Oliver KrischerDIE GRÜNEN - Fracking, Bergschadenshaftung, Bergbaurecht
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Pfeiffer, Sie haben zwar immer Grüne und Linke angesprochen, aber ich habe den Eindruck: Das war eine Rede an Ihre eigene Fraktion. Denn der Widerstand gegen das Fracking kommt doch aus Wahlkreisen Ihrer Fraktion.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wenn ich in unserem Land unterwegs bin, dann erlebe ich, dass schwarze Bürgermeister bei ihrem Widerstand gegen Fracking sogar kritischer als die Greenpeace-Aktivisten sind und diese links überholen.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Sie müssen in Ihre eigenen Reihen gucken. Tun Sie nicht so, als sei das ein Problem der Opposition!
Fracking ist eine Risikotechnologie, die eine unserer wichtigsten natürlichen Ressourcen, unser Trinkwasser, in unverantwortlicher Weise gefährdet.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
In den USA – das ist schon mehrfach angesprochen worden – kann sich jeder und jede ansehen, zu welchen Umweltzerstörungen Fracking führt. Man muss kein Prophet sein, um festzustellen, dass die USA diesen kurzfristigen Gasboom noch teuer bezahlen werden, dass sie im wörtlichen Sinne den Giftmix ausbaden oder im schlimmsten Falle sogar austrinken müssen. Das geht zulasten der nachfolgenden Generationen. Das wollen wir in Deutschland und in Europa nicht.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)
Fracking ist die neue Eskalationsstufe der fossilen Energiegewinnung.
(Zuruf von der CDU/CSU: Oh Gott!)
Auch wegen der miesen Klimabilanz ist es keine Option für eine nachhaltige Energieversorgung. Das ist die Rolle rückwärts ins fossile Zeitalter. Wir brauchen keine Investitionen in Fracking, wir brauchen Investitionen in erneuerbare Energien und Energieeffizienz.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)
Nun könnte man denken, dass im Energiewendeland Deutschland diese Entscheidung klar ausfällt und dass man, wie es die Umweltministerin selber sagt, keine Investitionen mehr in fossile Energiegewinnung braucht, die nicht zukunftsfähig ist. Aber was passiert? Sigmar Gabriel und Frau Hendricks legen hier einen Entwurf für ein Fracking-Ermöglichungs-Gesetz vor, durch das auf mindestens zwei Drittel der Landesfläche Fracking zugelassen wird, durch das sogar erlaubt wird, unter Nationalparks und Naturschutzgebieten zu fracken. Das ist kein Fracking-Verbot, Frau Hendricks, sondern das exakte Gegenteil.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)
Ich sage Ihnen: Es ist doch ein Treppenwitz, dass Sigmar Gabriel und die Bundesregierung die Biogasbranche aus dem Land treiben, aber dem Giftcocktail von Exxon Mobil die Tür öffnen, sodass er zur Gasgewinnung in den Untergrund gepresst werden kann. Das ist nicht nachhaltig. Das ist nicht zukunftsfähig.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Wenn hier immer auf das Ausland verwiesen wird, dann muss man einmal in das europäische Ausland schauen. Seit Jahren versucht Polen, Fracking zu ermöglichen. Was ist das Ergebnis? In Polen gibt es bis heute keine einzige kommerzielle Fracking-Bohrung. Nirgendwo in Europa wird bisher Fracking durchgeführt. Die Mehrzahl der Staaten hat entschieden, dass das keine Zukunftsoption ist, auch deshalb, weil die geologischen Verhältnisse in Europa andere sind als in den USA. Auch die Ansichten der Bevölkerung und die naturräumlichen Gegebenheiten sind anders. Das Vorgehen in den USA kann für uns daher kein Modell sein.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Der allergrößte Witz war ja, was wir eben von Frau Hendricks gehört haben. Sie haben das tatsächlich wiederholt. Ich hatte ja gedacht, Sie hätten sich da einmal versprochen, aber Sie haben hier jetzt wieder gesagt: Fracking ist energiepolitisch bedeutungslos.
(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)
Warum beschäftigen Sie uns dann mit diesem Unsinn? Warum machen Sie das dann?
