07.05.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 103 / Tagesordnungspunkt 3

Andreas MattfeldtCDU/CSU - Fracking, Bergschadenshaftung, Bergbaurecht

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Tat, die Gesetzentwürfe weisen in die richtige Richtung;

(Dr. Matthias Miersch [SPD]: Das haben Sie noch nie erklärt!)

sie sind aber – das sage ich auch – noch weit davon entfernt, ich sage mal, perfekt zu sein.

(Dr. Matthias Miersch [SPD]: Dafür haben Sie uns!)

Deshalb bin ich Ihnen dankbar, Frau Ministerin Hendricks, dass Sie angekündigt haben, dass Sie sehr offen sind für Verbesserungen.

Leider wird die Debatte – das hören wir auch heute – um die Erdgasförderung nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern auch hier bei uns, in diesem Hause, nahezu ausnahmslos mit dem fast schon missbrauchten Begriff „Fracking“ geführt. Als jemand, der von der Erdgasförderung ganz persönlich betroffen ist, kommt mir bei dieser ganzen Diskussion die seit Jahrzehnten praktizierte konventionelle Erdgasförderung viel zu kurz. Ich komme aus einer Gemeinde, in der das wohl größte Erdgasfördergebiet Deutschlands liegt. Ich sage ganz offen: Ich bin immer ein großer Verfechter des Bergens heimischen Erdgases gewesen. Ich sage auch: Bei uns in der Region gab es immer eine riesige Akzeptanz für die Erdgasförderung. Leider ist diese Akzeptanz durch negative Erfahrungen, die wir mit der Erdgasförderung gerade in der jüngeren Vergangenheit gemacht haben, verloren gegangen. Deshalb sage ich ganz deutlich: Ja, wir brauchen für die Erdgasförderung dringend verschärfte, gute Gesetze, die sich an den heutigen Stand der Technik anpassen, damit großflächige Umweltverschmutzungen, wie ich sie in meiner Heimat, direkt vor meiner Haustür erleben musste, zukünftig vermieden werden.

Ich sage aber auch: Wir dürfen nicht nur dem Begriff „Fracking“ hinterherjagen – das wäre viel zu kurzsichtig und löst langfristig die Probleme nicht. Weil wir die Probleme langfristig lösen wollen, das Vertrauen in die heimische Erdgasförderung wiederherstellen wollen, engagieren sich zahlreiche Unionskollegen für erhebliche Verschärfungen im Bereich der Erdgasförderung.

(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Gegenteil ist der Fall! – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie reden immer pro Fracking!)

Erst diese Woche hat die NRW-Landesgruppe die Forderungen unserer, ich sage mal, CDU-Erdgasgruppe zur Verschärfung der vorliegenden Gesetzentwürfe einstimmig unterstützt. Was fordern wir als CDU-Erdgasgruppe konkret? Wir fordern eine oberirdische Aufbereitung des Lagerstättenwassers durch die Technik der Ultrafiltration. Wir fordern eine echte Beweislastumkehr, damit Erdgas-Erdbeben-Geschädigte nicht wie bisher auf ihrem finanziellen Schaden sitzen bleiben. Wir fordern, dass die willkürlich gegriffene 3 000-Meter-Grenze, die zwischen Schiefergas- und Tight-Gas-Förderung unterscheiden soll, gestrichen wird. Wir fordern, dass auch im Bereich der konventionellen Erdgasförderung eine stärkere und vor allen Dingen eine frühere Bürgerinformation stattfindet und auch eine Bürgerbeteiligung stattfindet. Außerdem fordern wir eine Begrenzung der Erprobungsmaßnahmen im Bereich der Schiefergasförderung auf maximal acht Forschungsbohrungen. Ich sage hier auch, dass es nach Abschluss der Erprobungen keinen Genehmigungsautomatismus geben darf,

(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wieso überhaupt Probebohrungen? – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wieso überhaupt acht Probebohrungen? Das ist doch Quatsch! Brauchen wir nicht!)

sondern dass das ganz normale Genehmigungsverfahren zu durchlaufen ist. Ich verrate auch kein Geheimnis, wenn ich sage, dass es bei uns viele Kollegen gibt,

(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die das gar nicht wollen, die kein Fracking wollen!)

die nach Abschluss dieser Erprobungsmaßnahmen einen Parlamentsvorbehalt erwarten, bevor man überhaupt über eine kommerzielle Förderung nachdenkt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Ich könnte jetzt noch zahlreiche weitere Details aufführen, die wir als Union, übrigens auch gemeinsam, Herr Kollege Miersch,

(Dr. Matthias Miersch [SPD]: Eben nicht!)

besprochen und verhandelt haben.

