24.04.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 101 / Tagesordnungspunkt 24

Jutta EckenbachCDU/CSU - Öffentlich geförderte Beschäftigung

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als eine der letzten Rednerinnen und als eine, die heute in diesem Hohen Hause, im Bundestag, schon viele Reden gehört hat, will ich sagen: Eigentlich eint uns Sozialpolitiker vieles. Ich möchte die Unterschiede aber doch noch einmal deutlich machen.

Bei den Linken ist es so: Sie wollen eigentlich den Arbeitsplatz, den Arbeitgeber mehr belasten. Ich habe das einmal ausgerechnet. Es handelt sich nicht um Milliardensummen. Aber wenn Sie das, was Sie fordern, auf einen Arbeitgeber beziehen, heißt das, dass er bei 35 Mitarbeitern einen Ausbildungsplatz weniger finanzieren kann. Da frage ich mich, inwiefern das sozial sein soll.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich will auch Ausbildungsplätze schaffen. Ihr Vorschlag läuft dem aber entgegen.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Haben Sie mal die Gewinne angeschaut?)

Sie vertreten die Philosophie – das wurde ja hier schon mehrmals erwähnt –: Ich schaffe einen Arbeitsmarkt, packe die Menschen dort hinein und – wenn ich Frau Werner aus Thüringen richtig verstanden habe – gebe ihnen 1 100 Euro im Monat, lasse sie drei Jahre in einer öffentlich geförderten Beschäftigung; danach sind sie ein Jahr in der Arbeitslosenversicherung, und dann stecke ich sie wieder in ein Programm. – Wie lange wollen Sie das durchziehen?

(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Deswegen wird das in Thüringen auch nie gut!)

Es gibt ja kein Andocken an den Arbeitgeber. Sie schaffen einen öffentlich geförderten, geschützten Arbeitsraum für drei Jahre. Da frage ich mich: Was ist eigentlich mit dem, der psychosoziale Schwierigkeiten hat, der gar nicht acht Stunden arbeiten kann? Werden Sie den auch mit 1 100 Euro ausstatten? Das sind für mich ganz wichtige Fragen, wenn es um das Thema Passiv-Aktiv- Transfer geht. Sie wissen, dass auch ich das verfechte. Aber für mich sind noch nicht alle Fragen beantwortet. Ich bekomme nämlich aus diesem System nur denjenigen heraus, der voll arbeitsfähig ist. Bei demjenigen, der große Schwierigkeiten hat, bin ich sofort wieder bei der Aufstockung, weil er nicht aus dem System heraus ist.

Uns kann es doch nur darum gehen, die Menschen herauszubekommen und an einen Arbeitgeber, in den ersten Arbeitsmarkt zu vermitteln. Was ist dafür notwendig? Dafür sind nicht nur die Programme, die Frau Nahles jetzt auflegt, notwendig. Frau Nahles hat in der Tat die Programme alleine aufgelegt, liebe Kollegen der SPD; denn politisch haben wir diese hier im Hohen Hause noch nicht beraten. Insofern werden wir – da freue ich mich auf eine spannende Diskussion – diskutieren müssen, wie wir damit umgehen. Aber im Moment ist es ein Nahles-Programm und kein Programm der SPD, kein Programm der CDU. Es ist ein Programm der Ministerin.

Wenn man sich einmal damit beschäftigt – das habe ich getan – und vor Ort schaut, wie das Programm läuft, dann kann man feststellen, dass wir momentan nicht alle Stellen besetzt bekommen. Wir haben eigentlich 33 000 Stellen, bekommen mit Mühe und Not aber nur 24 000 Stellen besetzt. Woran liegt das? Das liegt daran, dass wir die Arbeitgeber brauchen. Das liegt daran, dass wir Menschen befähigen müssen, genau dort, wo sie gebraucht werden, die Arbeit aufzunehmen. Dazu ist aber ein enormer Aufwand an Begleitung erforderlich. Deswegen ist es wichtig, dass wir darauf achten: Jede Region ist anders; jeder Mensch ist anders. Jeder Mensch muss die Fähigkeiten, die er besitzt, ausbauen. Ich habe das hier einmal mit „Wir müssen die Stärken stärken“ umschrieben. Genau das ist es doch, wofür wir bei dem Einzelnen zunächst einmal sorgen müssen. Meines Erachtens müssen wir in der Tat sehr flexibel sein. Wir werden für Hamburg andere Programme als für das Ruhrgebiet oder Bayern brauchen, wo ganz andere Probleme vorherrschen. Darüber werden wir zukünftig reden müssen. Vieles haben wir ja probiert.

Frau Pothmer, gestatten Sie mir, da Sie behaupten, wir hätten in der letzten Regierung nichts getan, eine Bemerkung – ich habe gerade noch einmal nachgefragt –: Das ganze Programm einschließlich der Systematik, in die Langzeitarbeitslosigkeit zu kommen, ist ein Programm von Rot-Grün. Ich will das nur richtigstellen. Das Ganze ist letztendlich auf Hartz IV zurückzuführen, weil wir genau an dieser Stelle nicht die richtigen Instrumente eingeführt haben. Wir sollten also die gegenseitigen Schuldzuweisungen lassen. Wir sollten vielleicht auch diese Anträge lassen, die uns vorgaukeln, wir könnten das Ganze über einen Arbeitsplatz und mit viel Geld steuern.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das werden wir zum Glück noch selber entscheiden, Frau Kollegin! Sie spornen uns an!)

Nein, wir brauchen Regionalität. Wir brauchen die Anerkennung dessen, was der einzelne Langzeitarbeitslose an unterschiedlichen Fähigkeiten braucht. Gerade vor dem Hintergrund, dass wir schon viele Langzeitarbeitslose in Arbeit gebracht haben und es heute mit einer Gruppe zu tun haben, die wirklich enorme Hilfe benötigt, wird uns das sehr schwerfallen.

Wir haben in Essen – um das zum Schluss als Beispiel zu nennen – ganz früh eine Joborientierung – aber immer stufenorientiert, also ausstiegsorientiert – genau für diese Menschen angeboten. Wir wollen sie befähigen, in den ersten Arbeitsmarkt zu kommen. Ich glaube, dass dies Maßnahmen sind, die wir in der Tat benötigen. Ich kann für die CDU/CSU-Fraktion hier und heute sagen: Wir werden uns genau daran orientieren.

Ich freue mich schon heute auf eine sehr interessante Debatte, die sich mit den Fragen beschäftigen wird: Wie beseitigen wir Langzeitarbeitslosigkeit? Wie bringen wir Menschen in Arbeit, die heute noch in der Langzeitarbeitslosigkeit sind? Was muss ich genau für diese Menschen tun? Wenn wir das alle gemeinsam machen, sind wir, glaube ich, auf einem richtigen Weg. Wir werden dabei Haushaltsdisziplin wahren müssen, und wir müssen dabei darauf achten, wie wir die Arbeitgeber mitnehmen können. Aber diese Ziele sollten uns Sozialpolitikerinnen und Sozialpolitiker hier alle bewegen. Insofern freue ich mich auf die nächsten Debatten. Sie werden anstrengend genug sein.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Für die SPD-Fraktion spricht jetzt der Kollege Markus Paschke.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4968583
Wahlperiode 18
Sitzung 101
Tagesordnungspunkt Öffentlich geförderte Beschäftigung
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