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)
Sagen Sie als Umweltministerin doch einfach Nein zum Fracking.
Ehrlich gesagt, eine Aussage – auch diese haben Sie jetzt wiederholt – haut mich wirklich vom Stuhl. Sie als Umweltministerin sagen: Wir müssen das Fracking-Ermöglichungs-Gesetz machen, weil Konzerne sonst klagen können. – Dass sich eine Umweltministerin in Deutschland danach richtet und die Gesetze so gemacht werden, dass die Konzerne nicht dagegen klagen können, ist doch ein Skandal. Das ist der Vorgriff auf die Konzernjustiz von TTIP und CETA, die Sie im vorauseilenden Gehorsam einführen wollen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Zuruf von der SPD: Was für ein Quatsch! – Frank Schwabe [SPD]: Wo ist da die Logik? – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Hast du heute Zaubertrank getrunken?)
Wenn Fracking keine Bedeutung hat und die Menschen im Land es nicht wollen – in den Kommunen haben wir überall dort, wo es ein Thema ist, einstimmige ablehnende Resolutionen über alle Parteigrenzen hinweg –,dann frage ich mich: Warum tragen Sie mit diesem Gesetz die Konflikte in die Regionen? Warum tun Sie das? Ist Deutschland so arm an energiepolitischen Konflikten, dass wir Kapazitäten und Langeweile haben, um uns in den Regionen auch noch damit auseinanderzusetzen, ob Fracking zugelassen wird? Wir haben viel Wichtigeres zu tun und viel größere Probleme zu lösen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich sage Ihnen: Die Bundesländer – darauf ist schon hingewiesen worden – haben mit großer Mehrheit begriffen, worum es an dieser Stelle geht. Das sieht man, wenn man die Anträge im Bundesrat betrachtet. Hannelore Kraft, Horst Seehofer, Winfried Kretschmann und Bodo Ramelow sind nun wirklich Ministerpräsidenten unterschiedlichsten Typs, aber in einem sind sie sich völlig einig. Sie sagen klipp und klar: Wir wollen kein Fracking. Ich sage Ihnen: Wenn diese Ministerpräsidenten unterschiedlichsten Typs dies so klar sagen, dann folgen Sie dem. Lassen Sie sich nicht auf diesen unsinnigen und blödsinnigen Konflikt ein, mit dem Sie Fracking ins Land tragen. Das kann doch nicht sein.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)
Eines will ich Ihnen auch sagen – gleich wird ja Herr Mattfeldt reden –: Wenn ich vor Ort unterwegs bin, erlebe ich immer wieder, dass CDU-Abgeordnete die größten Kritiker auf den Podien sind; die überholen Greenpeace noch links auf der ökologischen Seite. Es geht nicht an, dass man in den Wahlkreisen vor Ort sagt, dass man Fracking ablehnt, hier aber am Ende die Position von Herrn Pfeiffer – er hat hier eine Fracking-Jubelrede gehalten – beschlossen wird. Wir werden sehr genau darauf schauen, was Sie an dieser Stelle machen. Es kann nicht sein, dass Sie sich in den Wahlkreisen dagegen aussprechen, aber hier in Berlin ein Fracking-Ermöglichungs-Gesetz machen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Volker Kauder [CDU/CSU]: Das haut einen um, was der sagt!)
Sie haben jetzt die Aufgabe, Ihren Ankündigungen hier in Berlin und vor Ort Taten folgen zu lassen und aus diesem Fracking-Ermöglichungs-Gesetz von Sigmar Gabriel und Barbara Hendricks ein Fracking-Verbot zu machen. Das ist Ihr Job. Da müssen Sie liefern. Wenn Sie diesen Weg gehen – das kann ich Ihnen sagen –, dann werden wir uns konstruktiv daran beteiligen. Da werden wir Sie unterstützen.
Herr Kollege.
Wenn Sie das aber nur einfach so durchwinken, wie Herr Pfeiffer es hier ankündigt, dann können Sie mit unserem härtesten Widerstand rechnen.
Danke schön.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Nächster Redner ist der Landesminister Olaf Lies. – Bitte schön.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5036627 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 103 |
Tagesordnungspunkt | Fracking, Bergschadenshaftung, Bergbaurecht |