23.04.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 100 / Tagesordnungspunkt 4

Heiko Maas - Kleinanlegerschutzgesetz

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In Zeiten niedriger Zinsen oder mittlerweile sogar negativer Zinsen suchen Menschen neue Anlageformen für ihr Geld. Das ist völlig nachvollziehbar. Wir müssen aber dafür sorgen, dass der Verbraucherschutz mit dieser Entwicklung Schritt hält. Das war, wie wir finden, bisher nicht der Fall. Bisher war der Schutz der Verbraucher gerade dort schwach, wo das Risiko hoch gewesen ist, zum Beispiel am Grauen Kapitalmarkt. Welch verheerende Folgen das haben kann, hat der schon erwähnte Fall Prokon sehr deutlich gezeigt. Ich will aber darauf hinweisen, dass die Ziele, die wir mit der Verabschiedung dieses Gesetzentwurfs erreichen wollen, schon vor dem Fall Prokon im Koalitionsvertrag festgelegt wurden. Der Fall Prokon hat die Notwendigkeit lediglich ganz besonders deutlich gemacht und gezeigt, wie dringlich der Gesetzentwurf, den wir jetzt vorlegen, ist.

(Beifall bei der SPD)

Wir sorgen damit für mehr Transparenz, wir verbessern den Schutz der Anleger, und wir stärken – das ist wichtig für die Durchsetzbarkeit – die Aufsicht über den Markt.

Der Verkaufsprospekt ist sicherlich das zentrale Instrument, um Transparenz bei der Vermögensanlage zu erreichen. Er soll dem Publikum eine zutreffende Beurteilung des Anbieters und der Anlage ermöglichen. Das kann aber nur klappen, wenn die gesetzliche Pflicht, einen Prospekt zu erstellen, tatsächlich greift. Bislang ist sie durch die Gestaltung der Verträge – und dafür gab es bedauerlicherweise viele Möglichkeiten – häufig umgangen worden. Genau das verhindern wir jetzt. Wir schließen ein Schlupfloch, und wir machen es richtig dicht. Wir machen die Prospekte vor allen Dingen aussagekräftiger. Frau Lay, wir verpflichten die Anbieter zum Beispiel, personelle Verflechtungen offenzulegen. Wenn derjenige, der die Anlage vertreibt, letztlich identisch ist mit demjenigen, dem das Kapital zufließt, dann sollten die Anleger das zumindest wissen.

Schließlich führen wir auch einen Warnhinweis ein. Auch das ist mehr als sinnvoll. Denn aus der Verhaltensforschung wissen wir, dass Menschen bei Vermögensanlagen dazu neigen, Chancen zu überhöhen und Risiken zu ignorieren. Deshalb wird in Zukunft ein Satz ganz deutlich im Prospekt stehen – ich will ihn einmal zitieren; ich denke, er ist für jeden verständlich –:

Neben mehr Transparenz sorgen wir auch für einen besseren Schutz der Verbraucher. Dazu verbieten wir zum Beispiel – das halte ich für ganz wesentlich – die Nachschusspflichten voll und ganz. In Zukunft sind Zahlungspflichten über die Einlage hinaus grundsätzlich nicht mehr erlaubt. Damit schützen wir Verbraucherinnen und Verbraucher davor, dass sie am Ende doch mehr Geld investieren müssen, als sie tatsächlich wollen.

Gute Regeln nützen aber nur wenig, wenn ihre Einhaltung nicht auch effektiv überwacht wird. Deshalb stärken wir ganz besonders die staatliche Aufsicht über den Finanzmarkt. Die BaFin soll sich in Zukunft nicht nur um die Stabilität von Finanzinstituten kümmern, sondern auch um die kollektiven Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher. Der Finanzmarkt besteht nicht nur aus Banken, Fonds und Händlern, sondern auch aus vielen Tausend Kleinanlegern. Auch für sie wird die BaFin in Zukunft da sein.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das ist wichtig und für den Verbraucherschutz eine Art Paradigmenwechsel. Denn die BaFin kann künftig Warnungen veröffentlichen. Im Extremfall kann sie sogar einzelne Produkte ganz verbieten. Damit kann sie die schwarzen Schafe aussondern. Das liegt im Ergebnis auch im Interesse der Herde, nämlich der vielen seriösen Anbieter, die es auf dem Markt gibt.

Bei alldem stellen wir auch eines sicher: Bei bürgerschaftlichem Engagement – das ist eben schon angesprochen worden – oder bei sogenanntem Crowdinvesting bleibt auch in Zukunft eine unbürokratische Finanzierung möglich.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das ist uns wichtig gewesen. Deshalb haben wir die entsprechenden Schwellenwerte noch einmal kräftig angehoben. Wenn etwa ein Sportverein eine neue Turnhalle bauen will, dann kann er künftig bis zu 2,5 Millionen Euro einsammeln, ohne dass er die strengen Vorgaben des Anlegerschutzes beachten muss. Das wird auch in Zukunft entsprechende Projekte möglich machen. Allerdings gibt es eine wichtige Voraussetzung: Beim Vertrieb solcher Anlagen dürfen keine Provisionen fließen. Außerdem kann jeder Anleger seine Beteiligung – auch das halte ich für eine nicht unwichtige Verbesserung, die in den Beratungen in den Gesetzentwurf eingefügt werden konnte – innerhalb von 14 Tagen widerrufen. Das ist ein fairer Ausgleich aller Interessen.

Dieses Gesetz sorgt insgesamt für mehr Ordnung auf dem Finanzmarkt. Das ist gut. Das hat damit zu tun, dass wir den unseriösen Anbietern das Handwerk deutlich erschweren. Das schafft mehr Sicherheit für die Verbraucherinnen und Verbraucher und damit auch deutlich mehr Vertrauen in den Markt. Deshalb ist dieses Gesetz so wichtig.

Ich bedanke mich für die außerordentlich konstruktiven Beratungen hier im Parlament, und ich danke Herrn Dr. Meister für die außerordentlich gute Zusammenarbeit mit dem BMF. Ich bitte Sie um Ihre Zustimmung.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Als Nächstes hat Dr. Gerhard Schick, Bündnis 90/Die Grünen, das Wort.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4962576
Wahlperiode 18
Sitzung 100
Tagesordnungspunkt Kleinanlegerschutzgesetz
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