Katja LeikertCDU/CSU - NVV-Überprüfungskonferenz (Atomwaffensperrvertrag)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn es ein internationales Rüstungskontrollregime gibt, für das wir uns starkmachen sollten, dann ist das allen voran das Nichtverbreitungsregime. Durch seine klaren Prinzipien, Normen, Regeln und Verfahren hat der NVV die Spielregeln zwischen den Staaten mit Blick auf Erwerb und Entwicklung von Kernwaffen sowie die zivile Nutzung von Nukleartechnologie unmissverständlich festgelegt. Für mich steht fest, dass er in den letzten 45 Jahren unsere Welt sicherer gemacht und erheblich zu mehr Vertrauen zwischen den Staaten beigetragen hat.
Beachtliche 190 Staaten haben das Vertragswerk mittlerweile unterzeichnet. Lediglich Indien, Israel, Pakistan und Südsudan sind keine Mitglieder, und Nordkorea zähle ich nicht mehr dazu. Iran gehörte hingegen zu den ersten Unterzeichnerstaaten im Jahr 1968.
In wenigen Tagen beginnt die Überprüfungskonferenz zu diesem sogenannten Atomwaffensperrvertrag, und es liegt an uns, dass wir uns für ein erfolgreiches Gelingen einsetzen; denn es bestehen weiterhin große Herausforderungen, bis wir die Global Zero, also eine Welt ohne Atomwaffen, erreichen. So verfügen heute Indien, Pakistan und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch Nordkorea über Atomwaffen.
Neben dem Problem der Weiterverbreitung ist auch das Thema „Abrüstung bei Kernwaffenstaaten“ nach wie vor aktuell. Immerhin ist die Zahl der weltweit stationierten Atomsprengköpfe in den letzten fünf Jahren um mehr als ein Viertel gesunken: von 22 000 auf 16 000. Aber erstens sind das natürlich immer noch viel zu viele Sprengköpfe, und zweitens arbeiten die Atomwaffenstaaten nach wie vor an der Modernisierung ihrer Nuklearsysteme, allen voran Russland. Gerade mit Blick auf die unverhohlenen Drohungen mit dem Einsatz nuklearer Mittel durch Russland kann ich die Putin-Versteher einmal weniger verstehen. Wer sich über sämtliche Bestimmungen des Völkerrechts hinwegsetzt, ist nicht im 21. Jahrhundert angekommen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Dagmar Ziegler [SPD]: Jawohl, recht hat sie!)
Da manche Staaten zur Sicherung ihres Überlebens nach wie vor auf Realpolitik der alten Schule setzen wie Aufrüstung und Expansion, bleibt die Bemühung um internationale Regeldurchsetzung gerade in dem hochsensiblen Bereich der Kernwaffen für mich so aktuell wie vor 45 Jahren.
Jetzt steht die nächste Überprüfungskonferenz zum NVV an. Wir von der schwarz-roten Koalition nehmen dies zum Anlass, die Bundesregierung aufzufordern, verstärkte Anstrengungen zu unternehmen, damit eine neue Dynamik nuklearer Aufrüstung und eine Weiterverbreitung von Atomwaffen vermieden werden.
Es wäre jetzt natürlich leicht, angesichts dieser globalen Dimension zu sagen: Die Herausforderungen sind zu groß. Man sollte die Erwartungen an die Überprüfungskonferenz so niedrig wie möglich hängen. – Da ist es natürlich wie immer im Leben: Wenn man keine Erwartungen hat, dann kann man auch nicht enttäuscht werden. So einfach können wir uns das nicht machen.
(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Das ist eine tolle Logik!)
Bei allen Schwächen eines internationalen Regimes gibt es auch sehr viel Positives. Iran ist das beste Beispiel. Ich bin überzeugt davon, dass überhaupt nur durch die offenen Kommunikationskanäle, die das NV-Regime bietet, der aktuelle Verhandlungserfolg erzielt werden konnte. Natürlich waren wir alle skeptisch. Ich denke jedoch, dass angesichts der Verhandlungen Optimismus nun umso mehr begründet ist.
Dank der auch von deutscher Seite so engagiert geführten Verhandlungen ist der Weg Irans zur Atombombe nun langfristig ausgeschlossen. Teheran verpflichtet sich ganz konkret, in den kommenden zehn Jahren mehr als zwei Drittel der bestehenden Urananreicherungskapazitäten stillzulegen. Über 95 Prozent des bereits angereicherten Urans sollen entweder verdünnt oder außer Landes gebracht werden. Was die kommenden Jahre angeht, so sollen die Anreicherung und Forschung ausschließlich zu zivilen Zwecken und nur in engen Grenzen erlaubt sein – bei engmaschigen Kontrollen durch die IAEO.
Der Hebel, mit dem die E3+3 den Durchbruch bei den Nuklearverhandlungen erzielt haben, sind ganz klar die wirtschaftlichen Anreize. Dazu werden die Sanktionen schrittweise gelockert. Wir sehen also ein ganz realpolitisches Geben und Nehmen. Vielleicht ist das auch eine Blaupause für all diejenigen Staaten, die bisher dem NVV noch nicht viel abgewinnen konnten.
Was wir aus den E3+3-Verhandlungen ebenfalls mitnehmen können: Deutschland kommt seiner internationalen Verantwortung als westlicher Nichtnuklearwaffenstaat erfolgreich nach und sollte dies weiterhin verstärkt tun. Ich finde, wir haben eine besondere Vermittlerrolle zwischen den Nuklearwaffenstaaten und den Nichtnuklearwaffenstaaten. Ich sage dies ganz bewusst mit Blick auf die anstehende Überprüfungskonferenz und auch vor dem Hintergrund der hier im Hause geführten Diskussionen der vergangenen 25 Jahre über Deutschlands Rolle in der Welt: Es gibt keinen Grund für eine Zurückhaltung mit unseren Positionen. Der multilaterale Kurs in sämtlichen Bereichen unserer Außenpolitik, auch in der Abrüstungspolitik, ist richtig. Die umsichtige und zugleich unmissverständliche Art und Weise unseres Außenministers, der hier schon öfter zu Recht gelobt wurde, verkörpert diesen Ansatz sehr treffend.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Das Ziel „Eine Welt ohne Atomwaffen“ ist kein politisches Pathos. Es ist aber nur durch gemeinsames politisches Handeln erreichbar. Hier liegt es an uns, sich immer wieder für dieses Ziel einzusetzen. Daher freuen wir uns über die Unterstützung für unseren Antrag.
Vielen Dank.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4969096 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 101 |
Tagesordnungspunkt | NVV-Überprüfungskonferenz (Atomwaffensperrvertrag) |