(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch nur das Feigenblatt für die Union, Andreas!)

Aber ich habe leider nur fünf Minuten Redezeit. Insofern müssen Sie auf dieses Schmankerl verzichten.

Unsere Gruppe hätte es für sinnvoll gehalten, liebe Frau Hendricks – Herr Gabriel ist leider nicht mehr da –, wenn Sie unsere Vorschläge, etwa zur Aufbereitung des Lagerstättenwassers, schon vor der Kabinettsbefassung aufgegriffen hätten, gerade auch deshalb, weil ich weiß, dass es hierfür auch bei den Kollegen der SPD zahlreiche Fürsprecher gibt.

(Christine Lambrecht [SPD]: In der Union auch?)

Wenn ich schon von Lagerstättenwasser spreche, dann komme ich zu Ihnen, zu den Grünen. Meine lieben Kollegen, Sie fordern ein Verpressverbot von nicht aufbereitetem Lagerstättenwasser. Sie wissen, dass ich diese Forderung voll und ganz unterstütze. Aber wer die Grünen kennt, der weiß auch, wie die Grünen agieren, wenn sie in Regierungsverantwortung wie zum Beispiel in Niedersachsen sind

(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch Blödsinn, völliger Blödsinn! Das ist Bundesgesetzgebung, und das weißt du auch! Das ist doch Quatsch!)

und wenn 700 Millionen Euro Förderzins vielleicht sehr verlockend sind.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Anders als Sie von den Grünen hier im Bundestag uns das glauben machen wollen, haben Sie in Regierungsverantwortung keine Probleme mit der Verpressung.

(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer ist denn zuständig? Da sitzt doch Herr Lies!)

Wenn ich Ihre Verbalakrobatik aus dem von Ihnen mit initiierten niedersächsischen Bundesratsantrag einmal ausblende, sagen Sie in diesem Papier im Klartext, dass Sie befürworten, das giftige Lagerstättenwasser weiterhin wie bisher zu verpressen,

(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch wirklich Blödsinn! Das ist doch einfach nur Blödsinn! Ach komm, das kannst du wirklich besser! Billige Polemik! Bitte, Andreas!)

weil – jetzt kommt es – dies für die Industrie am günstigsten ist. Dies ist grüne Politik in Regierungsverantwortung, und das hört sich ganz anders an als die Töne, die Sie hier heute angeschlagen haben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Lieber Kollege Lies, mir ist noch in Erinnerung, wie Ihre Töne bei der Landtagswahl in Niedersachsen waren. Da hatten Sie ganz anders gesprochen. Hier war die Rede davon: links reden, rechts abbiegen. – Das war bei Ihnen auch anders. Hören Sie sich einfach mal an, was Herr Weil davor gesagt hat!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Herr Kollege.

Herr Präsident, ich komme zum Schluss. – Meine Damen und Herren, ich halte es für ganz wichtig, dass wir jetzt verschärfte Bedingungen für die Erdgasförderung bekommen. Die gültigen Gesetze reichen bei weitem nicht aus. Lassen Sie uns deshalb alle gemeinsam die anstehenden parlamentarischen Beratungen nutzen, die Gesetzeslage weiter zu verschärfen, damit wir in Zukunft mit einer sicheren heimischen Erdgasförderung die verloren gegangene Akzeptanz und das Vertrauen der Bevölkerung wiederherstellen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Nächster Redner ist der Kollege Frank Schwabe für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5038746
Wahlperiode 18
Sitzung 103
Tagesordnungspunkt Fracking, Bergschadenshaftung, Bergbaurecht
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