Emmi ZeulnerCDU/CSU - Palliativ- und Hospizversorgung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, ich freue mich, dass Sie uns heute einen Anlass geben, über die Stärkung der Hospiz- und Palliativversorgung in Deutschland zu diskutieren. Die Verantwortlichen in Ihrer Fraktion haben einen sehr guten Antrag ausgearbeitet. Viele Ihrer Vorschläge finden sich in unserem Eckpunktepapier wieder. Auf der Grundlage dieser Eckpunkte werden wir in Kürze einen Gesetzentwurf einbringen.
Bei der Erarbeitung dieses Entwurfs haben wir eng und konstruktiv mit dem Ministerium zusammengearbeitet. Ich möchte mich ausdrücklich bei Minister Hermann Gröhe und Staatssekretärin Annette Widmann- Mauz für die vertrauensvolle und zielorientierte Zusammenarbeit bedanken.
Es ist unser Anspruch, schwerstkranken und sterbenden Menschen die Errungenschaften der Hospiz- und Palliativversorgung unabhängig von ihrem Wohnort und ihrem Versichertenstatus zugänglich zu machen. Gerade vor dem Hintergrund der Debatte um die Suizidbeihilfe ist eine Stärkung so wichtig. Denn egal wie die Gesetzgebung dort ausfällt: Für eine selbstbestimmte Entscheidung am Lebensende gilt, zuerst alle Möglichkeiten der Hospiz- und Palliativversorgung ausschöpfen zu können.
(Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Deshalb ist die Aufklärung in diesem Bereich so wichtig.
Mit dem Gesetz werden wir die Krankenkassen in die Pflicht nehmen, ihre Versicherten über entsprechende Leistungen zu informieren. Zudem werden wir Versorgungsplanungen für die letzte Lebensphase in Pflegeheimen auch erstattungsfähig machen. Das ist eine Antwort auf die berechtigte Sorge von Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen, dass bei den heutigen medizinischen Möglichkeiten eine Übertherapie stattfindet. Gerade dies konterkariert den Gedanken der Hospiz- und Palliativversorgung.
So ist es mir auch ein großes Anliegen, dass wir bei der Finanzierung der Palliativstationen nachbessern. Das Fallpauschalensystem, wie es in Krankenhäusern üblich ist, belohnt ein Mehr an Leistung mit mehr Geld. Das passt einfach nicht für Palliativstationen. Tagesgleiche Pflegesätze hingegen machen die Vergütung unabhängig von erbrachter Therapie. Wenn ein Sterbenskranker keine Musiktherapie mehr haben möchte, dann sollte das ohne einen finanziellen Nachteil für die Station möglich sein. Zukünftig wollen wir eine echte Wahlmöglichkeit zwischen den Systemen schaffen. Es wird Krankenhäusern per Gesetz das Recht zugesprochen, gegenüber den Kassen die Abkehr vom DRG-Entgeltsystem auf Palliativstationen zu erklären, wenn sie es wollen.
Des Weiteren halte ich es wie Sie für unbedingt notwendig, die Hospizbewegung mit ihren Einrichtungen noch mehr zu unterstützen; denn dort wird unschätzbar wertvolle Arbeit erbracht, vieles davon ehrenamtlich. So werden künftig Erwachsenenhospize bei den zuschussfähigen Kosten mit Kinderhospizen gleichgestellt, und der kalendertägliche Mindestzuschuss wird von 7 auf 9 Prozent angehoben.
Auf ambulante Hospizdienste kommt eine Vielzahl von Aufgaben zu, zum Beispiel die Betreuung von Angehörigen. Ihre Aufgaben umfassen zudem zum einen die palliativpflegerische Beratung, zum anderen die Gewinnung, Schulung, Koordination und Unterstützung der ehrenamtlich tätigen Personen, die für die Sterbebegleitung zur Verfügung stehen. Auch die Netzwerkarbeit zwischen den vielen Akteuren wird von den Hospizdiensten bewältigt. Bei der Erfüllung dieser vielfältigen Aufgaben stoßen die Dienste oftmals an ihre Kapazitätsgrenzen. Es ist uns ein Anliegen, diese bei ihrer wertvollen Arbeit weiter zu unterstützen. Deshalb werden wir alles daransetzen, Finanzierungslücken, die es tatsächlich gibt, zu schließen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Auch Ärzte, die besonders qualifiziert sind und interprofessionell mit anderen Leistungserbringern kooperieren, sollen künftig eine Zusatzvergütung erhalten. Damit schaffen wir Anreize für eine Weiterbildung der bereits praktizierenden Mediziner. Dass die Kooperation und Vernetzung zwischen den einzelnen Akteuren weiter ausgebaut werden muss, ist als dringendes Handlungsfeld erkannt. Nicht nur in Pflegeheimen, auch in Krankenhäusern möchten wir ambulanten Hospizdiensten die Möglichkeit eröffnen, Sterbebegleitung zu leisten. Zudem soll die ärztliche Versorgung in Pflegeeinrichtungen ausgebaut werden.
Schließlich gilt es, den Ausbau der SAPV weiter zu forcieren. Gerade in ländlichen und strukturschwachen Regionen gibt es noch weiße Flecken. Insbesondere die Möglichkeit, schwerstkranke Kinder und Jugendliche zu Hause zu versorgen, ist heute noch ungenügend. Den Abschluss von SAPV-Verträgen wollen wir durch Einführung eines Schiedsverfahrens künftig erleichtern.
Ich stimme schließlich mit Ihnen überein, liebe Fraktion Die Grünen, dass die Forschung im Bereich der Hospiz- und Palliativversorgung ausgebaut werden muss. Wir brauchen mehr Evidenzbasierung, auch im Bereich der Trauerbegleitung. Um dem Anspruch einer hochwertigen Palliativversorgung gerecht zu werden, müssen wir im Bereich der Forschung noch deutlich mehr tun. Aber dazu stehen wir auch im Austausch mit dem Forschungsministerium und dem Parlamentarischen Staatssekretär Müller sowie den Vertretern der Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen.
Wenn wir uns anschauen, woher wir kommen – von der Hospizbewegung zu den Hausärzten, die schon immer Begleiter sterbender Menschen waren und sind, zur spezialisierten ambulanten Palliativversorgung, die erst 2007 als Leistungsbestandteil in die gesetzliche Krankenversicherung aufgenommen wurde, bis hin zum Festschreiben der Palliativmedizin als Pflichtfach im Medizinstudium im Jahr 2009 –, dann sind wir schon einen langen Weg gegangen. Die von unten gewachsene Struktur umfasst sehr viel Qualität und sehr viel Engagement und Einsatz der Beteiligten. Es ist uns ein Anliegen, diese weiter zu fördern und zu unterstützen.
Ich würde mich freuen, wenn wir miteinander an den bestmöglichen Lösungen arbeiten könnten. Denn es ist – wie auch Sie, liebe Kollegin Scharfenberg, gesagt haben – ein Thema, das jeden von uns ganz persönlich betrifft.
Danke schön.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Vielen Dank. – Als nächste Rednerin hat Pia Zimmermann von der Fraktion Die Linke das Wort.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4969100 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 101 |
Tagesordnungspunkt | Palliativ- und Hospizversorgung |