23.04.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 100 / Tagesordnungspunkt 16

Johann WadephulCDU/CSU - Status Palästinas in der UNO

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Gehrcke, ich bin mit Ihnen der Auffassung, dass das Hohe Haus eine große Bedeutung hat und dass wir zum Palästinakonflikt sicherlich auch Stellung nehmen sollten. Wir sollten aber nicht den Eindruck erwecken, dass wir als Deutscher Bundestag das jetzt alleine entscheiden. Wir sollten uns konstruktiv an dem Prozess beteiligen. Das tun wir. Die deutsche Bundesregierung tut dies seit vielen Jahren, und ich denke, das sollten wir auch fortsetzen.

Sie haben hier drei Möglichkeiten aufgezeigt. Es ist doch völlig unstreitig, dass die dritte Möglichkeit präferiert und auch von der internationalen Gemeinschaft eindeutig unterstützt wird. Das heißt, die Zweistaatenlösung muss verfolgt werden. Diese unterstützen wir, hinter ihr stehen wir, und das sollte auch niemand infrage stellen. Es ist in der Tat – da haben Sie recht – eine Tragik, dass die Bemühungen, nachdem sich die amerikanische Administration viele Jahre zurückgehalten hatte und Außenminister Kerry hier wieder initiativ geworden ist und viel Kraft, Zeit und amerikanische Autorität investiert hat, erst einmal gescheitert sind. Ich kann die amerikanische Seite nur auffordern, bitten und ermuntern. Ich denke, wir sollten unseren Beitrag dazu leisten, dass die amerikanische Administration den Faden noch einmal aufnimmt, auch in der verbleibenden Amtszeit von Präsident Obama. Wir sollten ihn und John Kerry auffordern und unterstützen, ihre Bemühungen wieder aufzunehmen und das Ziel einer Zweistaatenlösung weiterzuverfolgen. Das würden wir unterstützen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Sie haben die Äußerungen Netanjahus angesprochen. In der Tat hat diese Wahlkampfäußerung – ich glaube, das war wirklich nur eine Wahlkampfäußerung – für Irritationen gesorgt. Ich stehe nicht an, hier eindeutig zu sagen: Sollte irgendein israelischer Politiker eine Art versteckte Agenda haben, also die Zweistaatenlösung nur formal verfolgen, aber in der Sache nicht bereit sein, den Weg zu einem demokratischen, rechtsstaatlichen und friedlichen Palästinenserstaat zu beschreiten, dann hätte er dafür nicht unsere Unterstützung; das muss man klar sagen.

Auf der anderen Seite muss man auch klar sagen, dass wir von allen Palästinensern, insbesondere der Hamas, erwarten müssen, dass sie bereit ist, Israel als einen eigenständigen Staat mit einem eigenständigen Existenzrecht anzuerkennen. Das haben wir in dieser Klarheit bisher nicht gehört.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Herr Kollege Gehrcke, ich will in die Debatte keine Schärfe hineinbringen, aber da gibt es auch in Ihrer Fraktion noch einigen Nachholbedarf, was das Verhältnis zu Israel angeht. Ich gehe davon aus, Sie arbeiten daran. Ich wünsche Ihnen dabei viel Erfolg. Aber dass die Existenz des Staates Israel – wir werden in der nächsten Sitzungswoche 50 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Deutschland und Israel zu würdigen haben – für Deutschland eine besondere historische Verantwortung ist, soll hier noch einmal unterstrichen werden. Es ist die Aufgabe aller Abgeordneten des Deutschen Bundestages, dafür einzustehen. Die Linke ist herzlich eingeladen, hier mitzumachen.

Dann müssen wir uns fragen: Wie können wir diesen Weg weiter verfolgen und hier vorangehen? Da sind in nächster Zeit auf beiden Seiten Kompromissbereitschaft und auch die Bereitschaft gefordert, miteinander zu diskutieren. Sie selber haben gerade erklärt: Ja, wir brauchen die Anerkennung eines demokratischen Staates Palästina. Dazu muss man sagen, dass Präsident Abbas, den wir durchaus schätzen und der, glaube ich, auch guten Willens ist, hier zu einer Lösung zu kommen, nachdem er für vier Jahre gewählt worden war, jetzt im neunten Jahr seiner Dienstzeit steht. Dass da demokratische Legitimation nicht mehr vorhanden ist, muss man ehrlicherweise dazusagen.

(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Seien Sie froh, dass man ihn hat!)

– Man kann das faktisch betrachten und sagen: Seien Sie froh, dass gerade diese oder jene Person an der Macht ist. Aber ich meine, wir müssen mit unserem Verständnis, Herr Kollege Gehrcke, Wert darauf legen, dass diejenigen, die Regierungsgewalt ausüben, demokratisch legitimiert sind, sei es durch Wahlen, sei es durch Abstimmungen. Das ist derzeit in Palästina nicht der Fall.

Es hat eine Einheitsregierung gegeben; das ist ein hoffnungsvolles Zeichen gewesen. Es hat auch positive Entwicklungen gegeben; auch das muss ich sagen.

(Klaus Brähmig [CDU/CSU]: Es gibt doch gar keine Einheitsregierung!)

Wir müssen natürlich auch erwarten, dass diese Einheitsregierung funktioniert. Das tut sie aus meiner Sicht zum jetzigen Zeitpunkt nicht. Sie ist nicht in der Lage, für Sicherheit zu sorgen. Sie ist auch nicht in der Lage, dafür zu sorgen, dass es keine Raketenangriffe oder andere Anschläge auf israelisches Gebiet oder gegen israelische Bürger gibt. Diese hat es leider zuletzt gegeben; das muss man eindeutig sagen.

In dieser Situation halten wir es für verkehrt – Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss –, einseitig voranzugehen, Palästina einseitig anzuerkennen, auf welchem Wege auch immer. Wir sind weiterhin der Auffassung: Der Weg zu einer Zweistaatenlösung muss weiterverfolgt werden. Da müssen wir Druck aufbauen, und da müssen wir Unterstützung leisten. Ich denke, wenn wir das machen, dann gibt es auch eine Aussicht auf Erfolg.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank. – Als Nächstes hat Omid Nouripour, Bündnis 90/Die Grünen, das Wort.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4964363
Wahlperiode 18
Sitzung 100
Tagesordnungspunkt Status Palästinas in der UNO
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