Eckhardt RehbergCDU/CSU - Nachtragshaushalt und Unterstützung von Kommunen
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte eine Vorbemerkung machen: Ich finde es schon sehr bemerkenswert, liebe Kolleginnen und Kollegen über alle Fraktionen hinweg, welches Interesse diese Debatte auf der Länderbank findet. Das muss ich Ihnen wirklich sagen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der CDU/CSU: Erschreckend!)
Es geht bei diesem Nachtragshaushalt zum Bundeshaushalt um ein Paket in Höhe von insgesamt 10 Milliarden Euro und ein zusätzliches Investitionspaket in Höhe von 5 Milliarden Euro. Die 10 Milliarden Euro werden für sehr viele Dinge ausgegeben – Verkehrsinfrastruktur, digitale Infrastruktur, CO 2 -Gebäudesanierung, Klimaschutz usw. –, die den Ländern und Kommunen zusätzlich zugutekommen.
Frau Kollegin Hinz, Sie haben leider nur in einem Nebensatz gesagt, dass wir für Betriebskosten von Kindergärten eigentlich nicht zuständig sind, und Frau Kollegin Andreae, Sie haben eine lange Latte an kritischen Bemerkungen darüber gemacht, was alles nicht in Ordnung ist.
(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, was wir alles tun müssen!)
Ich will Ihnen sagen, dass mich die Töne gegenüber dem Bundesfinanzminister, nach dem Motto, er mache eine kommunalfeindliche Finanzpolitik, die vor drei, vier Wochen besonders aus Ihren Landtagsfraktionen in Nordrhein-Westfalen gekommen sind, schon etwas geärgert haben.
(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: So ist es!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer sich einmal die Mühe macht und aufreiht, was seit dem Jahr 2010, seit dem Jahr, in dem Wolfgang Schäuble hier Verantwortung als Bundesfinanzminister übernommen hat, passiert ist, der stellt fest: Die Länder und Kommunen wurden seitdem durch den Bund in einem Umfang von 125 Milliarden Euro entlastet – für Dinge, für die der Bund nicht zuständig ist. Wir sind nicht zuständig für die Grundsicherung im Alter, wir sind nicht zuständig für die Kosten der Unterkunft, wir sind nicht zuständig für die Hochschulen, wir sind nicht zuständig für die Kindergärten und für die Kinderkrippen. Es gab eine Entlastung in Höhe von 125 Milliarden Euro in diesen neun Jahren, in denen Wolfgang Schäuble Bundesfinanzminister ist.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vor diesem Hintergrund finde ich die genannten Vorwürfe – auch im Zusammenhang mit dem Nachtragshaushalt, den wir heute beraten – völlig unangemessen. Es wurde in den letzten Jahrzehnten übrigens nie über einen Nachtragshaushalt beraten, in dem es um Mehrausgaben ging, ohne neue Schulden zu machen, sondern früher ging es immer darum, mehr Schulden zu machen, um den Haushalt auszugleichen. Lieber Kollege Kindler, das ist schon ein diametraler Unterschied zu den Dingen, die unter Rot-Grün passiert sind.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei den Dingen, die wir jetzt für die Kommunen machen, einmal 3,5 Milliarden Euro für den Kommunalinvestitionsförderungsfonds und einmal 1,5 Milliarden Euro zur Entlastung, wird es darauf ankommen, einen Punkt besonders im Blick zu haben: Von den soeben angesprochenen 125 Milliarden Euro standen den Kommunen nach den politischen Vereinbarungen 82 Milliarden Euro zu. Die Mittel für die Grundsicherung im Alter sollten eigentlich komplett den Kommunen zugutekommen. Gucken Sie sich einmal an, wie manche Ausführungsgesetze der Länder aussehen! Da gab es sehr wohl Umleitungen der Finanzströme. Mein Appell an Sie und an uns alle lautet deswegen, dass wir wirklich genau hinschauen, damit sich die Länder von den 3,5 Milliarden und auch den 1,5 Milliarden nicht wieder Gelder, die wir als Bund den Kommunen zukommen lassen wollen, durch Vorwegabzüge oder über kommunale Finanzausgleichsgesetze in die Tasche stecken. Das ist unsere gemeinsame Aufgabe.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Jetzt entsteht immer der Eindruck, dass nur der Bund Steuereinnahmen habe. Schauen wir uns einmal die Jahre von 2010 bis 2018 an: In diesem Zeitraum hat der Bund Steuermehreinnahmen von 79 Milliarden Euro, die Gesamtheit der Länder aber 85 Milliarden Euro – so ist die Verteilung der Mittel aus den Gemeinschaftsteuern zwischen Bund und Ländern – und die Gesamtheit der Kommunen 30 Milliarden Euro. Das heißt: Es ist mitnichten so, dass die Länder keine Steuermehreinnahmen haben. Es ist mitnichten so, dass die Gesamtheit der Kommunen keine Steuermehreinnahmen hat.
