23.04.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 100 / Tagesordnungspunkt 4

Hansjörg DurzCDU/CSU - Kleinanlegerschutzgesetz

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Regelmäßig diskutieren wir darüber, dass es in Deutschland zu wenige Unternehmensgründungen gibt und dass wir die Rahmenbedingungen für Gründungen verbessern wollen. Aus diesem Grund ist es vielen von uns ein Anliegen, die Finanzierungsbedingungen von Start-ups, von jungen Unternehmen, zu verbessern. Auch in der Digitalen Agenda der Bundesregierung wird als eine Maßnahme „die Verbesserung der Finanzierungsbedingungen für Start-ups durch international wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen für Wagniskapital und Crowd-Investments“ genannt.

Crowdfunding, also Schwarmfinanzierung, entwickelt sich seit einigen Jahren als innovative Finanzierungsmöglichkeit für junge Unternehmen und Projekte, die über die klassischen Finanzierungsformen nur schwer oder überhaupt nicht an Kapital gelangen. Seit 2011 wurden in Deutschland circa 40 Millionen Euro über Crowdinvesting-Plattformen investiert. Laut einer Umfrage von BITKOM gibt es in Deutschland 3,5 Millionen Menschen, die sich grundsätzlich vorstellen können, in junge Firmen zu investieren. Hier steckt also Potenzial für die Förderung von Innovationen in unserem Land. Schon deshalb sollten wir solch eine innovative Finanzierungslösung, wie sie Crowdfunding darstellt, auf keinen Fall schwächen, sondern unterstützen.

Vergessen darf man aber auch nicht, dass Crowdfunding ein hochriskantes Anlagegeschäft sein kann. Umso wichtiger ist es, dass der Verbraucher alle nötigen Informationen erhält, die er für seine Entscheidung für oder gegen ein Investment braucht. Vor allem muss er aber auch Kenntnis über das hohe Risiko haben. Nur wenn Anleger ausreichend informiert sind, können sie eigenverantwortlich die richtigen Entscheidungen treffen. Mit dem Kleinanlegerschutzgesetz gilt es also einerseits die berechtigten Interessen des Verbraucherschutzes zu berücksichtigen, andererseits aber eben auch sicherzustellen, dass sich Crowdfunding in Deutschland weiterentwickeln kann. Diese Abwägung ist mit dem vorliegenden Gesetzentwurf und den Änderungen, die im parlamentarischen Verfahren vorgenommen wurden, sehr gut und vor allem praxisgerecht gelungen.

Ich möchte in diesem Zusammenhang drei Punkte hervorheben.

Erstens. Ursprünglich war vorgesehen, die Prospektpflicht vorzuschreiben, wenn der Gesamtbetrag der vom Emittenten ausgegebenen Vermögensanlage 1 Million Euro übersteigt. Die Erstellung eines Prospekts verursacht relativ hohe Kosten – es ist bereits mehrfach darüber gesprochen worden –, die von kleinen, jungen Unternehmen nicht getragen werden können. Soziale und kulturelle Projekte wären davon besonders betroffen gewesen. Die ursprüngliche Grenze von 1 Million Euro bei Schwarmfinanzierungen hat berechtigte Kritik hervorgerufen. Diese Grenze hätte wohl dazu geführt, dass das eine oder andere innovative Projekt im Keim erstickt worden wäre. Die nun gefundene Grenze von 2,5 Millionen Euro, unterhalb derer die Prospektfreiheit gilt, stellt einen guten Kompromiss dar, der sich auch in den internationalen Rahmen einfügt.

Zweitens. Im ursprünglichen Entwurf war vorgesehen, dass Werbung für Vermögensanlagen in Printmedien und deren Onlineausgaben unbeschränkt zulässig, Werbung in sozialen Netzwerken jedoch verboten ist. Das ursprünglich vorgesehene Werbeverbot im Internet und in den sozialen Medien hätte aber im Widerspruch zu dem Konzept des internetbasierten Crowdfunding gestanden, das darauf ausgelegt ist, eine breite Öffentlichkeit anzusprechen, um die Finanzierung innovativer Projekte durch eine Vielzahl von kleineren Investments zu schultern. Die Streichung des Werbeverbots im Internet und in den sozialen Medien war gerade aus digitalpolitischer Sicht unverzichtbar. Werbung darf nun in allen Medien geschaltet werden. Wichtig ist aber der deutlich erkennbare Warnhinweis an prominenter Stelle. Dies stellt sicher, dass Kleinanleger über die hohen Risiken von Crowd-Investitionen informiert sind und dass sie das persönliche finanzielle Risiko richtig einschätzen können. Werbung ist also künftig in allen Medien, auch digitalen, erlaubt, nicht aber ohne den Warnhinweis an prominenter Stelle.

