24.04.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 101 / Tagesordnungspunkt 26 + ZP 7

Inge HögerDIE LINKE - NVV-Überprüfungskonferenz (Atomwaffensperrvertrag)

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! 70 Jahre nach den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki gelingt es immer noch nicht, diese schrecklichen Massenvernichtungswaffen endlich abzuschaffen. Das liegt in erster Linie an den fünf offiziellen Atommächten. Es liegt an den USA, Russland, Frankreich, Großbritannien und China, die an ihren Bomben festhalten. Es liegt auch an den inoffiziellen Atomwaffenstaaten, die durch den Besitz dieser Bomben ihren Einfluss in der Welt vergrößern wollen.

Es ist bezeichnend, dass die Koalitionsfraktionen in ihrem Antrag eine gemeinsame europäische Position einfordern. De facto bedeutet das nichts anderes, als dass man sich der Abrüstungsverweigerung der Regierungen Frankreichs und Großbritanniens anschließt. Da macht die Linke nicht mit,

(Beifall bei der LINKEN)

und wir sind uns da mit den Friedensbewegungen in Frankreich und England einig.

Nun ist es leicht, von diesem Pult aus den mangelnden Abrüstungswillen anderer Staaten zu kritisieren. Doch Abrüstung beginnt vor der eigenen Haustür.

(Beifall bei der LINKEN)

Union und SPD erzählen in ihrem Antrag viel über Deutschlands Anstrengungen für Abrüstung, Rüstungskontrolle und andere hehre Ziele. Doch wenn es konkret wird, ist davon überhaupt nichts mehr zu sehen. Immer noch lagern in Büchel 20 US-Atomsprengköpfe. Sie haben jeweils eine Sprengkraft von 20 Hiroshima-Bomben. Anstatt sie endlich zu vernichten, werden sie in den kommenden Jahren modernisiert, um sie leichter einsatzfähig zu machen. Für den Ernstfall hält die Bundeswehr Tornado-Flugzeuge vor, die Atomwaffen transportieren und abwerfen können. Bundeswehrsoldaten werden eigens für den Zweck eines Atomkrieges ausgebildet.

Solange die Bundesregierung auf diese Art und Weise den USA Beihilfe zu einem potenziellen Atomkrieg leistet, so lange bleiben Ihre rhetorischen Anstrengungen, die Sie hier oder in New York ableisten, pure Heuchelei. Sorgen Sie endlich dafür, dass alle Atomwaffen aus Deutschland abgezogen werden!

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Sylvia Kotting- Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

In den Feststellungen des Koalitionsantrages singen Sie das schon oft gehörte Lied von den Bösen und den Guten – und natürlich von der ganz besonders guten Bundesregierung, die sich überall in der Welt fleißig für Abrüstung einsetzt. Dass davon wenig zu halten ist, habe ich eben skizziert.

Aber auch Ihre Geschichte von den bösen Russen und der guten NATO fällt typischerweise sehr einseitig aus. Zur Eskalation gehören immer zwei Seiten. Bitte vergessen Sie nicht, dass die NATO durch ihre Osterweiterung und aktuell durch die Stationierung von Truppen im Baltikum maßgeblich zur gespannten Situation in Osteuropa beiträgt.

Den Antrag der Koalitionsfraktionen lehnen wir ab. Frieden und Abrüstung erreicht man nur durch konkrete Abrüstungsschritte.

Es ist schon interessant: CDU/CSU und SPD weisen in ihrem Antrag darauf hin, dass die Ukraine 1994 nur gegen die Garantie ihrer territorialen Integrität auf ihre Atomwaffen verzichtet hat.

(Niels Annen [SPD]: Auf die territoriale Integrität scheinen Sie ja nicht viel Wert zu legen!)

– Ich lege großen Wert darauf. – Ich kann mich noch gut erinnern, dass das Geschrei groß war, als Kriegsgegnerinnen und Kriegsgegner 1998 anmerkten, die NATO würde Belgrad vielleicht nicht bombardieren, wenn Jugoslawien Atombomben hätte. So ändern sich die Zeiten.

Auf eines ist allerdings Verlass: Die Linke lehnt jeden Völkerrechtsbruch ab und setzt sich auch weiterhin für die Abschaffung aller Atomwaffen ein.

(Beifall bei der LINKEN)

Es freut mich, dass die Koalition die massenvernichtungswaffenfreie Zone im Nahen Osten voranbringen will. Aber auch hier würde ich mir statt der bisherigen Sprechblasen ein beherztes Handeln von der Bundesregierung wünschen. Für einige Staaten – das wissen Sie alle – hängt der Fortbestand des Atomwaffensperrvertrages von Fortschritten bei diesem Thema ab. Es wird bei der Überprüfungskonferenz in New York von zentraler Bedeutung sein, ob es im Nahen und Mittleren Osten zu einer atomwaffenfreien Zone kommt.

Ein echtes Zeichen für Deeskalation und Abrüstung ist es, wenn Sie gleich für den Antrag der Fraktion Die Linke stimmen.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das wird nichts!)

Wir bleiben dabei: Atomwaffen gehören auf den Müllhaufen der Geschichte. Es wäre wünschenswert, wenn die New Yorker Konferenz in den nächsten Wochen einen Schritt in diese Richtung macht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat Dr. Andreas Nick von der CDU/CSU-Fraktion das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4968948
Wahlperiode 18
Sitzung 101
Tagesordnungspunkt NVV-Überprüfungskonferenz (Atomwaffensperrvertrag)
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