Nun erkläre mir einmal jemand – da muss ich jetzt auf bestimmte Länder eingehen –, warum es Länder wie Nordrhein-Westfalen oder Baden-Württemberg trotz Steuermehreinnahmen und trotz Entlastung durch den Bund – diese Summe beläuft sich aktuell auf einen zweistelligen Milliardenbetrag – nicht schaffen, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Der Bund, liebe Kolleginnen und Kollegen, hat es geschafft: Er ist 2010 mit einer Verschuldung von 86 Milliarden Euro gestartet, 2014 hat er eine schwarze Null erreicht und ist jetzt in der Lage, 15 Milliarden Euro zusätzlich auszugeben. Das ist doch ein Grund zu feiern, lieber Kollege Kindler.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Zu Ihrem Vorwurf, Herr Kindler, wir würden kein Geld für Zukunftsinvestitionen bereitstellen, kann ich Ihnen nur Folgendes sagen: Der Einzelplan 30 belief sich 2005 unter Ministerin Schavan auf 7 Milliarden Euro. Im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung wird der Einzelplan 30 bei 17 Milliarden Euro liegen. Das heißt, in gut einem Jahrzehnt haben wir den Einzelplan um über 10 Milliarden Euro erhöht und sein Volumen mehr als verdoppelt. Das gibt es nicht noch einmal in Europa, und das gibt es auch nicht noch einmal in der Welt.
(Beifall der Abg. Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU])
Das heißt, wir investieren nicht nur in Beton. Wir investieren in Köpfe, in Forschung und in Bildung.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Zurufe vom BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Schauen wir uns einmal die Aufteilung der 7 Milliarden Euro für zusätzliche Investitionen in diesem Nachtragshaushalt an. Fast 2 Milliarden Euro werden für Klimaschutz, Energieeffizienz und CO 2 -Gebäudesanierung verwendet. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, wir brauchen Ihren Nachhilfeunterricht nicht. Wir wissen, dass dort Zukunftsinvestitionen zu tätigen sind. Diese 2 Milliarden Euro sind im Haushalt des Bundeswirtschaftsministers und der Bundesumweltministerin gut angelegt.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Zum Verkehrsbereich. Wir werden im Jahr 2017 mit dem, was wir schon geplant haben – 5 Milliarden Euro zusätzliche Steuermittel, Mautmehreinnahmen und gut 3,25 Milliarden Euro, die jetzt für alle drei Verkehrsträger bereitgestellt werden –, die Forderung der Daehre-Bodewig-Kommission erfüllen und 13,5 Milliarden Euro für alle Infrastruktursysteme zur Verfügung stellen. Auch im Bereich Straße werden wir die Forderung erfüllen, indem wir 7,3 Milliarden Euro zur Verfügung stellen. Im Jahre 2018 werden wir sogar über den Forderungen liegen. Ja, das war ein Kraftakt. Wir haben gesagt: Wir wollen erst die schwarze Null erreichen, um Spielräume zu haben, und dann in die Zukunft investieren. Ich glaube, das ist nachhaltige Finanzpolitik. Nachhaltige Finanzpolitik ist nicht, Schulden zu machen und dann auf schönes Wetter zu warten. Wir hingegen haben uns die schwarze Null im Haushalt erarbeitet. Jetzt haben wir schönes Wetter, und jetzt können wir das Geld zukunftsgerecht ausgeben.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein Appell an uns alle: Im Haushalt stehen 1,1 Milliarden Euro für den Ausbau des Breitbandnetzes bereit. Länder wie Bayern geben jährlich selber 1,5 Milliarden Euro dafür aus. Manche Länder aber tun gar nichts. Kollege Bartsch, das Land Mecklenburg-Vorpommern setzt dafür nur EU- Mittel ein und macht ansonsten nichts.
(Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Große Koalition!)
– Ja, gerne ein Wort dazu. Wissen Sie: Wenn wir Geld für Kommunen vorsehen und das Geld bei den Kommunen nicht ankommt, dann kritisiere ich dafür auch eine rot-schwarze Landesregierung. Gucken Sie sich einmal meine Pressemitteilung zum Thema Hochschulpakt in Mecklenburg-Vorpommern an. Gucken Sie sich meine Pressemitteilung zum Thema Entflechtungsmittel an. Darin weise ich darauf hin, dass das Geld für den Bereich Straßenbau und ÖPNV doch bitte an die Kommunen weitergegeben werden solle und sich die Finanzminister nicht die Hälfte davon in die Taschen stecken sollten.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Abschließend will ich wirklich an uns alle einen Appell richten. Man kann über manches debattieren, auch über die Verteilung der Mittel und entsprechende Gewichtungen, Kollegin Hinz. Es gab auch bei uns kritische Anmerkungen zum Thema Kassenkredite. Man kann sich über dieses Thema trefflich streiten. Da müsste man dann auch über die Kommunalaufsicht reden. Aber die Herausforderung, die ich für die nächsten Jahre für uns sehe, ist, dass wir als Bundestagsabgeordnete, unabhängig davon ob aus Regierungs- oder Oppositionsfraktionen, unabhängig von Bundes- oder Länderinteressen, darauf achten, dass das, was wir politisch für die Kommunen vorsehen, wirklich bei den Kommunen ankommt. Denn wenn das bei den Kommunen nicht ankommt, dann hilft es auch nicht, immer mehr Geld hineinzupumpen. Es kann nicht sein, dass die Länder ihre Haushalte damit sanieren. Die Musik spielt nicht in den Ministerialstuben in den Landeshauptstädten, sondern vor Ort in den Kommunen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Der Kollege Juratovic ist nächster Redner für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4960662 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 100 |
Tagesordnungspunkt | Nachtragshaushalt und Unterstützung von Kommunen |