23.04.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 100 / Zusatzpunkt 4

Herlind GundelachCDU/CSU - Aktuelle Stunde: Einfluss von Interessenvertretern auf die Infrastrukturpolitik

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die bisherige Debatte hat gezeigt, dass in diesem Hause offensichtlich sehr unterschiedliche Ansichten vor allen Dingen zum Bereich der öffentlich-privaten Partnerschaften bei Infrastrukturinvestitionen existieren. Wir haben hier gesehen: Von wirtschaftsfreundlicher bis staatsgläubiger Haltung – ich glaube, bei dem einen oder anderen muss man das fast so sagen – ist hier fast alles vertreten. Es ist falsch, nur auf die eine oder die andere Form zu setzen oder die Formen gar gegeneinander auszuspielen. Ich glaube, es ist notwendig, dass wir jedes Vorhaben individuell betrachten, sorgfältig untersuchen und vorbereiten und danach die Entscheidung treffen, in welcher Form es finanziert wird.

Dazu gehört selbstverständlich eine Lebenszyklusbetrachtung, und zwar inklusive der Personalbereitstellung. Dazu gehören eine sorgfältige Kostenplanung und eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung; dazu ist heute schon einiges gesagt worden. Es müssen auch die sogenannten Eh-da-Kosten der Verwaltung mit eingepreist werden; die werden nämlich manchmal übersehen. Wir brauchen eine Wertschöpfungskette aus Planen, Bauen, Erhalten und Betreiben, verbunden mit einer optimal zugeschnittenen Finanzierung. Das muss im Vordergrund einer wirtschaftlichen Projekterledigung stehen.

Wir brauchen aus meiner Sicht auch zwei Sichtweisen, nämlich zum einen die betriebswirtschaftliche und zum anderen die volkswirtschaftliche. Ich möchte das einmal an einem ganz konkreten Beispiel aus meinem Wahlkreis verdeutlichen:

Wir alle wissen, dass Hamburg einen Hafen hat und dass der Hamburger Hafen das Herz der Hamburger Wirtschaft darstellt. Um erfolgreich zu sein, braucht er eine optimale verkehrliche Anbindung; das ist absolut unverzichtbar.

(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Seehafenhinterlandverkehr!)

Die sogenannten Hafenhinterlandverkehre sind für uns ein ganz entscheidender Punkt, weil sie momentan ein wenig notleidend sind.

Hamburg hat als einzige Großstadt keine Autobahnumfahrung – das ist nicht zuletzt Ausdruck einer verfehlten Verkehrspolitik in den 60er- und 70er-Jahren, für die aber nicht die CDU verantwortlich war –, das heißt jeglicher Verkehr geht durch die Stadt. Die A 7 im Westen und die A 1 im Osten haben keine leistungsfähige Verbindung miteinander. Deswegen diskutiert Hamburg seit gut 20 Jahren die sogenannte Hafenquerspange, die beide Autobahnen endlich miteinander verbindet und zugleich die Güterverkehre aus dem Hafen und in den Hafen verbessert.

Unter Schwarz-Grün haben wir uns nach vielen Jahren auf eine vernünftige Trassenführung verständigt, die vom Bund auch genehmigt worden ist. Die Kollegin Hajduk – ich habe sie eben noch gesehen; sie will gerade gehen – will ich ausdrücklich loben; das hat sie ausgezeichnet gemacht.

(Marcus Held [SPD]: Ich dachte, sie sei jetzt weggelaufen!)

– Nein, dafür haben wir uns im Senat viel zu gut verstanden. – Wir stehen mit dem Bau jetzt erst am Anfang; denn die Hafenquerspange war bislang nicht im Bundesverkehrswegeplan. Das konnte sie mangels konkreter Planung auch nicht sein. In der Zwischenzeit ist sie angemeldet. Aber Sie alle wissen: Es dauert normalerweise ziemlich lange, bis man mit einem Vorhaben auf dem obersten Treppchen der Bauausführung angekommen ist.

Nun gibt es im Ministerium die Überlegung, die Hafenquerspange als sogenanntes ÖPP-Projekt zu planen, damit sie möglichst rasch realisiert werden kann. Ich kann nur sagen: Das findet meine volle Unterstützung. Ich hoffe, wir sind am Schluss erfolgreich, und das wird tatsächlich ein ÖPP-Projekt; denn die Vorteile liegen meines Erachtens auf der Hand: Es gibt eine deutlich raschere Realisierung. Wenn sauber geplant ist – das setze ich mal voraus –, ist das auch nicht teurer als im konventionellen Bauverfahren. Ich möchte hier ausdrücklich auf das Ausbauprojekt zur A 7 nördlich von Hamburg und seine sehr ausgefeilte Finanzierungsstruktur hinweisen. Das hat uns genau gezeigt, dass man so hervorragend finanzieren kann, dass man sogar noch in der Lage ist, Mittel für unerwartete Mehrkosten oder Umplanungen vorzuhalten. Ich glaube, das kann man alles vernünftig machen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Hinzu kommen Fakten – das ist für mich ganz entscheidend –, die sich gar nicht unmittelbar in der Rechnung niederschlagen. Wenn wir die Hafenquerspange schnell haben, dann können die Verkehre aus dem Hafen natürlich auch deutlich schneller abgeführt werden. Das wiederum spart Kosten für die Betriebe und die Logistiker, da sie verlässlicher planen und entsprechend auch verlässlicher liefern können. Die Staukosten im Hamburger Raum gehen in der Zwischenzeit in die Millionen.

Ein Weiteres kommt noch hinzu: Ausweichverkehre in die Wohnquartiere werden vermieden, da die Verbindung zwischen den Autobahnen endlich funktioniert. Damit verbunden ist eine deutliche Verminderung der gesundheitlichen Belastung der von Lärm und Immissionen geplagten Anwohner.

Das bedeutet letztendlich wiederum geringere Gesundheitskosten und eine Steigerung der Wohn- und Lebensqualität in den betroffenen Wohngebieten. Ich denke, das ist finanziell vermutlich kaum quantifizierbar.

Aus meiner Sicht sind das alles Aspekte, die man berücksichtigen muss, wenn es darum geht, Investitionen möglichst schnell realisieren zu können. Deswegen ist mein Rat, daraus keinen Glaubenskrieg zu machen, jedes Projekt für sich zu betrachten, eine saubere Plus-Minus-Bilanz aufzustellen und danach zu entscheiden.

Danke.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Als nächster Rednerin erteile ich das Wort der Abgeordneten Kirsten Lühmann, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4963294
Wahlperiode 18
Sitzung 100
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde: Einfluss von Interessenvertretern auf die Infrastrukturpolitik
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