Tankred SchipanskiCDU/CSU - Europäische Hochschulbildung
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Rossmann hat es gesagt: Es ist eine gute Tradition, dass wir begleitend zu den internationalen Bologna-Konferenzen hier im Bundestag eine Debatte führen. Es ist auch Tradition, dass Koalition und Opposition unterschiedliche Sichtweisen haben, aber, lieber Kollege Gehring, noch nie haben wir hier in Bezug auf Bologna von einem Akademisierungswahn gesprochen.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich kann Ihnen Herrn Rupprecht zitieren!)
Traditionell ist es auch so, dass der Antrag, den die Linke alle zwei Jahre erneut einbringt, weit an der Realität vorbeigeht. Sie haben sich leider nichts Neues einfallen lassen. Schon seit Jahren lesen wir: keine Luft, zu viel Arbeitsdruck, zu viel Anwesenheitspflichten an den Universitäten.
(Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Weil Sie noch nie mit einem Studierenden gesprochen haben!)
– Frau Gohlke, ich verweise auf die vielen Reden, die zu diesem Thema schon im Bundestag gehalten wurden. Schauen Sie sich die Argumente einmal genau an, bevor Sie in zwei Jahren wieder einen Antrag einbringen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Wir sind schon damals wenig überzeugt gewesen! Das ist das Problem!)
Die Unionsfraktion begleitet den Bologna-Prozess seit vielen Jahren sehr erfolgreich. Wir haben unsere Erfolge in dem vorliegenden gemeinsamen Antrag von CDU/CSU und SPD formuliert: der kontinuierliche Aufwuchs beim Hochschulpakt, der Pakt für gute Lehre, den wir auf den Weg gebracht haben, oder die Exzellenzinitiative, die vor allen Dingen die Attraktivität, an deutschen Hochschulen zu studieren, für ausländische Studierende, aber auch für ausländische Lehrende ein ganzes Stück erhöht hat, die Aktivitäten des DAAD – Frau De Ridder hat darauf hingewiesen: Der DAAD wird von uns sehr gut finanziell unterstützt, allen voran vom BMBF –, und natürlich auch der kontinuierliche Ausbau der Berufs- und Studienorientierung.
Wir haben in dieser Legislaturperiode die große BAföG-Reform auf den Weg gebracht. Es gibt keine Förderungslücken zwischen Bachelor und Master, der BAföG-Zugang für Angehörige von Drittstaaten wurde erweitert, und die Länder werden finanziell erheblich entlastet, und zwar um 1,17 Milliarden Euro pro Jahr. Das ist ein substanzieller Beitrag zur Grundfinanzierung unserer deutschen Hochschulen.
(Beifall des Abg. Albert Rupprecht [CDU/CSU])
Das Geld können die Länder jetzt einsetzen, um die Studienbedingungen zu verbessern, und insbesondere auch, um die soziale Dimension von Bologna voll zu finanzieren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Der Bund hat eine ganze Menge getan. Dennoch bleiben einige Fragen offen. Es gibt einige Probleme vor Ort.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh!)
– Ja, das betrifft drei Punkte, lieber Herr Gehring. – Das ist zum einen die Überspezialisierung der Studiengänge. Wir haben 9 837 grundständige Studiengänge und 8 120 weiterführende Studiengänge. Die Zahlen zeigen: Die Spezialisierung ist zu extrem. Man kann insbesondere die HRK nur auffordern, sie auf ein Normalmaß zurückzufahren.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was wollen Sie denn da machen?)
Ein weiteres Problem – Herr Gehring hat es angesprochen – ist die gegenseitige Anerkennungspraxis innerhalb der deutschen Hochschulen. Das Problem betrifft aber auch Studierende, die ihre Abschlüsse im Ausland erworben haben. Das können wir gesetzgeberisch und auch fiskalisch nicht lösen. Das ist der Autonomie der Hochschulen geschuldet. Wir appellieren in unserem vorliegenden Antrag ausdrücklich an die Hochschulrektorenkonferenz, hier gemeinsame Standards zu entwickeln und entsprechende Verabredungen zu treffen.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Seit 16 Jahren appellieren Sie!)
Lieber Herr Gehring, über die Idee einer Anerkennungsgarantie muss man nachdenken.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und machen!)
Das ist ein interessanter Ansatz. Aber wir können nicht festlegen, wann eine Klausur korrigiert wird, wann man sich in ein Seminar einzuschreiben hat. Das unterliegt der Hochschulautonomie. Das müssen wir anerkennen.
Was den Master betrifft – darüber wird regelmäßig diskutiert –: Wir haben einen festen Standpunkt, den wir in dieser Legislaturperiode nicht geändert haben. Jeder, der die entsprechende Leistung erbringt, soll einen Masterstudienplatz erhalten.
(Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Kriegt er aber nicht!)
Beim Master geht es um eine wissenschaftliche Vertiefung. Der Regelstudienabschluss ist der Bachelor.
(Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Ein Bachelorabschluss zählt nicht als Zugang!)
Die Frage, wie die Masterstudienplätze vergeben werden, muss fachspezifisch beantwortet werden. Natürlich gibt es Studiengänge, in denen der Master als Regelabschluss zählt. Aber unsere differenzierte Hochschullandschaft macht ein entsprechend differenziertes Angebot.
Abschließend möchte ich darauf verweisen – Kollege Rossmann hat darauf hingewiesen –, dass in unserem Antrag der Blick nach Osteuropa wichtig ist. Die Mobilität nach Osteuropa muss erhöht werden. Aus Osteuropa kommen schon viele Studierende nach Deutschland. Aber neben Frankreich und Großbritannien haben natürlich auch Estland, Polen und Armenien sehr gute Hochschulen. In diesem Sinne sollte der Passus zu Belarus verstanden werden.
Noch ein Wort zu den Chancen der Bachelorabsolventen auf dem Arbeitsmarkt. Es wurden dazu zwei Studien vorgelegt, eine vom DIHK, eine andere vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln. Ich empfehle, einen Artikel aus der Welt vom 2. Mai zu lesen, der die Verwirrung über die Erkenntnisse der Studie aufklärt. Für mich steht fest: Die Zahlen sprechen für die Akzeptanz des Bachelors in der Wirtschaft. Wir sind da auf dem richtigen Weg. Ich wünsche der Bundesregierung und dem BMBF viel Erfolg auf der Bologna-Konferenz in Eriwan und bitte Sie herzlich, unserem Koalitionsantrag zuzustimmen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5039762 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 103 |
Tagesordnungspunkt | Europäische Hochschulbildung |