23.04.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 100 / Tagesordnungspunkt 7

Frank JungeSPD - Grundfreibetrag, Kinderfreibetrag und -geld

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Gutting, wenn Sie ins Feld führen, dass es immer noch Leute gibt, die über die Höhe des Kindergeldes debattieren, dann will ich Ihnen sagen, dass es Ihre eigenen Ministerpräsidenten sind. Bei uns ist dieses Thema insoweit durch, als wir finden, dass wir hier ein recht ausgewogenes Paket haben. Sie sollten Ihre eigenen Leute noch einmal darauf ansprechen; das insofern vorweg.

Frau Brantner, wenn Sie mit Ihren Worten zum Ausdruck bringen, dass die Alleinerziehenden eine wichtige Zielgruppe sind, aber bemängeln, dass der Prozess, bis wir zu einer Einigung gekommen sind, so lange gedauert hat, dann können Sie sich ja jetzt mit uns freuen, weil auch wir finden, das wir schon viel früher zu einer solchen Einigung hätten kommen können.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN] – Lisa Paus [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Der Abzug von der Steuerschuld wäre schon noch besser gewesen!)

Meine Damen und Herren, es ist hier schon zur Sprache gekommen: Kluge Politik für Mütter und Väter sorgt – Punkt Nummer eins – für eine familienfreundliche Infrastruktur, unterstützt – Punkt Nummer zwei – die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf und trägt – Punkt Nummer drei – zur finanziellen Förderung und zur steuerlichen Entlastung von Eltern bei. Ich stelle dies meinen Ausführungen auch deshalb voran, um deutlich zu machen, dass wir nur in diesem Dreiklang, im Zusammenspiel dieser drei Säulen, gute Familienpolitik machen können und nicht etwa, indem wir lediglich an die Erhöhung des Kindergeldes, des Kinderzuschlags, des Freibetrags etc. denken. Nur im Dreiklang dieser Maßnahmen gelingt es uns, diese Zielgruppe entsprechend zu betreuen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Schauen wir einmal zurück, welche SPD-geprägten Projekte diese Bundesregierung auf den Weg gebracht hat. Die Kitas wurden bundesweit ausgebaut. Wir haben das Elterngeld Plus auf den Weg gebracht. Wir haben Investitionen in die frühkindliche Bildung unterstützt. Wir haben den gesetzlichen Mindestlohn und die Familienpflegezeit auf den Weg gebracht.

(Marcus Weinberg [Hamburg] [CDU/CSU]: War das alles nur die SPD, ja?)

Ich denke, jeder kann sich einmal durch den Kopf gehen lassen, inwieweit all das nachhaltige Maßnahmen sind, die nicht nur, aber auch die Familien in unserem Land unterstützen.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt noch einmal zu Ihnen, Frau Dr. Brantner. Wenn wir über ein drohendes Armutsrisiko bei Alleinerziehenden mit Kindern reden, dann sind genau die Maßnahmen, die wir hier beschlossen haben, geeignet, Erwerbstätigkeit zu unterstützen und eine Absicherung vorzunehmen, damit Familien nicht in diese Falle tappen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir eröffnen heute das parlamentarische Verfahren zu einem Gesetzentwurf, mit dem wir die Familien in unserem Land durch ein Gesamtpaket – bestehend aus Grund- und Kinderfreibetrag, Kinderzuschlag und Kindergeld – entlasten wollen. Diese Maßnahmen dienen natürlich zunächst einmal der verfassungsrechtlich gebotenen steuerlichen Freistellung des Existenzminimums; das ist ganz klar. Aber daneben nehmen wir auch Kindergelderhöhungen in zwei Schritten vor. Wir unterstützen damit in nicht unerheblichem Maße natürlich auch die Familien. Zusätzlich werden wir den Kinderzuschlag anheben – auch das ist hier schon zur Sprache gekommen –, wovon insbesondere Familien mit geringem Einkommen profitieren.

Die 3,7 Milliarden Euro, die dieses Gesamtpaket kostet, halte ich für von dieser Bundesregierung gut investiertes Haushaltsgeld. Ich glaube, dass wir bereits mit den im Koalitionsvertrag festgeschriebenen Vorhaben, insbesondere die Alleinerziehenden als Zielgruppe in den Blick zu nehmen und zu stärken, einen ganz wichtigen Schritt tun. Denn die 1,6 Millionen Alleinerziehenden, zu denen überwiegend Frauen gehören, haben im Vergleich zu anderen Familien natürlich doppelt so viel zu leisten, um mit ihrer Familie durchzukommen. Vor diesem Hintergrund ist die Erhöhung des Freibetrags um 600 Euro aus meiner Sicht ein längst überfälliger Schritt.

(Beifall bei der SPD)

Herr Meister, ich will Ihnen sagen: Klar, die Zielgruppe ist recht klein. Aber angesichts der Last, die die Alleinerziehenden, seitdem sie alleinerziehend sind, zu schultern haben, und vor dem Hintergrund, dass der Freibetrag seit 2004 nicht mehr angepasst worden ist, sich aber die ganze Welt um sie herum weitergedreht hat, ist das aus meiner Sicht ein längst überfälliger Schritt.

(Beifall bei der SPD)

Es gibt einen weiteren Aspekt, der an dieser Stelle eine Rolle spielt und untersetzt, warum der Schritt der Bundesregierung, insbesondere Alleinerziehende in den Fokus zu nehmen, richtig ist. 80 Prozent der Alleinerziehenden verfügen heute nämlich über ein Einkommen, das geringer ist als das mittlere Einkommen von Familien. Wenn man sich vor Augen führt, dass Alleinerziehende, wenn sie etwas mehr Geld verdienen, überproportional höher besteuert werden, dann schließt sich für mich der Kreis, wenn es um die Frage geht, warum hier die dringende Notwendigkeit besteht, zu handeln.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit Blick auf die Uhr komme ich zum Schluss. Für den nun vor uns liegenden Prozess des parlamentarischen Verfahrens ist der SPD-Fraktion ein Punkt ganz besonders wichtig: dass wir – nach meinem Dafürhalten unbedingt – rückwirkend für 2014 die Anhebung des Kinderfreibetrages und des Kindergeldes einfordern müssen. Allein die Tatsache, dass von einer entsprechenden Anhebung natürlich die Familien in unserem Land profitieren, ist es wert, so vorzugehen. Das ist aber längst nicht alles: Wenn wir in anerkannter Weise die Steuerfreistellung der Existenzminima für 2015 und 2016 regeln, weil wir akzeptieren, dass das verfassungsrechtlich geboten ist, dann ist es für mich völlig unlogisch, wenn wir, obwohl in diesem Fall die gleichen Gründe gelten, 2014 unter den Tisch fallen lassen. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir uns damit verfassungsrechtlich angreifbar machen. Aus meiner Sicht wäre es in hohem Maße peinlich, wenn uns ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts per Anordnung vorgeben würde, was wir hier zu tun haben.

Herr Kollege Junge, Sie haben angekündigt, zum Schluss zu kommen, was angesichts der Redezeit auch richtig wäre.

Als Gesetzgeber können wir das schließlich selbst in die Hand nehmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Abschließende Rednerin in dieser Aussprache ist die Kollegin Gudrun Zollner für die CDU/CSU.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Fritz Felgentreu [SPD])


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4963799
Wahlperiode 18
Sitzung 100
Tagesordnungspunkt Grundfreibetrag, Kinderfreibetrag und -geld
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