlich nur drei gesellschaftliche Aggregatzustände gibt, nämlich „Deutschland geht es gut“, „Wir sind auf einem guten Weg“ und „Wenn eins und zwei einmal nicht funktionieren, ist es alternativlos“,
(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
dann möchte ich nur darauf verweisen, welche Antwort die Bundesregierung am Dienstag auf die Anfrage meiner Fraktion zu den Ergebnissen von 20 Jahren Arbeitsmarktreform gegeben hat. Da sieht es schon etwas anders aus. Die Zahl der Beschäftigten in Teilzeit, Leiharbeit und Minijobs hat sich fast verdoppelt. Die Zahl befristeter Arbeitsverhältnisse hat sich mehr als verdreifacht. Das ist die bittere Wahrheit, die in dem Slogan „Arm trotz Arbeit“ zum Tragen kommt. Deshalb ist die Einführung des Mindestlohns eine Art Wiedergutmachung.
(Beifall bei der LINKEN)
Den Antrag der Grünen finde ich sympathisch und vom Text her sehr gut, also Kompliment. Aber er bleibt natürlich in der Logik der Schuldenbremse. Das ist nicht unsere Logik.
(Beifall bei der LINKEN)
Es wird so getan, als gäbe es ein alleiniges Pachtrecht der Grünen in Sachen Zukunftsfähigkeit. Liebe Grüne, die 68er sind inzwischen auch 68 geworden.
(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Zurück zum Nachtragshaushalt. Zukunft geht anders. Da uns hier erneut unterstellt wurde, wir wollten das alles mit neuen Schulden finanzieren, sei hier gesagt: Markenzeichen linker Haushaltspolitik sind nicht neue Schulden, sondern gerechte Steuern.
(Beifall bei der LINKEN)
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auf der Ehrentribüne hat der Präsident des Repräsentantenhauses von Neuseeland, Herr David Carter, zusammen mit seiner Delegation Platz genommen.
(Beifall)
Ich begrüße Sie ganz herzlich im Namen aller Kolleginnen und Kollegen. Wir freuen uns über Ihren Besuch. Wir sind Ihnen dankbar für die freundschaftlichen und intensiven Gespräche, die wir gestern in verschiedenen Formationen miteinander geführt haben. Wir freuen uns vor allen Dingen auf die vereinbarte Vertiefung unserer parlamentarischen Beziehungen und die künftige Zusammenarbeit. Alle guten Wünsche für Ihre weitere Arbeit! Welcome in Berlin!
(Beifall)
Nun erleben Sie als nächste Rednerin die Kollegin Petra Hinz für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4960612 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 100 |
Tagesordnungspunkt | Nachtragshaushalt und Unterstützung von Kommunen |