Drittens. Die wohl wichtigste Änderung betrifft das Vermögensanlagen-Informationsblatt, VIB. Auf maximal drei DIN-A4-Seiten müssen die wesentlichen Informationen über die Vermögensanlage in übersichtlicher und leicht verständlicher Weise enthalten sein, inklusive Risikoaufklärung. In der ursprünglichen Fassung des Gesetzes musste der Anleger dieses Blatt ausdrucken, unterschreiben und per Post an den Anbieter zurücksenden – bei einem internetbasierten Angebot ein unverständlicher und nicht akzeptabler Medienbruch.

Der nun gefundene Vorschlag dürfte für alle Seiten akzeptabel sein. Künftig wird das Vermögensanlagen- Informationsblatt allen Anlegern unabhängig von der Höhe der Anlagesumme, also ab dem ersten Euro bis zur höchsten Einzelanlagesumme von 10 000 Euro, zur Verfügung gestellt. Der Anleger aber muss dieses Blatt nicht ausdrucken und unterschrieben per Post zurücksenden, sondern kann in elektronischer Form die Kenntnisnahme des Warnhinweises auf dem VIB bestätigen. Die ursprünglich vorgesehene Bagatellgrenze von 250 Euro, bis zu der das VIB nicht zur Verfügung gestellt werden muss, entfällt damit auch. Somit haben wir nicht nur den Medienbruch beseitigt, sondern auch das Gesetz einen Tick schlanker gemacht. In der Praxis heißt das, dass jeder potenzielle Anleger das Vermögensanlagen-Informationsblatt per Mail, SMS oder auf elektronische Weise erhalten kann. Er muss nicht zur Post gehen oder das Faxgerät bemühen, sondern kann mit der Eingabe eines Satzes die Kenntnisnahme des Warnhinweises elektronisch bestätigen. Der Anleger ist damit über das Risiko informiert und muss selbst die Eingabe vornehmen, wonach ihm die Risiken bekannt sind. Eine sehr schlanke, klare und zeitgemäße Regelung, die sehr praxistauglich ist und tatsächlich auch beachtet werden wird, im Gegensatz zu manch kleingedruckten AGB, denen zwar zugestimmt wird, die aber nie gelesen werden.

Auch die Höchstgrenze für die Einzelanlage von 10 000 Euro stand und steht in der Diskussion. Wenn man jedoch auf die durchschnittliche Portfoliogröße schaut – diese beträgt 1 500 Euro pro Investor –, so sieht man: Die Deckelung bei 10 000 Euro entspricht sicherlich der Praxis. Wichtig war uns, dass wir Kapitalgesellschaften von dieser Regelung ausnehmen, sodass die für Start-ups wichtigen Ankerinvestoren auch die Möglichkeit haben, über dieser Grenze zu investieren.

Ein weiterer Schutz für die Verbraucher ist das 14-tägige Widerrufsrecht, das wir mit dem Kleinanlegerschutzgesetz einführen werden.

Das Ziel, die Kleinanleger besser zu schützen, werden wir mit diesem Gesetz erreichen. Wir sorgen für Transparenz, und Transparenz schafft Vertrauen. Das wiederum kommt am Ende nicht nur den Verbrauchern zugute, sondern schafft auch den richtigen Rahmen für alternative und neue Finanzierungsinstrumente. So setzt das Kleinanlegerschutzgesetz auch die richtigen Rahmenbedingungen für ein weiteres Wachstum der digitalen Crowdfunding-Branche. Da Geschäftsmodelle gerade im digitalen Umfeld hoher Dynamik unterliegen, müssen wir immer wieder überprüfen, ob Regelungen noch passgenau sind. So ist im Gesetz bereits eine Evaluierung bis Ende 2016 fixiert. Heute aber verabschieden wir ein sehr gelungenes und ausgewogenes Regelwerk.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Vielen Dank. – Für die SPD-Fraktion spricht jetzt der Kollege Christian Petry.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4962726
Wahlperiode 18
Sitzung 100
Tagesordnungspunkt Kleinanlegerschutzgesetz
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine